10 Werte für eine Kommunikation der Zukunft. Oder: Das Zeitalter digitaler Kommunikation hat erst begonnen.

10 Werte für eine Kommunikation der Zukunft. Oder: Das Zeitalter digitaler Kommunikation hat erst begonnen.

Die Kommunikationsbranche steht vor zahlreichen Herausforderungen in einer sich ständig verändernden Kommunikations- und Medienwelt. Gerade die Zahl der Medien und der Instrumente ist hoch und wächst stetig weiter. Immer stärker ist das Vordringen von Bewegtbild und Live-Video zu beobachten, von Messenger-Kommunikation und Chatbots, von Social Collaboration-Plattformen und Ephemeral Media. Diese zu beobachtenden Erscheinungen werden nicht die letzten sein. Jeder muss sich bewusst sein, dass die Entwicklung weiter voranschreiten wird – mit neuen Plattformen, Instrumenten, Techniken, mit einem veränderten Nutzerverhalten und damit wechselnden Herausforderungen, denn: Das Zeitalter für digitale Kommunikation hat gerade erst begonnen.

Doch vor welchen Herausforderungen stehen Kommunikatoren speziell im digitalen Zeitalter? Welche Strategien benötigen Unternehmen und Institutionen? Und was macht eine erfolgreiche digitale Kommunikationsstrategie künftig aus? Es ist immer schwierig, in Zeiten einer sich hoch dynamisch weiterentwickelnden Kommunikationswelt einen eindeutigen und glaubwürdigen Ausblick zu geben. Auf jeden Fall lässt sich mit Sicherheit sagen, dass wir gerade Zeugen einer Entwicklung sind, an deren Ende kaum ein Stein auf dem anderen bleiben wird – zumindest in der Form, in der wir es bislang gewohnt waren. Nur wissen wir leider noch nicht genau – und da hat der Kommunikations- und Kulturmanager Christian Henner-Fehr vollkommen Recht, wenn er schreibt –

welche Steine zukünftig wie zusammengefügt werden müssen und welche Steine noch dazu kommen.“

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Loseblattsammlung Kommunikationsmanagement

Sammelband Kommunikations-management

HINWEIS: Dieser lange Beitrag entstammt in etwas veränderter Form meinem Buch „Die digitale Kommunikationsstrategie. In dieser hier vorliegenden Form erschien er im Oktober 2017 in: Kommunikationsmanagement (Loseblatt), herausg. von Bentele/Piwinger/Schönborn, Köln 2017. Gleichzeitig ist es mir wichtig, diese 10 Werte auch hier nochmals zu publizieren. Auch wenn der Beitrag ein wirklicher #Longread ist.

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Notwendige Anpassung an die digitale Kommunikation und neue Zeiten

Künftig wird es nicht darum gehen, die Grundpfeiler bisheriger Kommunikation völlig in Frage zu stellen. Vielmehr muss viel Bestehendes eher überarbeitet und dem digitalen Wandel kräftig angepasst werden. Vor dem Hintergrund einer immer stärkeren Digitalisierung und einer Digitalen Transformation in immer mehr Branchen müssen dazu einerseits intern wie extern die Grundlagen für einen Change-Prozess gelegt werden, andererseits neue Medien erschlossen, ziel- und zielgruppengerichtet implementiert und mit dem Wissen traditioneller Kommunikation vernetzt werden. Das impliziert wiederum extreme Anstrengungen und ein hohes Maß an erforderlichem Wissen, gerade für Mitarbeiter aus den betreffenden Abteilungen, die mit dem digitalen Wandel in täglicher Verbindung stehen.

Welche sind also die grundlegenden Voraussetzungen, um eine digitale Kommunikation strategisch klar aufzustellen und sie mit den bisherigen Instrumenten, Plänen und Konzepten zu vernetzen? Und dies natürlich stets an eine übergeordnete Unternehmensstrategie angedockt? Es lassen sich durchaus Verhaltensregeln identifizieren, die das Agieren im Internet künftig entscheidend mitbestimmen. Diese sind gut mit den folgenden zehn Adjektiven bzw. Werten kompakt zu überschreiben: Strategisch, zielgerichtet, integriert, vernetzt, verantwortlich, social, customized, kreativ, persönlich sowie analytisch.

