Gedankenspiele: 10 Lesetipps rund um synthetische Netzwerke, Ambassadors und Personae.

Gedankenspiele: 10 Lesetipps rund um synthetische Netzwerke, Ambassadors und Personae.

In den letzten Wochen war es in diesem Blog etwas sehr ruhig: keine Gedankenspiele, keine Lesetipps, keine Informationen. Sollte dies etwa das Ende bedeuten? Nein, keineswegs. Diese Pause nennt man ganz einfach „Urlaubszeit“. Und genau diese ist jetzt vorbei.

Denn synthetische Netzwerke, Ambassadors, GenZ-Marketing: Angesichts ständig neuer Trends, spannender Neuerungen wie teils besorgniserregender Entwicklungen werden die Gedankenspiele ab heute wieder monatlich erscheinen und immer wieder auch Erfahrungen und Erlebnisse von mir als Berater und Trainer beinhalten.

In dieser Hinsicht wünsche ich natürlich gute Erkenntnisse mit meinen neuen 10 Lesetipps!

Von Studien und Strategien.

  • ECM 2023: 5 Aufgabenfelder für strategische Kommunikation
    Vor wenigen Tagen wurde der 15. European Communication Monitor publiziert. Dieses Jahr haben die Verantwortlichen 5 Handlungsfelder für Kommunikationsverantwortliche identifiziert und dazu 15 Thesen zu Kompetenzen, zu Zielgruppen, zur Führung von Teams, zum Beziehungsaufbau, zu Big Data und natürlich zu KI aufgestellt. Marie-Christine Schindler hat sich diese Aussagen wie immer sehr genau angesehen.
  • Zielgruppen: In 5 Schritten zum Persona-Targeting
    „Personas zu erstellen, ist kein Selbstzweck“, heißt es in einem Beitrag der Marketing-Börse. Richtig. Stattdessen müssen sie zum unternehmenseigenen Business genau passend erstellt werden. Nur so lassen sich ihnen später Botschaften und Inhalte individuell zuordnen, wie diese 5 Schritte aufzeigen.

Von Social zu Synthetic.

  • Geburt der Synthetic Social Networks?
    Chatten mit berühmten Persönlichkeiten, die sich als Freunde ausgeben? Mit KI-generierten Figuren, die dank Stimme und Aussehen Stars gleichen? Genau diese will Meta auf seine Plattformen loslassen. Werden wir künftig falschen Freunden „unsere intimsten Gedanken, Sorgen, Wünsche und Ängste anvertrauen, damit IT-Konzerne unsere Stärken und Schwächen auf ihren Servern speichern, auswerten und an Dritte verkaufen?“, fragt Richard Gutjahr besorgt.
  • Instagram: Die Strategien von 76 lokalen Publishern
    Wie erfolgreich nutzen lokale Medien Instagram? Der Journalist und Berater Andreas Rickmann hat sich 76 deutsche Lokal-Publisher angesehen und ein Ranking bezogen auf das Wachstum der Kanäle erstellt. Anhand von Beispielen beschreibt er die Gründe für teils hohe Wachstumsraten – und die heißen nicht wirklich überraschend Reels, Regelmäßigkeit, Hochformat und der Fokus auf lokale Themen.

Von Menschen und Ambassadors.

  • DATEV: Botschafter sorgen für Sichtbarkeit
    Die DATEV zählt zu den Vorreiterinnen beim Thema Corporate Influencer. Gestartet 2019 sind heute 300 Mitarbeitende aktiv, um zur Sichtbarkeit des Unternehmens beizutragen – als thematische Fachexpertin wie als Arbeitgeberin. Die Programmverantwortliche Michaela Wüst gibt im PR-Blogger einen guten Einblick in die Arbeit mit Ambassadors: in Voraussetzungen, Ziele, Betreuung und Inhalte.
  • München: Ambassadors auch in Städten erfolgreich
    Funktionieren Corporate Influencer Strategien auf Verwaltungsebene? Die Stadt München sagt ja und hat ein Test-Programm erfolgreich aufgesetzt, um sich als Arbeitgeberin-Marke stärker zu positionieren. Klaus Eck sprach darüber im Blog (und im CI-Podcast) mit Stefanie Nimmerfall.
  • Thought Leader Ads: Influencer auf LinkedIn pushen
    Apropos Ambassadors: Wie lassen sich diese unterstützen bzw. deren Beiträge empowern? LinkedIn hat dazu das neue Werbeformat der Thought Leader Ads lanciert. Doch an wen richten sie sich konkret? Und welche Klippen gilt es bei Gestaltung zu umschiffen? Dieser Beitrag klärt auf.

