by Dominik Ruisinger | 25.09.2017 | Blog

Wie nutzen Journalisten Social Media?
Wie gehen Journalisten mit den Social Media Plattformen um? Wie aktiv nutzen sie diese beruflich? Über welche Kanäle erreiche ich sie am besten? Welche Trends sind zu erkennen? Fragen dieser Art erhalte ich regelmäßig bei meinen Trainings und Coachings. Die Fragen sind stets verbunden mit der Frage: Welche relevanten, aussagekräftigen und damit empfehlenswerten Studien gibt es dazu, um die eigenen Aussagen zu belegen?
Im August 2014 hatte ich in meinem alten Blog einen ersten Beitrag geschrieben. Selbst wenn ich diesen Beitrag regelmäßig mit neuen Studien aktualisiert habe, ist es an der Zeit, hier im neuen Blog einen neuen Beitrag zum Thema zu setzen. Schließlich ist die Zahl der Fragen seitdem nicht zurückgegangen. Ganz im Gegenteil.
Auch dieses Mal versuche ich es wieder mit einem kleinen Crowdsourcing-Ansatz. Denn mit Sicherheit kenne ich nicht alle Studien. Daher: Wer etwas weiß oder entdeckt oder selbst erstellt hat, her damit – am besten per Vorschlag in den Kommentaren. Wichtig: Es sind nicht generelle Studien rund um das Thema Medienarbeit und Kommunikationsmanagement wie die ECCO-Studie zur Zukunft des Journalismus oder der bekannte European Communication Monitor gemeint, sondern speziell zum Verhältnis bzw. Verhalten von Journalisten in den Sozialen Medien.
Aber jetzt zu den wenigen mir bekannten Studien und Umfragen für den deutschsprachigen Raum:
Recherche (2018)
news aktuell hat wieder eine Version ihrer beliebten Studie “Recherche 2018” zum Recherche-Verhalten von Journalisten publiziert. Dabei zeigt sich, dass Bilder und Videos für die journalistische Berichtserstattung immer wichtiger werden. Das Whitepaper „Recherche 2018: Mit visuellen Storys in die Medien“ zur großen Umfrage unter Journalisten lässt sich hier downloaden.
Social Journalism Study (2017)
CISION und die Canterbury Christ Church University fragen jährlich 3.000 Journalisten aus 11 Ländern: Wie bewerten und nutzen Journalisten Soziale Medien für ihre Arbeit? Informationen zur Studie sind hier erhältlich, die Ergebnisse für Deutschland der jährlichen Studie lassen sich – nach Anmeldung – hier herunterladen; das PR-Journal hat die Ergebnisse der Studie hier kompakt zusammengefasst.
Medien Trendmonitor (2017)
news aktuell und Faktenkontor haben über 1.700 Journalisten nach ihren Herausforderungen und ihrer heutigen Arbeitsweise befragt. Die Ergebnisse der Befragung lässt sich kostenlos – nach Anmeldung – hier herunterladen.
PR und Journalismus (2017)
Die Kommunikationsagentur PR von Harsdorf hat unter dem Titel „Wie kann PR die journalistische Arbeit der Fachmedien bestmöglich unterstützen“ 700 Journalisten aus Wirtschaft, IT etc. befragt. Die Ergebnisse sind hier ersichtlich.
Zusammen wachsen. (2017)
Für die Studie „Zusammen wachsen.“ führte Mynewsdesk im Juni 2017 eine quantitative Befragung von Journalisten und Kommunikatoren aus 12 Ländern u.a. aus Deutschland durch. Aus den 3.175 Antworten ließen sich die Sorgen und Herausforderungen für Journalisten definieren: Fake News sowie die zunehmende Macht von Sozialen Medien. Laut 71% der Journalisten besitzt Facebook als Informationsquelle zu viel Macht. Das kostenfreie eBook lässt sich gegen eine E-Mail hier kostenlos herunterladen; eine Zusammenfassung ist hier zu lesen.
Recherche 2016
news aktuell hat die neue Version ihrer Studie “Recherche 2016” zum Recherche-Verhalten von Journalisten publiziert. Das Whitepaper zur Online-Befragung von gut 1.200 Journalisten lässt sich hier downloaden.
Recherchieren 2015
Die Universität der Bundeswehr München hat in der Studie “Recherchieren 2015” rund 20.000 Journalisten zu ihrem Recherche-Verhalten befragt. Die Ergebnisse lassen sich hier herunterladen.