  1. Strategisch.

Jede erfolgreiche digitale Kommunikation muss auf bestehenden kommunikativen Zielen und Strategien aufbauen. Schließlich verändert das Medium nicht die grundlegenden Inhalte, sondern erschließt vielmehr neue Wege, sie zu kommunizieren. Sie kann jedoch nur dann neue Wege erschließen, wenn sie strategisch angelegt ist: Mit messbaren Zielen, klar definierten Stakeholdern, einer nachhaltigen Positionierung und dauerhafter Kontrolle. Dazu muss sie auf langfristige Sicht und als ein laufender Prozess verstanden werden. Dazu bedarf sie der ständigen Bearbeitung, Ergänzung, Aktualisierung, Erneuerung. Wenn dies nicht beachtet wird, verpufft jede digitale Kommunikation wirkungslos. Bei dieser strategischen Vorgehensweise unterscheidet sich die digitale kaum von einer klassischen Kommunikation.

  1. Zielgerichtet.

Jede digitale Kommunikationsstrategie, jede strategische Online-Kommunikation darf für Unternehmen und Institutionen kein Selbstzweck sein.

Sie muss vielmehr „einen Beitrag zur Erreichung übergeordneter ökonomischer, gesellschaftlicher oder politischer Ziele“ leisten,

schreiben die Hochschul-Professoren Thomas Pleil und Ansgar Zerfaß in ihrem „Handbuch Online-PR“. Daher ist es nicht nur zentral, klare und überprüfbare Ziele zu formulieren, die sich später per Erfolgskontrolle evaluieren lassen. Es ist gleichsam entscheidend, die digitale Kommunikationsstrategie an die Unternehmensstrategie, an die Unternehmenswerte anzudocken. Genau an dieser Stelle liegt eines der zentralen Kriterien, die für den späteren Erfolg entscheidend ist: Digitale Kommunikation ist immer als ein Element der unternehmerischen Wertschöpfung zu verstehen. Jede digitale Kommunikationsstrategie muss folglich stets an der Unternehmensstrategie, an den strategischen Zielen der Organisation, an der Business-Vision orientiert sein. Sie unterstützt schließlich die Verwirklichung der Unternehmens- und Kommunikationsziele. Dazu sollte sie so explizit formuliert sein, dass sie jederzeit, regelmäßig und von jedem überprüft werden kann.

Bevor Unternehmen und Institutionen also damit beginnen, eine digitale Kommunikationsstrategie zu entwickeln, sollten sie als ersten Schritt ihre Unternehmens- und Kommunikationsstrategie einer genauen Analyse unterziehen. Beide bilden die Grundlagen für die weitere Vorgehensweise. In dieser Bestandsaufnahme – einer unternehmerischen Ist-Analyse – ist zu definieren, wo das Unternehmen hin will, welche Ziele, Zwischen- sowie Endziele bereits festgelegt sind, wie diese kurz-, mittel- und langfristig erreicht werden sollen, welche entscheidende Zwischenschritte formuliert sind, welche Strukturen bereits vorliegen, welche personellen Ressourcen vorhanden sind oder noch notwendig werden sowie welche Inhalte zur Verfügung gestellt werden können.

  1. Integriert.

Wer sich an die digitale Kommunikation herantastet, darf sie nicht von den Instrumenten der klassischen Kommunikation trennen. Vielmehr ist sie ein Werkzeug innerhalb des Gesamtprozesses. Dazu sind von Beginn an alle verfügbaren Instrumente in die Planung mit einzubeziehen, um Synergien aus der engen Verzahnung der konvergenten Maßnahmen zu ziehen. Jedes muss innerhalb des Kommunikationskonstrukts seine Funktionen und Aufgaben haben – analog zu einer klar definierten Kommunikationsstrategie. Schließlich kann jedes digitale Instrument sich nur dann als mächtig erweisen, wenn es als integrativer und integrierender Bestandteil der Gesamtkommunikation verstanden wird. Dies erfordert ein integriertes kommunikatives Denken wie Handeln. Genau dieser Integrationsprozess und die strategische Neugestaltung der Kommunikation sind für viele Unternehmen mit vielen Schwierigkeiten und einem notwendigen langen Atem verbunden.

  1. Vernetzt.

Gerade im Digitalbereich gilt es vernetzt und integrativ zu denken und zu agieren. Schon heute spielen in der klassischen Online-Kommunikation Online-PR, Suchmaschinenoptimierung, E-Mail-Kommunikation, Content-Marketing eng zusammen – für die einfache Zugänglichkeit der Webseite, die richtige Platzierung von der kommunikativen Botschaften, das eindeutige Themensetting oder die ständige Erreichbarkeit durch Suchmaschinen. Hinzu kommen werbliche Herausforderungen: Display-Werbung, Suchmaschinen-Werbung, Native Advertising, Microsites, Kooperationen und Sponsoring auf digitalen Plattformen sind für eine professionelle integrierte Kommunikation unerlässlich. Keine Disziplin kann die Aufgaben künftig alleine für sich behaupten. Zudem werden alle alten wie neuen Werkzeuge nur dann von Erfolg gekrönt sein, wenn es gelingt, sie innerhalb eines strategischen Gesamtkonzeptes zu verorten.

