GEDANKENSPIELE: 3x TRENDS, 4x SOCIAL MEDIA, 3x KI & MORE

GEDANKENSPIELE: 3x TRENDS, 4x SOCIAL MEDIA, 3x KI & MORE

Der Beginn jedes Jahres beginnt immer mit Vorsätzen: Mehr Partys, weniger Schlafen, lecker Essen, denn das Leben ist zu kurz. Oder: Mehr Entspannen, weniger Arbeiten, bewusster Leben, damit das Lebe­n lang bleibt.

Statt solcher Vorsätze habe ich lieber ein kleines Projekt gestartet: Mein Bahntagebuch2024. Denn Bahnfahren kann so schön sein; wenn es nicht immer diese Verspätungen und andere Nervereien gäbe. Aber ist es wirklich so? Also mache ich einen kleinen Selbstversuch.

Auch ansonsten habe ich wieder 10 Lesetipps und Trends rund um die aktuelle Kommunikationsbranche zusammengestellt. Enjoy it!

Trends.

  • 10 non-obvious trends you need to consider
    Eine Generation Z, die immer stärker über die Social-Media-Kanäle sucht, eine Generation Alpha, die ihre eigene Plattform braucht, Discord, das TikTok bei der GenZ den Rang abläuft und Communitys als die Zukunft des Marketings: 10 spannende Trends, die der US-Marketer Mark Schaefer beobachtet.
  • 9 Social Media Trends 2024
    Nischenplattformen, private Gruppen, Entertainment, Social meets SEO und KI-Content: Ein guter Überblick über Social Media Trends, der sich auch mit meinen Beobachtungen decken und in meinem nächsten Buch verarbeitet sind.
  • 4 Kommunikations-Trends 2024
    KI vs. Authentizität, Nachhaltigkeit, Dark Social und das große Social-Media-Aufräumen: Auch diesen Trends kann ich nur zustimmen, wenn ich mir die aktuellen Entwicklungen ansehe. Darum lohnt es, sich mit diesen 4 Trends etwas näher auseinanderzusetzen.

Social Media.

  • Twitter: Braucht es einen Nachfolger?
    Mastodon, Bluesky, Threads: Wer macht das Rennen als Nachfolger von Twitter? Oder ist es letztendlich X selbst? Dieser Vergleich der Herausforderer lässt den Sieger offen. Vielleicht benötigen wir auch gar keinen.
  • Soziale Netzwerke: Schnell, bunt, umstritten
    Auch bei Stiftungen gehören die sozialen Medien in den kommunikativen Werkzeugkasten. Doch die Arbeit wird immer schwieriger, erfordert sie entsprechende Ressourcen und schnelle Reaktionen auf die Veränderungen. Wie gehen die Organisationen damit um? Einige Beispiele.
  • Lohnt Facebook? 135 Medien im Vergleich
    Es wird immer wieder geschrieben, dass die Reichweiten bei Facebook eingebrochen sind. Lohnt sich für Publisher Facebook noch? Spannende Analyse des Traffics mit guten Schlussfolgerungen für die eigene Strategie.
  • YouTube: Fakten, Daten, Zahlen
    Viele Organisationen behandeln YouTube nur als Ablageort für ihre gedrehten Videos. Welche großen Chancen sie dadurch vergeben, verdeutlichen einige dieser eindrucksvollen Zahlen zur YouTube-Nutzung weltweit und in Deutschland.

KI & more.

  • Wie KI das Internet kaputt macht
    Eine Welle von Schrott- und Klau-Content rollt auf uns mit der KI-Welle zu, so die Computerwoche. Gerade auf Basis bestehender Texte und einfacher Prompts lassen sich in Sekundenschnelle Inhalte kopieren, minimal anpassen und verbreiten. Was ist künftig noch echt und was geklaut?
  • 8 KI-Newsletter, die ein Abo lohnen
    Welche neuen Trends gibt es in der KI-Branche? Wo finde ich Tutorials und die richtigen Tools? Wie kann ich mich über aktuelle Entwicklungen auf dem Laufenden halten? Zum Beispiel über einige der hier vorgestellten E-Mail-Newsletter.
  • Words that a text is written by AI
    Transformative, foster, tapestry, all about, think of x as …, it’s like … : All dies sind typische Begriffe, an denen erkenntlich ist, dass bei dem Text zumindest sehr stark mit KI gearbeitet wurde. Ob es solche Begriffsliste auch für die deutsche Sprache gibt?

9 Erkenntnisse aus der neuen ARD/ZDF-Onlinestudie 2023.

9 Erkenntnisse aus der neuen ARD/ZDF-Onlinestudie 2023.

Neben dem D21-Digital-Index zählt die ARD/ZDF-Onlinestudie für mich zu den wichtigsten Analysen in Deutschland. Kaum eine Studie liefert so genaue Einblicke zum Medienverhalten der Deutschen im Netz. Kaum eine andere Studie liefert mir solch wichtige Erkenntnisse, gerade um eine Strategie noch genauer auf Zielgruppen auszurichten. Kaum eine andere Studie sorgt bei mir aber auch immer wieder für Überraschungen – positive wie negative. Darum findet sie bei mir jedes Jahr auch besondere Beachtung.