IAM-Bernet Journalisten im Web (2015) + 2017
Wie nutzen Journalisten Social Media? Was schätzen sie an den Plattformen, wo haben sie ihre Zweifel? Nach 2002, 2005 und 2009 hat die Bernet PR AG gemeinsam mit dem Institut für Angewandte Medienwissenschaft der ZHAW auch 2015 die Studie zu «Journalisten im Web» durchgeführt. Ergebnisse sind als Online-Buch hier erhältlich. Im Oktober 2017 ist die Version 2017 der IAM Bernet Studie zu Schweizer Journalisten im Web erschienen.
by Dominik Ruisinger | 25.07.2016 | Beiträge
In den letzten Monaten sind immer wieder zwei Entwicklungen zu beobachten, die aufeinander prallen und doch die zwei Hälften eines neuen großen Ganzen ergeben: Die verstärkte passive Nutzung der Sozialen Medien und das immer mächtigere Aufkommen der Messenger-Kommunikation.
Nicht nur in Deutschland sondern auch weltweit werden Soziale Netzwerke wie Facebook & Co. verstärkt passiv genutzt. Immer mehr Nutzer fokussieren sich ausschließlich auf das Beobachten, das Lesen, das Verfolgen, maximal das Kommentieren. Dies zeigt sich nicht nur in mehreren nationalen wie internationalen Studien wie beispielsweise dem Social Media-Atlas von Faktenkontor (siehe Abb.). Die anfangs schleichende und heute immer deutlich sichtbarere Veränderung im Verhalten spiegelt sich auch in allen meinen Coachings und Seminaren in den vergangenen 12 Monaten wieder. Und die meisten hier werden dies ebenfalls an ihrem eigenen Verhalten oder dem ihrer Familienangehörigen, Freunde, Partner, Kollegen beobachten können.

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Dazu kommt: Je jünger die Menschen sind, desto radikaler und eindeutiger ist der Schwenk zu erkennen. Viele von ihnen haben beispielsweise Facebook nicht verlassen, wie immer wieder gerne geschrieben wird; sie haben sich vielmehr in die Passivität zurückgezogen. Ganz vereinfacht gesagt heißt es für sie und für immer mehr Menschen: Posten und erzählen ist „out“, lesen und angucken bleibt „in“. Solch eine Aussage gilt jedoch nur für den öffentlichen Raum.
Das Begehren nach privater Kommunikation
Denn auf der anderen Seite sind die Messenger-Dienste weiter massiv am wachsen. Ihre Erfolgsreise nach oben scheint kein Ende und keine Grenzen zu finden. Hunderte Millionen bis Milliarden Nutzer haben WhatsApp, Facebook Messenger, WeChat, Line, Wire, Threema, Telegram oder auch Snapchat installiert, um die Chat-Kanäle vor allem für ihre private Kommunikation zu nutzen. Tendenz weiter wachsend.
„Die Zeiten sind demnach vorbei, in denen User in den Social Media alles von sich preisgeben. Ungeniert ihre Bilder, Anekdoten und Geschichten posten oder sich öffentlich mit anderen Nutzern konstruktiv austauschen. Interessiert doch sowieso keine Sau“, schreibt Stefan Schütz auf Zielbar. Plötzlich steht das Begehren nach einer deutlich privateren, persönlicheren, individuelleren, ja intimerer Kommunikation im Vordergrund. Und genau dafür bieten die vielfältigen Messenger das perfekte Werkzeug. Gut lässt sich damit der Run auf WhatsApp & Co. erklären, warum allein die Facebook-Tochter mit rund 40 Millionen Nutzer in Deutschland eine derart hohe Beliebtheit genießt, warum selbst Datenschutzbedenken bei der täglichen Nutzung kaum eine Rolle spielen und warum sich die Messenger gleichzeitig per Update den Nutzerwünschen ständig neu anzupassen und gerecht zu werden versuchen. Schließlich schläft die Konkurrenz auf dem immer härteren Markt nicht.
Von der Many-to-Many zu One-to-One
Beide nur scheinbar gegensätzliche Entwicklungen lassen sich unter einen gemeinsamen Nenner stellen: Die Menschen verlagern ihre Kommunikation aus der Öffentlichkeit ins Private. Oder wie es in der Kommunikationssprache heißt: Von einer Many-to-Many- zu einer One-to-One-Kommunikation oder maximal einer One-to-Many-Kommunikation. Um diese drei Kommunikationswege kurz zu klären: „One-to-One “ beschreibt den Informationsaustausch zweier Individuen wie beim E-Mail-Verkehr oder bei einem Messenger, wie in Gesprächen, in einer Beratung oder beim Kundenservice. „One-to-Many“ bezeichnet die Kommunikation von einer Person mit mehreren wie beim E-Mail-Newsletter oder bei den Broadcast-Listen von WhatsApp. Die komplexeste Form ist die „Many-to-Many-Kommunikation“, bei der gerade in Netzwerken viele mit vielen kommunizieren.