Doch Vernetzung bedeutet noch mehr: Aus heutiger Sichtweise wird die herkömmliche Kommunikation weiterhin ihren Stellenwert behalten und nicht durch neue Formate vollkommen ersetzt werden. So ist eine digitale Kommunikation nicht von den Instrumenten der klassischen und analogen Kommunikation zu trennen. Ebenso wenig führt es zum Ziel, die digitale und die nicht-digitale Welt gegeneinander auszuspielen oder gar einen Gegensatz zwischen alter und neuer Kommunikation, zwischen „klassischer“ analoger und „moderner“ digitaler Kommunikation herzustellen.

Der Erfolg, so der Konzeptioner Klaus Schmidbauer, liegt vielmehr künftig in der engen Vernetzung, da nur im Zusammenspiel beider Seiten eine schlagkräftige Ansprache entstehen kann:

Kommunikation wird immer als Ganzes wahrgenommen. Kommunikationskonzepte müssen deshalb auf der strategischen Ebene über den Online-/Offline-Kategorien stehen und ganzheitlich denken.“

Denn ob online oder offline: Für Zielgruppen führt nicht die Herkunft zu einer Entscheidung: Vielmehr werden „immer genau die Strategien und Maßnahmen genutzt, die das anstehende Problem optimal lösen, ganz gleich welcher Herkunft sie sind.“ Dies verdeutlicht, wie stark die bisherigen Disziplinen zusammenwachsen und wie eng sie innerhalb einer digitalen wie integrierten Kommunikationsstrategie abgestimmt und gesteuert werden müssen. Genau auf ihr Zusammenspiel wird es künftig entscheidend ankommen. Kommunikationsexperten haben also die Aufgabe, bisheriges Wissen und bestehende Erfahrungen auf die neuen Gegebenheiten systematisch zu übertragen, neu Erlerntes hinzuzufügen, diese beiden zu verzahnen – nicht als Gegensätze sondern als eng umschlungene Partner.

  1. Verantwortlich.

Der digitale Wandel muss von Seiten des Managements vorgelebt werden. Die Manager sind die Motivatoren und die Vorbilder für solch einen Change-Prozess. Die dafür notwendigen Tools und Konzepte existieren bereits heute. Nur wird ein digitaler Veränderungsprozess derzeit häufig nur mit der puren Einrichtung digitaler Instrumente gleichgesetzt. Ein wirklicher Change-Prozess beginnt dagegen vielmehr ganz oben: In den Köpfen der Chefebenen, die sich an die Spitze der Entwicklung setzen müssen; und auch in den Köpfen ihrer Mitarbeiter, die sich bewusst werden, dass für eine Transformation viele Content-Silos eingerissen werden müssen, oft lieb gewonnene Kompetenzbereiche aufgegeben und stattdessen Verantwortungen mit anderen geteilt werden müssen.

Dies bedeutet wiederum ein hohes Maß an erforderlichem Wissen in den betroffenen Abteilungen. Dies macht eine fortlaufende Fortbildung der Mitarbeiter und ein internes Wissensmanagement notwendig. Sie benötigen Fachkenntnisse, gerade um eine digitale Kommunikationsstrategie zu verstehen, sie mitzutragen und mit Content füllen zu können. Und sie benötigen eine persönliche, dauerhafte Anleitung, wie sie im Rahmen der Strategie ihre eigene Rolle finden und sich mit anderen Mitarbeitern innerhalb der Organisationen inhaltlich eng vernetzen können. Nur so lassen sich Content-Silos vermeiden; und nur so wird jeder vom Wissen des jeweils anderen letztendlich profitieren.

  1. Social.

Es darf nicht mehr primär um soziale Netzwerke gehen, um Facebook, um YouTube, um einzelne visuelle Plattformen; oder im nächsten Schritt um Messenger, um Apps, um Chatbots. Es muss um eine integrierte Kommunikation in Zeiten des digitalen Wandels gehen, innerhalb der die einzelnen Kommunikationskanäle ihre Funktionen und Aufgaben haben, die sich aber alle an einer klar definierten gemeinsamen Kommunikationsstrategie orientieren. Solch eine integrierte Kommunikation, insbesondere auch Social Media, in Zeiten des digitalen Wandels bedeutet vor allem Dialog, Interaktion, Service, Socializing, Involvement. Dazu gehört weniger Senden als vielmehr Zuhören.