Jetzt ist die neue ARD/ZDF-Onlinestudie 2023 erschienen, basierend auf einem Analyse-Zeitraum vom 6. März bis 9. April. Wie gesagt: Für mich zählt sie zu den Pflichtlektüren, die jeder Konzeptioner, jede Strategin kennen sollte. Als kleinen Service fasse ich 9 zentrale Erkenntnisse kompakt zusammen:

Kleine Vorbemerkung: Immer wieder muss ich betonen, dass für Strategen vor allem die tägliche Mediennutzung relevant ist. Menschen, die nur ab und zu, wöchentlich oder gar monatlich online sind, werden wir kaum erreichen.


  1. Nach Corona ist vor Corona: Die Online-Mediennutzung ist leicht zurückgegangen – und zwar auf das Vor-Corona-Niveau. 56,4 Mio. (2022: 56,8%) und damit 80% der Deutschen ab 14 Jahren sind täglich im Netz unterwegs. Zurückgegangen ist insbesondere die Zeit, in der wir uns im Netz aufhalten: Waren es 2022 noch 234 Minuten, sind es mit 204 Minuten heute 30 Minuten weniger im Vergleich zum Vorjahr. 

    Erklärung: Diese Zahlen lassen sich mit der Reduktion von Homeschooling, Homeoffice etc. nach Ende der Corona-Zeit erklären oder wie ZDF-Planungschef Dr. Florian Kumb schreibt: „Die in der Corona-Zeit gestiegene Internetnutzung hat sich normalisiert.“

  2. Jugend vor Alter: Nicht überraschend: Fast alle Deutschen unter 50 Jahren sind täglich online. Bei den über 70-Jährigen ist es knapp die Hälfte (46%), 22 Prozent bleiben in dieser Zielgruppe offline. Jüngere verbringen durchschnittlich mehr als vier Stunden pro Tag mit medialen Internetinhalten, Menschen ab 70 Jahren nur eine gute halbe Stunde. Dies zeigt, so die Studie: „Die Zahl der Offliner sinkt nur langsam.“ 

    Erkenntnis: Die digitale Spaltung auch in der medialen Nutzung bleibt weiterhin sichtbar, auch wenn sie sich immer stärker nach hinten, das heißt, in die höheren Altersstufen, verschiebt. Dies ist gerade bei Strategien zu berücksichtigen, die sich nicht nur an junge Menschen als Zielgruppe richten.

  3. Instagram vor Facebook: Im Vergleich zum Vorjahr hat bei der wöchentlichen Nutzung Instagram (35%) Facebook (33%) als meistgenutzte Plattform abgelöst. Mit deutlichem Abstand folgen TikTok (15%), Snapchat (13%), Pinterest (11%). Auch beim Blick auf die tägliche Nutzung führt Instagram (25%) klar vor Facebook (20%), TikTok (10%), Snapchat (9%) und Twitter (4%). Gleichzeitig gehe ich davon aus, dass seit der Befragung im späten Frühjahr die Zahlen bei TikTok gestiegen und bei Twitter gefallen sind. 

    Überraschend: Nach Instagram nimmt unter den 14-29-Jährigen Snapchat den 2. Platz ein – und dabei klar vor TikTok. Wenn ich mir die ganzen Aktivitäten gerade im Bereich Jugend-, Azubi-, Studierenden-Marketing ansehe, muss hier anders gedacht werden. 

    Kritikpunkt: Weiterhin schade finde ich es, dass die Studienmacher YouTube nur unter Audio- und unter Video-Nutzung einordnen. Dabei hat es sich immer stärker auch zu einem Community-Tool entwickelt, das dringend in diesen Vergleich muss.

  4. Bewegtbild vor Audio und Video: Die durchschnittliche Nutzungsdauer medialer Inhalte über das Internet ist deutlich um 21 Minuten auf 139 Minuten gesunken. Sie liegt damit auf dem Niveau von 2021. Dies betrifft insbesondere die jüngere Altersgruppe. Auch dies ist ein klarer Hinweis auf eine weitgehende Normalisierung der Internetnutzung nach der Corona-Pandemie. Bei den medialen Inhalten liegt Bewegtbild (50%) vor Audio (37%) und Text (36%).

  5. Apropos Video: Videos auf Social Media legen zu: Auch wenn die generelle Nutzung von Online-Videos im Vergleich zum Vorjahr um 1 Prozent auf 50 Prozent minimal zurückgegangen ist, beansprucht die Wahrnehmung von Videos/Storys gerade auf den Social-Media-Kanälen einen stark gewachsenen Zeitanteil (23% statt 16%). 

    Erkenntnis: Angesichts der Ausbau der Video- und Live-Aktivitäten bei den Social-Media-Plattformen und dem Boom von Reels, TikToks und Shorts ist dies nicht überraschend. Dies zeigt nur, dass gerade Video Bestandteil fast jeder Kommunikationsstrategie sein sollte.

  6. Apropos Audio: Trend zum Podcasts-Hören bleibt: 29 Prozent hören täglich oder wöchentlich „Podcasts oder Radiosendungen auf Abruf“, wie es in der Studie heißt. 11 Prozent (2022: 10%) nehmen sich sogar täglich die Zeit für Podcasts. 

    Erkenntnis: Für die vergangenen Jahren können wir von einem Podcast-Boom sprechen. Ob deshalb jede Organisation oder Person unbedingt auch einen Podcast benötigt, ist eine andere Frage. Schließlich hat der Tag auch für Podcast-Fans nicht mehr als 24 Stunden.

  7. Apropos Text: Text + Social Media = Erfolg: Mit 80 Prozent bleibt die Text-Nutzung im Netz grundsätzlich hoch, auch wenn sie leicht gefallen ist. Dagegen wächst die Nutzung von „Artikeln im Internet auf Social-Media-Plattformen“ – angesichts der konstanten Social-Media-Nutzung nicht so überraschend. 