Vom Wunsch nach Sichtbarkeit.

  • Alt-Texte: Welche Relevanz haben sie?
    Was sind Alt-Texte? Welche Relevanz haben sie? Und wie formuliere ich sie? Ähnlich wie auch ich diskutiert Franziska Bluhm diese Frage öfters in ihren Beratungen. Daher hat sie einen kompakten Fragebogen publiziert, der die wichtigsten Aspekte kompakt anreißt.
  • YouTube-SEO: Wie performen meine Videos besser?
    Wer auf YouTube sichtbar sein will, benötigt auch eine YouTube-SEO-Strategie. Doch was ist dabei zu beachten? Und wie muss diese gestaltet sein? Ausführliche Informationen gibt es in diesem Beitrag. Nur das Thema YouTube-Shorts fehlt.
  • Gericht: Werbefreie Double-Opt-in-Mail ist keine Werbung
    Noch eine Frage in vielen meiner Seminare: Ist eine Double-Opt-In-Mail Spam? Also unerlaubte Werbung? Das Landesgericht Kassel hat jetzt klar geurteilt, dass DOI-Mails erlaubt sind – als Bestätigung einer E-Mail. Wichtige Voraussetzung: Solche Mails sind wirklich frei von jeglicher Werbung sein – also ohne Hinweise auf Services, Angebote etc.
Gedankenspiele: 10 Lesetipps rund um KI, Plugins und Algorithmen

Gedankenspiele: 10 Lesetipps rund um KI, Plugins und Algorithmen

Heute beginnt die re:publica in Berlin. Auch für mich zählt sie zu den wenigen wirklich wichtigen Branchentreffen – auch gerne Klassentreffen genannt -, um speziell nach der langen Corona-Zeit mich mit bekannten und unbekannten Gesichtern zu treffen und auszutauschen. Beim Blick auf das diesjährige Programm ist – wenig überraschend – ein Schwerpunkt ersichtlich: das Thema KI. Darum darf es auch nicht überraschen, dass 4 dieser 10 Lesetipps sich ebenfalls um den Umgang mit KI wieder drehen. So please enjoy it!

In eigener Sache.

Strategien.

  • Strategie: 10 Zukunftstrends für Unternehmen
    Welches sind die Anforderungen, auf die Unternehmen eine Antwort finden müssen? Die Unternehmensberatung McKinsey hat die Entscheider aus über 2.500 Unternehmen dazu befragt und 10 Zukunftstrends identifiziert. Das Spannende: Fast alle sind eng mit kommunikativen Aufgaben verbunden: Resilienz, hybrides Arbeiten, KI, Bindung von Mitarbeitenden, digitale Fähigkeiten, Personalsuche, Führung, Vielfalt, mentale Gesundheit und Effizienz. Der Branche wird es wohl nicht langweilig.
  • Influencer: So wird mit KPIs und der Non-Persistenz getrickst
    Beim viel diskutierten OMR-Festival gab es durchaus spannende Einblicke. Wie z.B. vom Content Creator und Nindo-Gründer Rezo über Fallstricke beim Influencer Marketing, die Gefahren von non-persistenten Social Media Postings und die Bedeutung von Daten. Wer sich mit Influencern und deren manchmal etwas anderen Kennzahlen auseinandersetzt, sollte dieses Video kennen.
  • A/B Tests: Tipps für die verbesserte Newsletter Performance
    A/B-Tests gehören zu jedem E-Mail-Marketing. Nur so lassen sich Mailings an der Zielgruppe strategisch ausrichten. Dabei können A/B-Tests vielfältig sein. Oder wer hat nicht nur Texte, Bilder und Call-to-Action-Buttons verglichen, sondern auch Absender, Preheader, Betreff, Layout, Sendezeit oder die Platzierung von Social Media Buttons? Nur bei der Frequenz wäre ich aus rechtlichen Gründen vorsichtig.

Algorithmen.