Organisationen müssen dazu künftig noch stärker den Blickwinkel ihrer Stakeholder einnehmen. Sie müssen sich zurückhalten, nur die aus ihrer Sicht relevanten Themen zu setzen, sondern sich im Rahmen ihrer Content-Strategie auf die Inhalte fokussieren, die für die Stakeholder von Relevanz sind und ihnen Mehrwert bieten. Dazu zählt auch, dass sie geäußerte Kritik als Chance zur Verbesserung und Optimierung wahrnehmen. Nur so werden sie eine Chance haben, in einem Informations-Dschungel und trotz Content-Shock gefunden, wahrgenommen und akzeptiert zu werden. Das heißt: Erst wenn es gelingt, den Aspekt des Mehrwertes aus Sicht der Stakeholder in die Gesamtkommunikation verstärkt einzubinden, können Unternehmen von diesem Wandel wirklich profitieren.

Folglich muss es das Ziel sein, Social Media Kommunikation als Kernbestandteil der digitalen Kommunikation zu integrieren und als Komponente der Unternehmenskommunikation zu begreifen, wie der US-amerikanische Social Business-Vordenker Brian Solis in seinem Bestseller „Engage!“ bereits im Jahre 2010 betonte:

„Social media is a critical part of a larger, more complete sales, service, communications, and marketing strategy that reflects and adapts to markets and the people who define them.“

Dazu benötigt es ein starkes, auch intern verankertes Selbstverständnis, damit Integration und notwendige Neuaufstellung gemeinsam bestritten wird. Nur so kann es gelingen, dass eine digitale Kommunikation wirklich wahr wird. Dieser Integrationsprozess beziehungsweise die damit verbundene strategische Neugestaltung der Kommunikation wird für viele Unternehmen und Institutionen mit einem langen Atem verbunden sein.

  1. Customized.

Angesichts der Fülle an Kommunikationskanälen entsteht die nächste kommunikative Herausforderung: Welche Informationen sollen die Zielgruppen an welcher Stelle erreichen? Und dies in einer Zeit, in der bereits vielerorts von einem Content-Shock, also einer Überforderung der Menschen mit Inhalten, gesprochen wird? Wenn also Nutzer immer weniger den Content in seiner Ganzheit wahrnehmen und individuelle Botschaften identifizieren können? Gerade innerhalb einer integrierten Kommunikation kommt es künftig auf ein verstärktes Customizing an, auf den Zuschnitt von Informationen mit Mehrwert auf klar definierte Stakeholder. Sie müssen genau die passende Information in dem Moment erhalten, wenn sie diese benötigen.

Künftig lassen sie sich nur mit personalisiertem, auf ihre Bedürfnisse sowie auf die Eigenschaften der einzelnen Kanäle individuell zugeschnittenem und medienspezifisch aufbereiteten Content an die Marke binden. So wird heute auch bereits von Adaptive Content gesprochen, um Benutzern mit Hilfe des Wissens, das man über sie hat – also über Verhalten, Geräte, Kontext –, zielgerichtete Informationen zu liefern. Unternehmen müssen sich gerade Micro-Zielgruppen gegenüber als Experte zeigen und zum kompetenten Sprachrohr eines Themas werden – ob über ein glaubwürdiges Fachblog, einen regelmäßigen Podcast, eine spezielle Microsite, die Moderation eines Branchenforums, eine Gruppengründung in einem Sozialen Netzwerk oder repräsentative Onlinestudien zum eigenen Kerngebiet. Sie müssen sich bewusst machen: Wer Themen setzt und Positionen darlegt, bestimmt den Diskurs und schafft Präsenz; wer sich als Opinion Leader etabliert, gewinnt an Deutungskompetenz im Meinungsmarkt und verschafft sich kommunikative Wettbewerbsvorteile.

  1. Kreativ.

Wenn die Story kein Weitererzähl-Potenzial in sich birgt, hat die Geschichte kaum einen Erfolg, sich wirklich stark zu verbreiten. Und dies gerade in einer Zeit des Content-Überflusses. Es wird künftig verstärkt darauf ankommen, starke und authentische Geschichten zu entwickeln und diese auf einzelne, auch kleinere Zielgruppen zuzuschneiden – selbstverständlich immer ausgerichtet an der definierten digitalen Kommunikationsstrategie. Nur dann werden Botschaften intensiv wahrgenommen und weiter verbreitet. Dazu müssen die Nutzer aktiviert, in die Prozesse mit einbezogen und damit zu authentischen Beteiligten ihrer eigenen Aktion gemacht werden.