    Erkenntnis: Durch mein Fachbuch „Praxis Online-Texten“ blicke ich auf diese Entwicklung besonders genau. Sie zeigt aktuell wieder, wie wichtig es ist, Online-Texte und Social-Media-Aktivitäten im Bereich der digitalen Kommunikation und des Content-Marketings möglichst eng miteinander zu koppeln.

  8. (E-Mail-)Traditionen bleiben: Drei von vier Personen schreiben und lesen mindestens einmal pro Woche private E-Mails. Dies betrifft besonders die Altersgruppe 30 bis 49 Jahre, aber im fast gleichen Umfang auch die Altersgruppe 14 bis 29 Jahre. Jeweils circa ein Drittel liest Newsletter. 

    Chancen: Gerade der Launch von Broadcast-Listen bei Instagram, Facebook, WhatsApp & Co. liefert extrem gute Chancen. Schließlich sind Broadcast-Listen als smoothe und moderne Kombination aus Social Media mit dem Thema Newsletter zu verstehen.

  9. KI-Neugierde vorhanden: Insbesondere die Altersgruppe bis 30 Jahre integriert KI-Tools wie ChatGPT in ihren Alltag. 15 Prozent aller Befragten ab 14 Jahren gaben an, solche Tools schon einmal genutzt zu haben – bei den unter 30-Jährigen waren es sogar ein Drittel, bei den über 50-Jährigen immerhin 8 Prozent. 

    Erklärung: Gerade im Vergleich zu anderen Innovationen sind diese Zahlen bemerkenswert, wie es in der Studie zu Recht heißt. Zudem ist davon auszugehen, dass sich diese Zahlen seitdem durch die hohe mediale Präsenz des Themas KI deutlich erhöht haben.
ARD-ZDF-Onlinestudie 2022: 11 Schlussfolgerungen.

ARD-ZDF-Onlinestudie 2022: 11 Schlussfolgerungen.

Die ARD-ZDF-Onlinestudie zählt zu den wichtigsten Studien in Deutschland, was das hiesige Medienverhalten betrifft. Dazu werden jedes Jahr rund 2.000 Menschen ab 14 Jahren vorwiegend telefonisch über ihr Verhalten im Web und im Social Web befragt, über ihre Internet-Nutzung, ihr Social Media Verhalten, ihre Streaming-Aktivitäten und noch einiges mehr. Vor gut einer Woche erschien die 2022er-Version, die im Zeitraum vom 7. März bis 10. April durchgeführt wurde. Grundsätzlich hat sich der Medienkonsum im Internet deutlich erhöht – ob in Form von Texten, bei Audio oder Video. Doch einige Zahlen lassen mich zweifeln, verzweifeln und grundsätzlich positive Entwicklungen anzweifeln. Ein Gedankenspiel zu zentralen Ergebnissen und den daraus resultierenden Konsequenzen für eine strategische digitale wie auch analoge Kommunikation.

1) Deutschland bleibt eine gespaltene Online-Gesellschaft.

Ergebnis: Auch wenn sich die tägliche Online-Nutzung von 76 auf 80 Prozent erhöht hat – und dies nach vielen Jahren wieder etwas stärker -, so sind weiterhin 20 Prozent nie oder nur selten online. Diese Ergebnisse decken sich mit dem jährlichen D21-Digital-Index der Initiative D21, die die hiesige digitale Gesellschaft in Digital Abseitsstehende, Digital Mithaltende und Digitale VorreiterInnen aufteilt. Der wichtige Hinweis dort: Bildung spielt eine entscheidende Rolle, gerade wenn es um Digitalisierung und digitale Mediennutzung geht. Die Diskrepanz bei Bildung und Alter fällt auch bei der medialen Internetnutzung in der ARD-ZDF-Onlinestudie auf: So nutzt die jüngste Gruppe (14–29 J.) das mediale Internet fast 6-mal so lang wie die älteste (70 Jahre plus) – 4 Stunden 44 Minuten vs. 49 Minuten.

Konsequenz: Wir benötigen weiterhin eine integrierte Kommunikation. Gerade Organisationen, die Personen mit geringerer Bildung bzw. ältere Menschen als Zielgruppe definieren, müssen Offline-Maßnahmen dringend integrieren – und dies vor dem Hintergrund einer sehr stark alternden Gesellschaft.

2) Social Media hat sich weiter etabliert.

Ergebnis: Die Hälfte der Deutschen nutzt die Social-Media-Plattformen regelmäßig. Bei der täglichen Nutzung folgt weiterhin Instagram vor Facebook, Snapchat, TikTok und Twitter. Augenscheinlich sind die hohen Wachstumsraten bei TikTok (von 5% auf 8%), Twitter (von 2% auf 4%) und Facebook (von 15% auf 20%).

ARD-ZDF-Onlinestudie 2022: Nutzung von Social Media

Konsequenz: Dass die Befragung vor Elon Musks Machtübernahme bei Twitter erfolgt ist, hat den positiven Wachstumszahlen sicherlich nicht schlecht getan. Dies gilt speziell für Twitter in Deutschland. Ansonsten zeigt sich weiterhin, dass künftig jede junge bis mittelalterliche Zielgruppe ihr eigenes Netzwerk hat, was es parallel mit Content anzusprechen gilt, was wiederum den Aufwand deutlich erhöht.

3) Facebook jagt Instagram erfolgreich.