  • Instagram: So funktioniert der Algorithmus
    Wie funktioniert der Instagram-Algorithmus? Und wie müssen daher Inhalte aufbereitet werden, damit sie eine möglichst gute Sichtbarkeit erhalten? Zu dieser Frage gibt es viele Beiträge und Meinungen. Spannend ist, dass jetzt Instagram selbst im Blog einen Beitrag publiziert hat, wie Content im Feed, in Reels, bei Storys und der Suche gerankt werden. Lesenswert!
  • LinkedIn: Daten und Fakten zur richtigen Strategie 2023
    Auf der Basis der LinkedIn-Auswertung von Richard van der Blom sind viele Infografiken entstanden, um das richtige Posten bei LinkedIn aufzuzeigen. Diese Infografik bei SocialMediaToday ist wirklich kompakt und übersichtlich und hilft bei der richtigen LinkedIn-Strategie.

KI, Plugins & Prompts.

  • KI-Texte: 3 Tools und 5 Prinzipien
    Jeden Tag wächst die Zahl der KI-Tools, die uns das Schreiben erleichtern (sollen/wollen/werden). Doch welche Tools gibt es jenseits von ChatGPT, die auch etwas datenschutzfreundlicher sind? Christian Müller stellt nicht nur 3 Tools, sondern auch 5 Prinzipien für den verantwortungsvollen KI-Einsatz vor, was ich nur unterstützen kann.
  • Prompts: So unterstützt KI beim E-Mail-Marketing
    ChatGPT & Co. im E-Mail-Marketing? Aber natürlich. Und nicht nur zur Erstellung von Texten; auch bei Themenideen, A/B-Tests (siehe oben) oder beim Finden des richtigen Versandzeitpunktes kann die KI helfen. Die dazu passenden ChatGPT-Prompts schlägt dieser Beitrag vor.
  • Bilder: Diese Prompts helfen bei Midjourney
    Apropos Prompts. Bei Texten werden diese viel diskutiert. Doch gelten die Empfehlungen auch für die Erstellung von Bildern? Dieser Beitrag hat Tipps zusammengestellt, damit beispielsweise Midjourney das passende Bild erzeugt – wie u. a. spezifisch sein, Metaphern nutzen, Dialog führen, die Grenzen verstehen und Midjourney nicht zu überfordern.
  • Plugins: 200 ChatGPT-Erweiterungen für Browser
    Auch die Zahl der Browser-Plugins rund um ChatGPT wächst fast täglich. Diese eröffnen eine Vielzahl ständig neuer Anwendungsmöglichkeiten. Wie gut, dass Jens Polomski hier den Überblick behält und fast 200 in einer Übersicht anzeigt.
Another End of Social Media?!

Another End of Social Media?!

In den letzten 4 Wochen durfte ich 4 Vorträge halten: zu sehr unterschiedlichen Anlässen, zu sehr unterschiedlichen Themen, an sehr unterschiedlichen Orten. Doch meine Kernaussage war immer dieselbe: Das Ende von Social Media ist da, zumindest so wie wir Social Media bisher kannten. Warum New Friends künftig unsere Best Buddys ersetzen sollen, dies will ich in diesem Gedankenspiel etwas näher erläutern.

Gehen wir ein paar Jahre zurück – sagen wir zu einer Zeit, bevor gerade TikTok die Branche revolutionierte. Wir alle hatten unsere Facebook-, Instagram-, YouTube-, ja sogar XING-Accounts, öffneten (fast) täglich unsere Timeline und ließen uns von den Beiträgen unserer Freunde zum Lachen oder Weinen bringen, zum Fluchen oder Amüsieren oder einfach informieren. Dann kam die Werbung. Doch das war zu erwarten. Dann kam TikTok. Und plötzlich wurde alles anders.

Und nein, damit meine ich nicht die Idee von Kurzvideos. Nein. Denn dies war nix Neues. Aber: Die Freunde, das eigene Netzwerk, die persönlichen Verbindungen waren mit einem Schlag unnötig geworden. Wo einst Connections sowohl für die Inhalte als auch für die Sichtbarkeit der eigenen Inhalte sorgten, waren es plötzlich die Empfehlungen eines Algorithmus‘, der sich nicht mehr an bisherigen Verbindungen, sondern an Interessen orientierte.

Social Media: One-Hit-Wonder ohne Fans

Positiv gesagt: Mit einem Moment war es möglich, mit dem ersten jemals publizierten Video, besser TikTok, eine extreme hohe Sichtbarkeit zu bekommen, einen Run, oft ein One-Hit-Wonder, auf jeden Fall mit hohen Abrufzahlen. Weil der Algorithmus diesen Beitrag so schätzte, weil die gespielten Inhalte, die Hashtags, ja sogar der Sound auf der Plattform aktuell so beliebt waren. Und die eigene Community? Dieser eigene Fankreis spielte keine Rolle; okay, beim ersten Video gab es diesen eh noch nicht. Das heißt: Die algorithmische Beliebtheit des Contents hatte das menschliche Gesicht des Netzwerkes ersetzt.