  1. Persönlich.

Gerade auf den Social Media-Plattformen sind Köpfe statt Marken gefragt. Schließlich wollen Menschen mit Menschen sprechen – und nicht mit Marken. Dies erfordert von den Kommunikatoren gleichzeitig einen verantwortungsvollen Umgang mit ihrer neuen Rolle. Schließlich werden Marken über Köpfe wahrgenommen, Fehler der Menschen auf die Marken direkt projiziert. Alle befinden sich in einem öffentlichen Raum, in dem jeder mitlesen, mithören, mitsehen kann – und „jeder“ kann hier Shareholder, Stakeholder, Geschäftsführer, Social Media Manager, sonstiger Mitarbeiter, Kooperationspartner, Konkurrent, Jobsuchender oder auch Multiplikator heißen.

  1. Analytisch.

Es gibt kaum eine Branche, die so von der Datenflut profitiert, wie die digitale Kommunikation, Stichwort „Big Data“. Was für viele Datenschützer eher ein Gräuel ist, erweist sich für Kommunikations- und Marketingexperten als wahre Fundgrube. Die Fülle an gewonnenen Daten bietet der digitalen Kommunikation schließlich die große Chance, Kundenbedürfnisse frühzeitig zu erkennen, Reaktionen genau einzuschätzen, Wünsche schnell zu analysieren und die Erwartungen detailliert zu definieren. Auf diese hin lassen sich Services und Produkte zuschneiden. Parallel entstehen neue Möglichkeiten, Stakeholder zu involvieren und mit ihnen in einen kontinuierlichen Dialog zu treten. Die Organisation tritt damit in einen dauerhaften Denk- und Lernprozess mit ihren Mitarbeitern, Kunden, Multiplikatoren und ihren sonstigen Stakeholdern.

 

Fazit: Keine Angst vor digitaler Kommunikation

Die digitalen Medien haben unsere Gesellschaft bereits heute nachhaltig verändert und deren Dialogorientierung deutlich intensiviert. Um dies für sich zu nutzen, sind kreative Strategien und durchdachte Konzepte gefragt. Unternehmen müssen Awareness generieren, um die eigenen Themen im Meinungswettstreit zu platzieren. Sie müssen den Dreiklang aus Information, Emotion und Dialog nutzen, um aktive Anschlusshandlungen auszulösen, wo Geduld, Kontinuität und ausreichende Ressourcen an Zeit, Personal und Geld gefragt sind.

Auf Basis ihrer Unternehmensstrategie haben sie die Aufgabe, eine klare integrierte Kommunikationsstrategie zu entwickeln, welche die verschiedenen Kommunikationsdisziplinen vereint. Sie müssen ihre Online-Aktivitäten – unabhängig davon, ob „social“ oder „nicht social“ – in einer digitalen Kommunikationsstrategie bündeln, die wiederum mit allen weiteren Kommunikations- und Marketingmaßnahmen vernetzt ist. Nur so kann es ihnen gelingen, künftig kommunikativ einheitlich nach innen und nach außen aufzutreten und Vertrauen für die Organisation, ihre Marke(n), ihre Themen, ihre Aktivitäten und ihre verantwortlichen Mitarbeiter zu schaffen.

Governor, Coach, Enabler, Engager

Das aufgezeigte Szenario inklusive der notwendigen Schritte sollte Unternehmen und Institutionen keineswegs Angst machen – ganz im Gegenteil. Die Entwicklung integrativer Strategien, Vernetzung der Kommunikationsplattformen und Dialogkanäle, Aufbau und Weiterentwicklung passender Content-Prozesse und die intensive Mitnahme der Mitarbeiter mit wachsendem Organisationsmehrwert: Gerade für Kommunikationsexperten hat es wohl kaum eine spannendere Zeit gegeben als heute. Und daran wird sich in den nächsten Jahren nichts ändern.

Thomas Mickeleit, Director of Communication von Microsoft, schätzte bereits im Juli 2014 im Branchenmedium PR-Journal die künftige Rolle des PR-Managers wie folgt ein. Der PR-Manager müsse insgesamt vier Rollen einnehmen:

„Als ‚Content-Governor‘ muss er dafür sorgen, dass Inhalte im entsprechenden Stil gleichmäßig (…) ausgespielt werden. Er fungiert als ‚Coach‘ der Spokesperson, schafft als ‚Enabler’ Know-how innerhalb der Organisation (…) und ist der ‚Engager’, der sich nach außen in den Kanälen dialogorientiert vernetzt.“

Governor, Coach, Enabler, Engager: Es sind genau diese skizzierten Herausforderungen, die das reizvolle Aufgabenfeld eines künftigen Managers für Digitale Kommunikation ausmachen. Er ist dafür prädestiniert, die aktuellen Themen der digitalen Transformation kommunikativ zu begleiten und voranzutreiben – intern wie extern. Und wer sollte bei solch spannenden Herausforderungen „nein“ sagen. 😉

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Meine Gedankenspiele: 10 Lese-Tipps aus dem September 2017

Gedankenspiele
Der Köder, der Fisch und der Angler. Warum Personas in jede Kommunikationsstrategie gehören.