Ergebnis: Diese – verkehrte – Welt verwundert mich wirklich stark: Nachdem in den letzten Jahren Instagram Schritt und Schritt und dann immer stärker Facebook als Platzhirsch unter den Netzwerken bei der täglichen Nutzung abgelöst hat, holt Facebook laut Studie jetzt wieder auf. Ganz offen: Dass die tägliche Facebook-Nutzung von 15 auf 20 Prozent und damit um 33 Prozent, während Instagram von 18 nur auf 21 Prozent angestiegen ist, dieses Ergebnis kann ich mir selbst kaum erklären.

Konsequenz: Da ich mir die Zahl überhaupt nicht erklären kann, bleibe ich mit Folgerungen etwas vorsichtig und warte lieber die 2023er-Zahlen der ARD-ZDF-Onlinestudie ab. Einzige Aussage: Dass man Facebook nicht abschreiben sollte, ist den meisten eigentlich klar. Nur: Warum dann immer diese Abgesänge auf das blaue Netzwerk, liebe Facebook-Untergangsbeschwörerinnen und -autoren, nur weil ihr selbst nicht mehr dort aktiv seid?

4) Snapchat wird weiterhin falsch eingeordnet.

Ergebnis: Snapchat wird von den Studien-Machern unter Social Media Angebote eingeordnet. Und als eines der am stärksten wachsenden gezeigt. Nur: Wer sich mit Snapchat-Usern näher auseinandersetzt und viel mit ihnen spricht, wird merken, dass die meisten Snapchat weniger als Social-Media-Kanal per Storys, sondern vor allem als ein Messenger-Dienst für kleinere Freundesgruppen nutzen. Dies erklärt auch die für viele überraschend hohen Zahlen.

Konsequenz: Was bedeutet dies? Snapchat sollte – wenn überhaupt – innerhalb von Kommunikations- und Marketingstrategien eher im Bereich der Messenger-Strategie und nicht unter Social Media Maßnahmen verortet sein.

5) Den Deutschen ist der Datenschutz gleichgültig.

Ergebnis: Nur so lässt sich erklären, warum WhatsApp mit 82 Prozent wöchentlicher Nutzung so klar den Markt dominieren kann. Noch deutlicher wird es auf täglicher Ebene. So nutzen 68 Prozent der Deutschen täglich WhatsApp, aber nur sehr wenige die deutlich sichereren Messenger-Dienste wie Signal (5%), Threema (4%) und das teils umstrittene Telegram (5%). Doch wo haben sich in den letzten Jahren die Datenskandale abgespielt?

Konsequenz: Solange nicht die Zahl der Signal- und Threema-Nutzerinnen und -Nutzer deutlich steigert und wir auch nicht mehr selbst WhatsApp als unser notwendiges und unvermeidliches Lieblingstool auserkoren, sollten wir uns nicht als das Land der großen Moralapostel bezogen auf Datenschutz aufspielen. Glaubwürdigkeit benötigt hier ein deutlich verändertes Gesicht.

6) Die E-Mail war tot, es lebe die E-Mail.

Ergebnis: Der Anteil der Menschen, die regelmäßig E-Mails nutzen, stieg im Vergleich zum Vorjahr um fast 10 Prozent auf 72 Prozent an. Dies ist ein klares Ergebnis aus der aktuellen ARD-ZDF-Onlinestudie. Dabei war in den letzten Jahren immer darüber geschrieben worden, dass die E-Mail überflüssig sei und schon bald durch Slack & Co. abgelöst wurde. Vielleicht funktioniert dies teilweise im Bereich der internen Kommunikation. Für die Mehrheit der Menschen bleibt E-Mail ein Tageskommunikationsmittel.

Konsequenz: Liebe Schreiberlinge, eure Grabreden über den Tod der E-Mail waren deutlich verfrüht. E-Mail-Marketing und insbesondere der E-Mail-Newsletter sind zentrale Instrumente innerhalb (fast) jeder (digitalen) Kommunikationsstrategie.

7) Newsletter etablieren sich als Bindungsmedium.

Ergebnis: Schon die letztjährige Auflage hatte es aufgezeigt: Der E-Mail-Newsletter ist zurück. Gut 50 Jahre nach der ersten E-Mail – siehe mein Blog-Beitrag zur goldenen Hochzeit im vergangenen Jahr 2021 – kann man jetzt von einem Trend sprechen. Denn die Zahl der regelmäßigen E-Mail-Newsletter-Leserinnen hat sich von 21 Prozent auf 32 Prozent erhöht.

Konsequenz: Immer stärker übernehmen die Algorithmen die Macht über die Menschen, wie ich auch in diesem Gedankenspiel „Another End of Social Media“ länger ausgeführt habe. In dieser Zeit wird es immer schwerer, Kundinnen und Partner per Social Media zu binden. Gerade hier kann der E-Mail-Newsletter seine hervorragende Rolle ausspielen. Newsletter – gerade per E-Mail, aber auch per Messenger oder LinkedIn – sollten daher in keiner Strategie fehlen, gerade um Zielgruppen an Organisationen und Marken zu binden.

8) Audio-Formate liegen im Trend.

Ergebnis: Die Audio-Nutzung im Internet ist ebenfalls leicht angestiegen. Beispielsweise werden Podcasts mindestens 1x pro Woche von 30 Prozent (+2%) angehört – für Hintergrundberichte, als Informationsmedium, als Lernmedium, zum Spaß, aber auch als reines Sekundär- und damit Hintergrundmedium. Stark gestiegen ist insbesondere die tägliche Audio-Nutzung via Internet – bei Podcasts oder Radiosendungen auf Abruf von 4 auf 10 Prozent.