Und was passierte? Gerade die jungen Menschen – und nur auf diese haben es die Netzwerke abgesehen, wie ich es kürzlich in einem anderen Gedankenspiel geschildert hatte – waren begeistert. Die App-Downloads und Aufrufe gingen durch die Decke, Instagram verlor beträchtlich an Sichtbarkeit und vor allem an Verweildauer, und Mark Zuckerberg brüllte verzweifelt: Wir müssen jünger werden – und dies auf allen Netzwerken. Gesagt, getan.

New Friends statt Best Buddies

Also verabschiedeten sich Instagram und Facebook von „unserem“ Social Media, also von den Inhalten und Interaktionen verbundener Freunde, Fans und Follower. Sie shifteten um zu einem von Algorithmen dominierten, auf Empfehlungen basierenden Modell der Content-Distribution – mit Fokus auf Video. So meinte Mark Z: „Eine der wichtigsten Veränderungen in unserem Geschäft besteht darin, dass soziale Feeds nicht mehr in erster Linie von den Accounts, denen man folgt, angetrieben werden, sondern zunehmend von KI, die Inhalte empfiehlt, die man auf Facebook oder Instagram interessant findet, selbst wenn man den Creatorn nicht unbedingt folgt.“

Diese Umstellung läuft auf Hochtouren, sodass laut Mark bis Ende 2023 der KI-Anteil schon 30 Prozent betragen soll. Und auch wenn Kylie Jenner, der Kardashian-Clan & Co. laut schrien: „Wir wollen die Bilder unserer Freundinnen und Freunde zurück“, blieben Zuck, Adam Mosseri & Co. hart: Die Welt verändert sich, und Instagram und Facebook müssen sich dem anpassen. Wobei sie mit dem Verändern natürlich TikTok meinten.

Friend graphs can’t compete in an algorithmic world

Plötzlich landeten wir überall in derselben Content-Blase, da sich die eingespielten Inhalte am bereits ausgespieltem und beliebtem Content orientierten. Wie langweilig. Warum sollten wir überall das Gleiche mittels der gleichen Formate, Filter, Sounds, Vorlagen posten und sehen? Natürlich wiesen uns die Plattformen eifrig darauf hin, dass wir weit mehr als unsere Blase erleben konnten. Aber erreichte dies uns?

Die Netzwerke lobten, dass wir auf diese Weise Menschen – Creators – besser erreichen könnten, die uns noch nicht kannten. Aber was war mit unseren Connections? Das Ganze wirkte plötzlich so, als würden wir von den Partys unserer Best Buddys ausgeladen werden und stattdessen zu wildfremden Partys geschickt werden, um neue Menschen kennenzulernen. Aber wollen wir das? Und verstehen wir unter dem Begriff „social“ nicht gerade auch die Beziehungspflege mit Friends? „Friend graphs can’t compete in an algorithmic world“, schreibt Michael Mignano in seinem bemerkenswerten und von mir bereits öfters zitierten Essay.

Unternehmen ab in den Extra-Feed

Was lernen wir daraus? Ja, das Ziel dieser TikTokification ist eindeutig: Menschen sind nicht mehr so wichtig. Die Recommendations der Algorithmen mit aktuellem Fokus auf Kurz-Videos bestimmen die Inhalte. Und die Posts unserer Friends & Followers? Die werden wie bei Facebook in die Neben-Feeds verbannt. Und die Inhalte unserer sorgfältig aufgebauten Gruppen? Landen ebenfalls in den Nebenfeed, den kaum jemand wahrnehmen wird.

Und die Seiten der Unternehmen und Institutionen, die über die Jahre so sorgfältig gefüttert worden waren, mit Inhalten, mit viel Zeit, mit intensivem Community Management und mit noch mehr Werbegeldern hochgezüchtet? Ja, auch diese bekommen ihren Extra-Feed – im Abseits. Und sind damit weg aus dem Aufmerksamkeitsfenster des Haupt-Feeds. Und damit auch der bisherigen Fans, Follower, Kundinnen, Partner, Interessenten.