Der Köder, der Fisch und der Angler. Warum Personas in jede Kommunikationsstrategie gehören.

Bereits im Rahmen meiner kleinen Serie „Digitales Wissen“ zu meinem Buch „Die digitale Kommunikationsstrategie“ hatte ich mich in einem Beitrag mit dem Thema Persona beschäftigt. Jetzt hatte ich die Chance, einen weiteren Fachbeitrag im E-Mail-Marketing Forum zu einem meiner Lieblingsthemen zu schreiben, den ich heute auch hier im Blog publiziere.

„Eine Persona ist ein Modell aus dem Bereich der Mensch-Computer-Interaktion. Sie stellt einen Prototyp für eine Gruppe von Nutzern dar, mit konkret ausgeprägten Eigenschaften und einem konkreten Nutzungsverhalten.“ So lautet die Begriffserklärung bei Wikipedia. Nachdem Personas über Jahrzehnte hinweg kaum verwendet wurden, nimmt aktuell ihre Bedeutung deutlich zu. Kommunikationsexperten erkennen in ihnen ein wirkungsvolles Instrument, um die eigene Zielgruppe besser kennen zu lernen und deren Customer Journey genauer abzuleiten.

Von Zielgruppen zu Zielpersonen

Eine Persona ist das konkrete Profil eines idealen Nutzers, die stellvertretend für eine Zielgruppe steht. Sie ist ein Pappkamerad, eine Projektionsfläche, die aus realen Eigenschaften der Zielgruppen definiert wird und anonyme Zielgruppen greifbarer macht. Sie stellt ausführlich eine fiktive Person mit ihren Eigenschaften, Verhaltensweisen, Lebenswelten und Bedürfnissen dar, die an einem Unternehmen oder seinen Produkten interessiert ist. Dies können einzelne Kundengruppen, Mitarbeiter wie Medienvertreter sein. Als konkret formulierte Blaupause gibt sie diesen ein menschliches Gesicht.

Die Entwicklung von Personas steht stets am Anfang eines Projektes. Schließlich bildet sie die Voraussetzung für passende Inhalte und eine künftige Interaktion. Personas sollen zudem für größere Zielgruppen stehen, wobei für den Anfang drei bis vier Personas zu empfehlen sind. Schließlich gibt es niemals nur eine Zielgruppe oder eine Käufergruppe oder Multiplikatoren-Gruppe. Gleichzeitig sollten sich Unternehmen auf die Erwartungen der zentralen Nutzergruppen fokussieren und sich nicht in zu vielen Personas verlieren.

Schritte zur Persona

Bei der Entwicklung von Personas – ob für den B2C- oder den B2B-Bereich – sollten Unternehmen klar strukturiert Informationen, Daten und Fakten zu den Schlüsselbereichen sammeln. Für den Einstieg helfen die folgenden als Orientierung:
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  • Demografie: Geschlecht, Alter, Familienstand, Einkommen, Ausbildung, Qualifikation, Berufserfahrung
  • Tagesablauf: Kernthemen, Arbeitsaufgaben, technologische Ausstattung, Weiterbildung, Konsumverhalten, persönliche Ziele, Werte, Bedürfnisse
  • Medienverhalten: Medienkompetenz, -nutzung, -verhalten, Informationsquellen, Suchverhalten, digitale und mobile Affinität, bevorzugte Kanäle, Haltung im Netz
  • Berufliche Stellung: Größe, Art, Branche des Unternehmens, Position und Funktion, Verantwortungsbereich, Etat-Hoheit
  • Herausforderung: Hilfe im Job, Lösungen bei Problemen, Suche nach Content, Unterstützung per Best Cases, Whitepapers, Studien, Fortbildung per Webinar, Seminar, Coaching etc.

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Personas tragen Gesicht und Namen

Auf Basis der Informationen lässt sich konkretisieren, wie das Unternehmen die Persona unterstützen könnte: Was könnte es konkret leisten? Was könnte sie dadurch besser? Aber auch: Welche Gründe könnten gegen das eigene Unternehmen sprechen? Mit diesen Schritten erhält die Persona allmählich ein Gesicht, um sie später mit dem passenden Content zu erreichen, aber vor allem binden und aktivieren zu können. Schließlich soll sie die gebotenen Inhalte nicht nur lesen, hören und sehen; diese sollen bei der Persona vor allem eine unmittelbare Aktion auslösen – ob ein persönlicher Austausch, ein individueller Kommentar, ein Kauf, ein Abonnement, die Beauftragung einer Beratung.