Konsequenz: „Wie, du hast noch keinen Podcast?“ Dieser »Scherz« hat sich in den letzten Jahren unter vielen Unternehmen und Agenturen verbreitet. In einem digitalen Online-Mix können sie zusammen mit Live durchaus sinnvoll sein. Doch trotz aller Euphorie: Die Erwartungen an den eigenen Podcast sollten nicht zu hoch gehängt werden. Ein tägliches Massenmedium sind sie – zumindest auch laut dieser Untersuchung – weiterhin nicht. Zudem bleibt das Zeitbudget der Menschen weiterhin auf 24 Stunden pro Tag beschränkt. Nicht, dass dies jemand hier vergisst ;-).

9) Text mutiert zum Star bei der Mediennutzung.

Ergebnis: 2 Stunden und 40 Minuten – so hoch ist die mediale Internetnutzung (Text, Audio, Video) pro Tag. Dies sind immerhin 24 Minuten mehr als im Vorjahr. Vor allem fallen die besonderen Steigerungsraten beim traditionellen Medium Text auf. So hat sich die Zahl der Nutzer, die regelmäßig Texte im Internet lesen, von 20 auf 45 Prozent mehr als verdoppelt. Daneben konnte auch Audio (von 30% auf 42%) und Video (von 36% auf 51%) neue Rekordzahlen verzeichnen. Teilweise sind diese Steigerungen methodenbedingt zu erklären.

Konsequenz: Texten gerade auch für Online-Medien – also mein Kerngebiet als Coach und Buchautor 😉 – wird immer wichtiger. Aber nur dann, wenn man die Regeln des Online-Textens für Webseiten, Blogs, Newsletter oder Social-Media-Kanäle kennt. Wer also ein Rezeptbuch oder ein Text-Coaching sucht, einfach mal bei mir anfragen …

10) YouTube darf in keiner Strategie fehlen.

Ergebnis: 51 Prozent der Menschen nutzen täglich Video im Internet. 19 Prozent sehen sich Videos auf YouTube an. Täglich! Gerade bei YouTube und auf sonstigen Social Media Kanälen haben sich diese Zahlen im Vergleich zum Vorjahr deutlich erhöht. Ansonsten gilt: „Welche Plattform man auch betrachtet, überall liegen die Nutzungswerte oberhalb der im Jahr 2021 verzeichneten und das, obwohl sich die allgemeine Mediennutzung ‚post-pandemisch‘ wieder etwas normalisierte“, so Studienautor André Rhody.

Konsequenz: Kaum ein Unternehmen kommt heute ohne Video-Strategie aus. Ganz im Gegenteil: YouTube sollte ein fester Bestandteil jeder Strategie sein, da viele YouTube gerade als Suchmaschine nutzen. Zudem spielt Google die YouTube-Ergebnisse immer stärker in die Suchergebnisse ein, sollten sie den User-Intent der Suchenden – meist die Antwort auf typische W-Fragen – erfüllen. Und wer will keine hohe Präsenz bei Google & Co. ;-).

11) Digital Detox könnte der nächste Trend sein.

Ergebnis: Digital Detox steht für eine Auszeit von jeglichen digitalen Medien. Und diese ist bei uns durchaus verbreitet, so die ARD-ZDF-Onlinestudie. So haben über 40 Prozent schon einmal, schon mehrfach eine digitale Auszeit genommen. 15 Prozent davon schränken ihre Zeit, die sie mit digitalen Medien und Geräten in ihrer Freizeit verbringen, sogar ganz regelmäßig ein. Spannend ist zu lesen, dass dies gerade unter jüngeren Menschen, also bei den unter 30-Jährigen verbreitet ist: „In dieser Altersgruppe haben zwei Drittel bisher mindestens einmal ihre Medienzeit bewusst eingeschränkt. Fast genauso viele haben vor, das in Zukunft zu tun.“

Konsequenz: Die Zahlen verdeutlichen, dass das Bewusstsein über die Macht der Online-Medien bei vielen zumindest angekommen ist. Ob sich dieser Trend, der erstmals gemessen wurde, weiterentwickeln wird, muss sich zeigen. Interessant wäre es zu wissen, was die Befragten konkret unter Digital Detox meinen und über welchen zeitlichen Zeitraum (Stunden, Tage, Wochen etc.) sie ihre Nutzung jeweils einschränken. Dies lässt sich aus den aktuellen Studienergebnissen nicht herauslesen. Sollte sich dieser Trend weiter verstärken, würde dies strategisch zu einer gestärkten integrierten Denke in der Kommunikation führen müssen.

Fazit: Another End of Social Media?

„Aktuell gehen Analysten wie der amerikanische Digitalexperte Scott Rosenberg vom Beginn einer neuen Entwicklungsphase von Social Media aus, in der es den Plattformen wichtiger wird, den Menschen attraktive Inhalte aus der ganzen Welt in die Timeline zu spielen und die Bedeutung des sogenannten Social Graph, sprich die Netzwerke zwischen den Usern, zurückzufahren.“

ARD-ZDF-Onlinestudie

Diese Aussage entspricht auch meinen Beobachtungen, wie ich in meinem letzten Gedankenspiel beschrieben hatte. Vor dem Hintergrund dieser Entwicklungen wird es interessant zu beobachten sein, wie sich dies auf das Verhalten der Deutschen im Netz auswirken wird. Daher freue ich mich schon auf die ARD-ZDF-Onlinestudie 2023.