Über viele Jahre hinweg war eigentlich „Many-to-Many“ der Inbegriff insbesondere für das Social Web. Gerade in den Sozialen Netzwerken tauschten sich viele mit vielen anderen zu Themen oder beteiligten sich an Diskussionen. Die Menschen hatten festgestellt, wie es Professor Peter Kruse ist seinem legendären Kurzvortrag vor der Enquête-Kommission des Deutschen Bundestages sagte, dass es auch spannend sei, sich im Netzwerk darzustellen und Spuren zu hinterlassen. Und dies öffentlich. Doch was passiert nun?
Snaps sind die privaten Chats
Die Menschen beginnen gerade, ihre Kommunikationsaktivitäten immer stärker von der öffentlichen Kommunikation – was insbesondere den Branchenriesen Facebook betrifft – in geschlossene, private Bereiche zu verschieben, wo sie sich mit einzelnen Freunden individuell oder maximal innerhalb von Gruppen mit ausgewählten Mitgliedern und damit Gleichgesinnten austauschen. Plötzlich dominiert damit die persönliche Kommunikation, das „One-to-One“ im Social Web – abgesehen von den weiterhin beliebten Gruppen. Kehren wir damit – zumindest ein bisschen – zu den Anfängen der Kommunikation zurück? Und wie müssen die Organisationen darauf reagieren?
Auf der einen Seite hat dies Facebook selbst erkannt und will den Beiträgen der eigenen Freunde wieder eine größere Sichtbarkeit geben – zu Lasten der Unternehmen. Doch wird dies Nutzer dazu bewegen, sich mit ihren Inhalten wieder verstärkt der Öffentlichkeit zuzuwenden? Ich habe meine Zweifel.
Auf der anderen Seite setzen sich immer mehr Unternehmen, Institutionen, Medien mit WhatsApp-Services und Messenger-Chatbots auseinander, um über den Weg die Nutzer in ihrer neuen privaten Umgebung zu erreichen. Doch Vorsicht: Bis auf die Teilnehmer der Social Media Bubble nutzt die allergrößte Mehrheit die Messenger rein im privaten Umfeld. Beispiel Snapchat: Wer mit jüngeren Nutzern spricht, dem fällt eines auf: Die Snapchat Stories oder der Discover Bereich spielen für sie kaum eine Rolle. Stattdessen versenden sie hunderte, manchmal sogar tausende Snaps pro Tag an ihre Freunde – also wieder pures One-to-One. Für sie sind die kurzen Bilder die Stories in ihrem ganz privaten Chat. Nur was passiert, wenn sich jetzt immer mehr Unternehmen dazwischen schalten wollen?
Ressourcen, Ressourcen, Ressourcen
Ich habe den Eindruck, dass sich Organisation künftig darauf konzentrieren müssen, die Bedürfnisse ihrer Nutzer noch stärker kennen zu lernen – Stichwort lebenslange Stakeholder-Analyse. Sie müssen akzeptieren, dass die Nutzer sie bei ihren Gesprächen nicht dabei haben wollen. Wenn sie sich dennoch einmischen und ungeschickt dazwischen drängen, ziehen sich die Nutzer zurück – zu einem anderen der täglich neu entstehenden Kommunikationskanäle. Parallel müssen sie viel genauer und schneller als bisher erkennen, an welchen Stellen sie auf deren individuelle Bedürfnisse, auf deren dringende Fragen, auf deren relevante Wünsche mit wirklichem Mehrwert reagieren können.
Dies stellt sie wiederum vor zwei eng verbundene Herausforderungen: Um Fragen und Bedürfnisse erkennen und beantworten zu können, werden sie sich immer mehr von größeren Zielgruppen verabschieden müssen, sondern sich stattdessen auf kleinste Micro-Zielgruppen bis hin zum individuellen Dialog fokussieren. Ob sie diese dann per Service-Bot, per Messenger-Chat, per WhatsApp-Broadcast-Liste, per Siri oder per traditionellem E-Mailing bedienen, spielt eine weitaus geringere Bedeutung.
Viel wichtiger ist bei der Entwicklung die zweite Herausforderung: Unternehmen und Institutionen werden massiv an Ressourcen zulegen müssen, um individuelle Bedürfnisse zu erkennen, zu analysieren und diese dann auch im Dialog und dazu kontinuierlich befriedigen zu können. Ansonsten werden sie nicht mehr wahrgenommen – ob als One-to-One-, als One-to-Many- oder als Many-to-Many-Partner.
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