Videos für die jüngeren, Ads für die Älteren

Hmmm, was soll ich denn jetzt als Unternehmen machen? „Schalte Ads“, schreien Facebook, Instagram & Co. „Mache Reels, Shorts und TikToks“, rufen die Social Media Coaches und Agenturen. Und wenn ich über kein gutes Videomaterial verfüge, zumindest nicht kontinuierlich? Pech gehabt. Und wenn meine – damned … – ältere Zielgruppe kein wirklicher Fan von Kurz-Videos ist? Bekommt sie trotzdem. Schade um sie. Zudem bleiben ja noch die Ads.

Aha, jetzt ist mir endlich klar, welche Idee dahintersteckt: die Jungen über Video-Content und angesagte Themen, Hashtags, Sounds, die Älteren über Ads. Ist das dann noch das bekannt-beliebt-bisherige Social Media? Wohl kaum. Es ändert sich einiges. Aber wie sagt man so schön: Wer sich nicht bewegt, der verliert – vor allem an Sichtbarkeit und Relevanz. Wer nicht sichtbar und damit findbar ist, der existiert für die meisten Menschen nicht. Zumindest für die anvisierte junge Zielgruppe.

Revival der integrierten Kommunikation

Damit wird immer klarer, wie die künftige Welt der Kommunikation aussehen wird. Social Media wird bei Zielgruppen, die nicht Generation Z oder Y heißen – und das ist zumindest bei uns die große Mehrheit –, nur noch eine vornehmlich werblich geprägte Nebenrolle spielen. Stattdessen erleben traditionelle Kanäle der digitalen Kommunikation wie Webseiten, E-Mail-Newsletter, Apps, aber auch SEO und SEA ein notwendiges Revival. Weil wir diese Menschen in einer von Algorithmen bestimmten und auf deren Empfehlungen beschränkten Welt ansonsten nicht mehr erreichen.

Ist das eine so große Umstellung? „The chaos at social networks is a reminder that any platform with that kind of power should never be your only – or even your primary – way of communicating with your audiences”, schreibt Allison Carter bei PR Daily.

Aber wussten wir nicht eigentlich schon immer, dass wir uns nicht auf fremde Plattformen allein fokussieren und damit abhängig machen sollten? Eigentlich doch ja. Aber hatte die Begeisterung für die pulsierende Social Media Welt vielleicht diesen Gedanken etwas vernebelt?

Aber das ist ein anderes Thema für ein weiteres Gedankenspiel.

Copyright: Photo by Mike Moloney on StockSnap

Gesucht: Eine digitale Heimat für Ältere

Gesucht: Eine digitale Heimat für Ältere

„Wir müssen jünger werden“, meinte vor gut einem Jahr Marc Zuckerberg anlässlich der damals schon stagnierenden Nutzungszahlen bei seinen Meta-Netzwerken. „Und darum benötigen wir Reels, Reels und nochmals Reels.“ So ungefähr lautete seine klare Forderung an sein Team. Weil TikTok ihn aufgeschreckt hat, weil sich dieses nicht kaufen ließ, weil er um die Verweildauer und damit um die Werbeeinnahmen fürchtete. Verständlich. Doch was ist mit Älteren, die keine Reels nutzen? Wo sollen die hinwandern? Ein Plädoyer für eine digitale Heimat für Ältere.

Facebook ist bei einem Durchschnittsalter von gut 40 Jahren mit Sicherheit kein Jungbrunnen mehr. Auch Instagram bewegt sich Richtung 30something. Die Jungen, die Gen Z, halten sich vor allem bei YouTube auf, auch auf TikTok, und dann erst auf Instagram, wie eine Pew Research-Studie über US-Teenager kürzlich wieder belegt hatte. Doch genau diese Teens und Twens will der stolze Marc für sich gewinnen.

Nur: Macht dieser Schwank, dieser Reel-Wahn überhaupt Sinn, den Zuck aktuell doch sehr konsequent und quasi jeden Tag mit neuen Funktionen fortführt? Ich stelle mir die Frage nicht, weil ich alt bin oder zumindest älter. Nein, keineswegs. Ich mache mir täglich Gedanken über die strategische und zielgruppengenaue Ausrichtung von Netzwerken, Plattformen und Communitys, weil dies bei der Entwicklung von digitalen wie integrierten Kommunikationsstrategien große Relevanz hat.  