Apropos Studienergebnisse: Dies waren die für mich wichtigsten Ergebnissen aus der ARD-ZDF-Onlinestudie. Habe ich etwas vergessen? Oder falsch interpretiert? Genau dafür ist übrigens die Kommentarfunktion da.

Gedankenspiele: In der Kommunikationswelt der Algorithmen: Texte, Videos und ein hilfreicher Link-Tipp

Gedankenspiele: In der Kommunikationswelt der Algorithmen: Texte, Videos und ein hilfreicher Link-Tipp

Wie stark beeinflussen gerade die sogenannten Sozialen Medien unser Verhalten, unser Denken, aber auch unsere strategische Kommunikation? Wenn man sich die hochinteressanten Beiträge von Michael Mignano „The End of Social Media and the Rise of Recommendation Media“ und von Allison Carter bei PR Daily durchliest, wird die Richtung deutlich: Der Wandel ist enorm – Professor Peter Kruse hat schon früher von „Revolution“ gesprochen. Algorithmen ersetzen künftig unsere Fans, Friends und Followers, wenn es um das Füllen unserer Feeds geht – „Why friend graphs can‘t compete in an algorithmic world.“  

Wir müssen stattdessen radikal umdenken und uns (wieder) stärker auf den eigenen Content und eine integrierte Kommunikation fokussieren. Diesen Gedanken habe ich in einem längeren Gedankenspiel „Another End of Social Media“ aufgenommen. Doch dies sind nicht die einzigen Veränderungen, die diese digitale Welt in ständiger Aufruhr aktuell prägen.

In eigener Sache: Beiträge und Bücher.

  • Gedankenspiel: Another End of Social Media?!
    Wohin dreht sich derzeit die Social Media und Kommunikationswelt? Wie ich schon in einigen Vorträgen gesagt habe: Das Ende von Social Media ist da – zumindest so, wie wir Social Media bisher kannten und verstanden haben. Der Hauptgrund: Die Menschen haben ihre Relevanz verloren. So werden Algorithmen die Inhalte unserer Friends & Follower ersetzen, unsere Feeds von Empfehlungen und Reels gefüllt und wir zu New Friends statt zu unseren Best Buddys weitergeleitet. Die Folge: Wir dürfen uns noch weniger von Plattformen abhängig machen und uns stattdessen einer integrierten Kommunikation widmen, fordere ich in meinem aktuellen Gedankenspiel.

  • Neues Playbook: Change-Kommunikation
    Weiterhin zum kostenlosen Download bereit steht mein neues Buch „Veränderungen kommunizieren – Kommunikation verändern“. Das Playbook entstand im Rahmen des Projekts „Alle im digitalen Wandel“ (Hochschule Darmstadt) und soll helfen, die zentrale Rolle von Kommunikation in Veränderungsprozessen besser einzuordnen. Denn ohne gute Kommunikation scheitert jede Veränderung.

Content: Suchen, verbreiten, messen.

  • Medienarbeit: Pressemitteilungen erfolgreich verbreiten
    Wie verbreite ich meine Pressemitteilung? Und welche Kanäle sollte ich dafür nutzen? Auch wenn dies ein Basic-Beitrag ist, so wird häufig vieles nicht beachtet – wie das richtige Versandformat, der Versandzeitpunkt, der begleitende Einsatz von Native Ads etc.. Wer mehr dazu wissen will, dem empfehle ich unser Buch „Public Relations“, welches dieses Thema ausführlich behandelt.

  • Vanity Metrics: Achtung vor falschen KPIs
    In meinem Gedankenspiel „Analytics: Warum Zahlen nicht immer die Wahrheit sagen“ schrieb ich über die manchmal verwirrenden Box Social Media Analytics. Einige der Kennzahlen lassen sich als „Vanity Metrics“ bezeichnen, „die auf den ersten Blick einen guten Eindruck machen, bei Marketing- oder Geschäftsentscheidungen jedoch nicht weiterhelfen“. Dieser Beitrag enthüllt die blendenden Begriffe Follower, Seitenaufrufe, Öffnungsraten und Abonnements und stärkt die relevanteren Begriffe wie Interaktionen, Bounce Rate und Klickrate.

  • SEO: Sichtbarkeit für lokale Unternehmen
    Sichtbarkeit spielt gerade für lokale Unternehmen eine zentrale Rolle. Doch wie tauche ich in lokalen Suchergebnissen auf? Dieser Beitrag erklärt die Local SEO Faktoren, die Rolle von Reviews und lokalen Landingpages sowie Schritte hin zu einer besseren Präsenz in lokalen Suchergebnissen. Kleiner Tipp: Ohne ein Google Business Profil wird es künftig nicht gehen.

  • Newsletter: So geht Personalisierung
    Ist dieser Newsletter relevant für mich? Ein Teil dieser Frage lässt sich damit beantworten, ob der Newsletter auch wirklich auf mich individuell zugeschnitten ist. Dabei gibt es viele Optionen der Personalisierung und individuellen Segmentierung – Ansprache, Betreff, Absender, Inhalte, Bilder.

Video: LinkedIn, Twitch, Twitter und Algorithmen.