Personas müssen wie menschliche Abbilder der Zielgruppen wirken. Dazu benötigen sie ein passendes Portrait-Bild und einen konkreten Namen. Erst Name und Bild machen aus einer bisher erfundenen Persona eine menschliche Person. Auf einen Blick lässt sich erkennen, ob es sich eher um den jugendlich wirkenden Typen mit Lederjacke und Sneakers handelt oder um den Anzug tragenden Geschäftsmann. Beide könnten Mitte 30 sein und würden trotzdem ein unterschiedliches Bild der anvisierten Zielgruppe transportieren. In der Folge wird intern künftig niemand mehr von der „Persona 1“ sprechen, sondern von „Claudia“ oder „Nick“ oder „Tom Drinker“, wie in dem beigefügten Bild, das mit dem Tool personapp.io erstellt wurde. Zum Schluss sollte das Bild in der Kommunikationsabteilung gut sichtbar aufgehängt sein. Mit ihr vor Augen fällt es deutlich leichter, seinen Content an der von ihr vertretenen Zielgruppe auszurichten.

Erfolgsfaktoren bei der Persona-Entwicklung

Um reale Personas entwickeln zu können, sind vielfältige Informationen notwendig. Das Entscheidende: Eigenschaften dürfen nicht auf Basis persönlicher Annahmen festgelegt sein; sie müssen auf Daten, Fakten und Werten beruhen: Auf Marktforschungs- und Marktdaten, auf Studienergebnissen und Kundendaten, auf Web-, Medien-, Netzwerkanalysen, auf sorgfältigem Monitoring, eigenen Kundeninterviews oder internen Befragungen. Erst mit diesen Insights werden Personas zu einem realitätsnahen Abbild. Übersetzt bedeutet dies: Personas können final nur so gut sein wie die eigene Analyse und die hinzugezogenen Quellen.

Die Persona-Entwicklung ist ein komplexer Prozess. Er kann wirkungsvoll verlaufen, wenn er sorgfältig durchgeführt wird, wozu auch die abschließenden 5 Tipps zählen:

  1. Erfinden Sie keine Daten. Personas basieren stets auf Fakten nicht auf Annahmen.
  2. Sammeln Sie nicht zu viele Daten, sondern fokussieren Sie sich auf das Wesentliche.
  3. Integrieren Sie viele Personen und Ressorts in den Entwicklungsprozess.
  4. Machen Sie Personas allen Ressorts zugänglich.
  5. Halten Sie Personas stets aktuell, ist die Entwicklung doch niemals abgeschlossen.

LESE-TIPP: In meinem Buch „Die digitale Kommunikationsstrategie“ beschreibe ich den Persona–Prozess extrem ausführlich anhand vieler Beispiele und Tools.

Interview mit Dominik Ruisinger: Über Social Media Strategien, Copy Cats, Hypes und notwendiges Community Management

Interview mit Dominik Ruisinger: Über Social Media Strategien, Copy Cats, Hypes und notwendiges Community Management

Die lieben Blog-Kollegen von Marketing im Pott haben mit mir kürzlich ein etwas längeres Interview geführt: Über die Bedeutung einer Social Media Strategie, zur Social Media Nutzung, über die Herausforderungen für Unternehmen, sich diesen dauerhaften Veränderungen anzupassen – Stichwort Algorithmus und natürlich auch zu meinem Buch „Die digitale Kommunikationsstrategie“. Auch ich darf das Interview hier publizieren, was ich natürlich gerne tue.

Für viele Unternehmen bedeutet Social Media-Strategie, die Postings auf Facebook durchzuplanen. Was verstehen Sie darunter?

Das ist eine sehr umfassende Frage, die ich aus Beratungen und Trainings gut kenne. Grundsätzlich liegt das Problem darin, dass viele Menschen heute unter dem Oberbegriff Social Media vor allem Facebook verstehen bzw. beide Begriffe praktisch gleichsetzen. Wenn sie dann ihre Facebook-Seite erstellt und vielleicht erste Erfolge erzielt haben, sprechen sie von einer Social Media-Strategie. Dabei hat eine Strategie eigentlich die Aufgabe, erst einmal herauszufinden, ob Facebook überhaupt das richtige Instrument ist. Und Facebook ist sicherlich nicht bei allen Fragen die passende Antwort.