Der Jugendwahn und seine Folgen

Nur: Wenn ich mir diesen aktuell herrschenden „Jugendwahn“ unter den Netzwerken und Plattformen ansehen, dann stellen sich mir doch einige Fragen, die ich aktuell auch wieder in einem Workshop diskutiert habe:

  1. Benötigt dieser Jugendwahn nicht beständig ein „neues TikTok“? Schließlich werden die Nutzerinnen und Nutzer ja mit den Netzwerken älter, und das ganz junge Teen-TikTok von gestern ist das Oldie-TikTok von morgen?

  2. Sehen wir nicht dann ständig neue Wanderbewegungen? Gerade wenn die Jungen neue Netzwerke entdecken und die älteren Generationen diese dann für sich Schritt für Schritt erobern, wie es derzeit – leider! – bei BeReal geschieht?

  3. Sind die Netzwerke nicht völlig austauschbar, wenn sie alle die gleichen jungen Zielgruppen ansprechen und dies mit denselben, sich ähnelnden (Video-)Content-Formaten? Also Storys bzw. TikToks, Reels, Shorts etc.?

  4. Ist dieser Jugend-Fokus nicht auch aus Werbegründen wenig sinnvoll? Denn wird nicht mit den älteren Generationen – und damit meine ich die Bevölkerungsmehrheit 40+ – genauso viel oder sogar mehr Geld verdient als mit Gen Y und Z?

  5. Wer kümmert sich dann um die Generation X und früher? Gerade wenn sich auch Facebook auf Reels fokussiert und die anderen Beiträge von Firmen, Freunden und Gruppen in Neben-Feeds verbannt, die kaum jemand aufrufen wird? Eröffnet dies nicht neue Chancen? Und damit meine ich nicht für die reinen Senioren-Netzwerke wie Feierabend.de, sondern für die Generation 40plus?

  6. Und warum fokussiert sich Facebook nicht ganz bewusst auf die derzeitige ältere Zielgruppe 40 bis 60 plus, in die wir alle reinwachsen? Würde dies Facebook nicht einen wirklichen Mehrwert, einen wirklichen USP, liefern – auch bezogen auf Werbekundinnen?

  7. Wenn die Älteren keine digitale Heimat mehr finden bzw. sich von den Kurz-Video-Formaten nicht angesprochen fühlen? Führt dies nicht dazu, dass diese Zielgruppe verloren geht und wir für diese stattdessen wieder verstärkt auf klassische Online- wie Offline-Maßnahmen setzen müssen – Stichwort Webseite, Newsletter, Messenger etc. – für eine strategische, integrierte Kommunikation?

Marktchance für eine digitale Heimat für Ältere

Meine Überlegungen sind keineswegs neu. Schon vor vielen Jahren ploppten ähnliche Diskussionen über den Sinn der sogenannten „werberelevanten Zielgruppe von 14 bis 49 Jahren“ auf. Nur hat es im Print-Bereich immer Medien gegeben, die sich ganz bewusst an bestimmte Altersgruppen richteten, also Kindermedien, Medien für Jugendliche, für Senioren etc.

Ließe sich der Gedanken für ein Netzwerk, also eine digitale Heimat für Ältere nicht auch auf die sozialen Netzwerke übertragen? Stand heute würden sich dann die Teens und Twens auf TikTok austauschen, die 30plus auf LinkedIn und Instagram, die Oldies but Goodies – und damit meine ich die Generation X und älter – auf Facebook, und alle auf YouTube, wie auch schon heute.

Wäre dies nicht top für jede Content- und Werbeplanung? Jede Story ließe sich prima für mehrere Generationen aufbereiten und über die verschiedenen Kanäle generationsgerecht ausspielen. Also zielgruppengenaue Kommunikation, auch wenn natürlich nicht nur das Alter eine Rolle spielt. Zudem müsste sich kein Jugendlicher mehr in diesem 3-Generation-Haus unwohl fühlen, wenn sich Großeltern, Eltern und Kinder plötzlich auf Instagram begegnen. 

Der leere blaue Ozean

Wo ist solch ein Netzwerk? Solche eine neue digitale Heimat? Planungen dafür scheint es aktuell nicht zu geben. Zumindest sind sie mir nicht bekannt. Schade, gerade aus Strategie-Sicht. Stattdessen stürzen sich die Plattformen lieber mit der Konkurrenz in den roten Ozean und belassen den blauen Ozean unberührt. Warum eigentlich?

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