  • Twitch erklärt: Guide für Außenstehende.
    Streamen, Zocken, Chatten, Reagieren, Bezahlen: Gerade unter Gamern, aber auch im Bereich Sport, Musik und in Gamefication-Projekten spielt die Video-Livestreaming-Plattform Twitch eine immer wichtigere Rolle. Ich selbst zähle definitiv nicht zu den Experts in diesem Bereich. Daher bin ich dankbar, dass der geschätzte Kai Thrun einen wirklich umfangreichen Guide erstellt hat, der den Einstieg in künftige Streaming-Projekte definitiv erleichtert.

  • LinkedIn analysiert: Video- und PDF-Posts statt Link-Beiträge
    Warum setzen wir bei LinkedIn vor allem auf Link-Posts? Wenn diese doch das geringste Engagement erhalten? Dies ist zumindest das Ergebnis einer Analyse von 41.000 Posts im DACH-Raum. Kaum jemand setzt dagegen auf PDF-Posts. Dabei sorgen diese zusammen mit Text- und Video-Posts für besonders viel Interaktion. Wer seine Content-Strategie also verfeinern will, der sollte sich diese Agorapulse-Studie näher ansehen.

  • Twitter pusht: Video-Empfehlungen in der Timeline
    Die kräftige Video-Offensive der Social-Media-Plattformen geht auch an Twitter nicht vorbei. Jetzt fängt das neue Musk-Reich an, dass Algorithmen Video-Empfehlungen in die Timeline und auch in die Twitter-Suche pushen. Wenn auch deutlich vorsichtiger im Vergleich zu anderen Plattformen, wie Jan Firsching zu Recht schreibt.

Tool-Tipp.

  • Trends by Pinterest
    Die Bilder-Suchmaschine Pinterest hat mit Pinterest Trends ein neues Tool freigeschaltet. Es zeigt nicht nur die aktuellen Trends, gefiltert nach Interessen, Keywords, Alter etc. Parallel lässt sich das Suchvolumen zu gewählten Begriffen analysieren und mit anderen vergleichen. Ganz prima lässt sich das Tool damit auch bei der Keyword-Bestimmung im Bereich SEO und SEA bzw. für die Recherche einsetzen, um Themen frühzeitig nach ihrer Relevanz einzuschätzen – ähnlich wie Google Trends.
Another End of Social Media?!

Another End of Social Media?!

In den letzten 4 Wochen durfte ich 4 Vorträge halten: zu sehr unterschiedlichen Anlässen, zu sehr unterschiedlichen Themen, an sehr unterschiedlichen Orten. Doch meine Kernaussage war immer dieselbe: Das Ende von Social Media ist da, zumindest so wie wir Social Media bisher kannten. Warum New Friends künftig unsere Best Buddys ersetzen sollen, dies will ich in diesem Gedankenspiel etwas näher erläutern.

Gehen wir ein paar Jahre zurück – sagen wir zu einer Zeit, bevor gerade TikTok die Branche revolutionierte. Wir alle hatten unsere Facebook-, Instagram-, YouTube-, ja sogar XING-Accounts, öffneten (fast) täglich unsere Timeline und ließen uns von den Beiträgen unserer Freunde zum Lachen oder Weinen bringen, zum Fluchen oder Amüsieren oder einfach informieren. Dann kam die Werbung. Doch das war zu erwarten. Dann kam TikTok. Und plötzlich wurde alles anders.

Und nein, damit meine ich nicht die Idee von Kurzvideos. Nein. Denn dies war nix Neues. Aber: Die Freunde, das eigene Netzwerk, die persönlichen Verbindungen waren mit einem Schlag unnötig geworden. Wo einst Connections sowohl für die Inhalte als auch für die Sichtbarkeit der eigenen Inhalte sorgten, waren es plötzlich die Empfehlungen eines Algorithmus‘, der sich nicht mehr an bisherigen Verbindungen, sondern an Interessen orientierte.

Social Media: One-Hit-Wonder ohne Fans

Positiv gesagt: Mit einem Moment war es möglich, mit dem ersten jemals publizierten Video, besser TikTok, eine extreme hohe Sichtbarkeit zu bekommen, einen Run, oft ein One-Hit-Wonder, auf jeden Fall mit hohen Abrufzahlen. Weil der Algorithmus diesen Beitrag so schätzte, weil die gespielten Inhalte, die Hashtags, ja sogar der Sound auf der Plattform aktuell so beliebt waren. Und die eigene Community? Dieser eigene Fankreis spielte keine Rolle; okay, beim ersten Video gab es diesen eh noch nicht. Das heißt: Die algorithmische Beliebtheit des Contents hatte das menschliche Gesicht des Netzwerkes ersetzt.

Und was passierte? Gerade die jungen Menschen – und nur auf diese haben es die Netzwerke abgesehen, wie ich es kürzlich in einem anderen Gedankenspiel geschildert hatte – waren begeistert. Die App-Downloads und Aufrufe gingen durch die Decke, Instagram verlor beträchtlich an Sichtbarkeit und vor allem an Verweildauer, und Mark Zuckerberg brüllte verzweifelt: Wir müssen jünger werden – und dies auf allen Netzwerken. Gesagt, getan.

New Friends statt Best Buddies

Also verabschiedeten sich Instagram und Facebook von „unserem“ Social Media, also von den Inhalten und Interaktionen verbundener Freunde, Fans und Follower. Sie shifteten um zu einem von Algorithmen dominierten, auf Empfehlungen basierenden Modell der Content-Distribution – mit Fokus auf Video. So meinte Mark Z: „Eine der wichtigsten Veränderungen in unserem Geschäft besteht darin, dass soziale Feeds nicht mehr in erster Linie von den Accounts, denen man folgt, angetrieben werden, sondern zunehmend von KI, die Inhalte empfiehlt, die man auf Facebook oder Instagram interessant findet, selbst wenn man den Creatorn nicht unbedingt folgt.“

Diese Umstellung läuft auf Hochtouren, sodass laut Mark bis Ende 2023 der KI-Anteil schon 30 Prozent betragen soll. Und auch wenn Kylie Jenner, der Kardashian-Clan & Co. laut schrien: „Wir wollen die Bilder unserer Freundinnen und Freunde zurück“, blieben Zuck, Adam Mosseri & Co. hart: Die Welt verändert sich, und Instagram und Facebook müssen sich dem anpassen. Wobei sie mit dem Verändern natürlich TikTok meinten.

Friend graphs can’t compete in an algorithmic world

Plötzlich landeten wir überall in derselben Content-Blase, da sich die eingespielten Inhalte am bereits ausgespieltem und beliebtem Content orientierten. Wie langweilig. Warum sollten wir überall das Gleiche mittels der gleichen Formate, Filter, Sounds, Vorlagen posten und sehen? Natürlich wiesen uns die Plattformen eifrig darauf hin, dass wir weit mehr als unsere Blase erleben konnten. Aber erreichte dies uns?

Die Netzwerke lobten, dass wir auf diese Weise Menschen – Creators – besser erreichen könnten, die uns noch nicht kannten. Aber was war mit unseren Connections? Das Ganze wirkte plötzlich so, als würden wir von den Partys unserer Best Buddys ausgeladen werden und stattdessen zu wildfremden Partys geschickt werden, um neue Menschen kennenzulernen. Aber wollen wir das? Und verstehen wir unter dem Begriff „social“ nicht gerade auch die Beziehungspflege mit Friends? „Friend graphs can’t compete in an algorithmic world“, schreibt Michael Mignano in seinem bemerkenswerten und von mir bereits öfters zitierten Essay.

Unternehmen ab in den Extra-Feed

Was lernen wir daraus? Ja, das Ziel dieser TikTokification ist eindeutig: Menschen sind nicht mehr so wichtig. Die Recommendations der Algorithmen mit aktuellem Fokus auf Kurz-Videos bestimmen die Inhalte. Und die Posts unserer Friends & Followers? Die werden wie bei Facebook in die Neben-Feeds verbannt. Und die Inhalte unserer sorgfältig aufgebauten Gruppen? Landen ebenfalls in den Nebenfeed, den kaum jemand wahrnehmen wird.

Und die Seiten der Unternehmen und Institutionen, die über die Jahre so sorgfältig gefüttert worden waren, mit Inhalten, mit viel Zeit, mit intensivem Community Management und mit noch mehr Werbegeldern hochgezüchtet? Ja, auch diese bekommen ihren Extra-Feed – im Abseits. Und sind damit weg aus dem Aufmerksamkeitsfenster des Haupt-Feeds. Und damit auch der bisherigen Fans, Follower, Kundinnen, Partner, Interessenten.

Videos für die jüngeren, Ads für die Älteren

Hmmm, was soll ich denn jetzt als Unternehmen machen? „Schalte Ads“, schreien Facebook, Instagram & Co. „Mache Reels, Shorts und TikToks“, rufen die Social Media Coaches und Agenturen. Und wenn ich über kein gutes Videomaterial verfüge, zumindest nicht kontinuierlich? Pech gehabt. Und wenn meine – damned … – ältere Zielgruppe kein wirklicher Fan von Kurz-Videos ist? Bekommt sie trotzdem. Schade um sie. Zudem bleiben ja noch die Ads.

Aha, jetzt ist mir endlich klar, welche Idee dahintersteckt: die Jungen über Video-Content und angesagte Themen, Hashtags, Sounds, die Älteren über Ads. Ist das dann noch das bekannt-beliebt-bisherige Social Media? Wohl kaum. Es ändert sich einiges. Aber wie sagt man so schön: Wer sich nicht bewegt, der verliert – vor allem an Sichtbarkeit und Relevanz. Wer nicht sichtbar und damit findbar ist, der existiert für die meisten Menschen nicht. Zumindest für die anvisierte junge Zielgruppe.

Revival der integrierten Kommunikation

Damit wird immer klarer, wie die künftige Welt der Kommunikation aussehen wird. Social Media wird bei Zielgruppen, die nicht Generation Z oder Y heißen – und das ist zumindest bei uns die große Mehrheit –, nur noch eine vornehmlich werblich geprägte Nebenrolle spielen. Stattdessen erleben traditionelle Kanäle der digitalen Kommunikation wie Webseiten, E-Mail-Newsletter, Apps, aber auch SEO und SEA ein notwendiges Revival. Weil wir diese Menschen in einer von Algorithmen bestimmten und auf deren Empfehlungen beschränkten Welt ansonsten nicht mehr erreichen.

Ist das eine so große Umstellung? „The chaos at social networks is a reminder that any platform with that kind of power should never be your only – or even your primary – way of communicating with your audiences”, schreibt Allison Carter bei PR Daily.

Aber wussten wir nicht eigentlich schon immer, dass wir uns nicht auf fremde Plattformen allein fokussieren und damit abhängig machen sollten? Eigentlich doch ja. Aber hatte die Begeisterung für die pulsierende Social Media Welt vielleicht diesen Gedanken etwas vernebelt?

Aber das ist ein anderes Thema für ein weiteres Gedankenspiel.

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