Das bedeutet: Eine Social Media Strategie beginnt erst einmal mit einer grundlegenden Ausgangsanalyse von Unternehmen, Kommunikations-aktivitäten, Ressourcen, Offenheit gegenüber Social Media, Mitbewerbern etc. Dabei kommt es ganz entscheidend darauf an, dass solch eine Analyse ergebnisoffen geführt wird. Sie könnte durchaus auch zum Ergebnis führen, dass ein E-Mail-Newsletter, eine SEO-Strategie viel zielführender als der Aufbau oder Ausbau etwaiger Social Media-Aktivitäten ist. Als nächsten Schritt sind Ziele und Zielgruppen zu definieren, ist das Unternehmen mit einer klaren Aussage nach innen wie nach außen zu positionieren und ist auf dieser Basis eine Content Strategie zu entwickeln, die zum Schluss wieder zu evaluieren ist. Genau diese Schritte beschreibe ich ja detailliert in meinem nicht mehr ganz neuen Buch „Die digitale Kommunikationsstrategie“.

Wie nutzen Sie selbst die sozialen Netzwerke?

Es gibt Netzwerke, die ich für persönliche Themen und zu rein privaten Zielen nutze, und andere, in denen ich mich beruflich mit vielen Freunden, Kollegen oder auch teils noch Unbekannten austausche. Wer mir beispielsweise auf Facebook oder Instagram folgt, wird – abgesehen von der Verbreitung eigener Blog-Beiträge – kaum berufliche Themen finden. Auf Twitter, Xing, LinkedIn, Google+ und teils auch Pinterest stehen dagegen fachliche Themen im Vordergrund, wie natürlich auch in meinem eigenen Blog „Gedankenspiele“. Gleichzeitig beobachte ich, dass sich mein Nutzungsverhalten in den letzten Jahren – weg vom vielen Posten, hin zum stärkeren Beobachten und zur Kommunikation innerhalb immer kleinerer Micro-Gruppen – geändert hat. Und mit dieser Fokus-Verschiebung hin zum Privaten liege ich heute ziemlich im Trend, wie viele Studien zeigen.

Apropos Google+: Viele glauben, wer seine eigenen Veröffentlichungen fleißig auf Google+ postet, steht dadurch in den Ergebnissen der Google-Suche weiter oben. Was ist dran an diesem Zusammenhang?

In der Vergangenheit haben viele Google+ vor allem genutzt – und dazu zählte ich auch -, um eine möglichst hohe Sichtbarkeit bei Google zu erreichen. Dies lag darin begründet, dass Google die Google+-Beiträge in der Suche prominent platziert und visuell hervorgehoben hat. Im Zuge des Umbaus von Google+ hat Google in den letzten Monaten diesen Vorteil schrittweise deutlich heruntergefahren. Wie stark sich überhaupt heute noch Aktivitäten auf Google+ auf die eigene Sichtbarkeit auswirken, ist umstritten und Thema vieler heftiger Forumsdiskussionen. Ich selbst habe auf jeden Fall keine größeren Vorteile mehr für meine Posts bemerkt, sondern nutze Google+ selbst heute stärker für meine persönliche Community-Pflege in Fachgruppen.

Der Markt an Social Media-Tools wirkt nahezu überschwemmt. Von Buffer bis Hootsuite bieten die Plattformen unterschiedlichste Leistungsumfänge. Haben Sie eine klare Empfehlung?

Einfache Frage – klare Antwort: Nein ;-). Ich selbst nutze Buffer für die Planung von Inhalten, HootSuite für geordnete kanalweite Postings und insbesondere zum Monitoring, den SocialHub für ein Community Management und Monitoring, Pocket, Refind und insbesondere Diigo für das Merken von Beiträgen, die mir wichtig erscheinen sowie eine ganze Liste an weiteren größeren wie kleineren Tools. Diese tausche ich regelmäßig aus, da der Markt extrem in Bewegung ist. Jeder Kommunikationsverantwortliche hat hier die Aufgabe, sich den Markt genau zu beobachten und die für ihn passenden Tools und Werkzeuge zu finden. Einen generellen und allgemein gültigen Tipp kann ich im Dickicht fast täglich neuer Tools hier – leider – nicht geben. Sorry.

Die großen Player unter den Plattformen ändern ihre Algorithmen fortlaufend und führen beinahe täglich neue Funktionen ein. Beispiel Instagram: Hier beherrschen die „Stories“ vom einen auf den anderen Tag plötzlich aus Snapchat bekannte Filter. Wie können Unternehmen solche Neuerungen für sich nutzen?

Copy Cats Social Media

Social Media Copy Cats: Jeder liefert dasselbe.

In den letzten Monaten ist wirklich zu beobachten, dass alle Social Media–Plattformen irgendwie alles anbieten wollen: Alle bieten Live-Übertragungen, alle liefern Stories, bei allen verschwinden die Beiträge irgendwann; und alle stärken zudem den Private Messaging Bereich weiter, wie es Facebook zum Beispiel gerade auch mit der Aufwertung der Gruppen macht. Eine hübsche Grafik auf der News-Seite recode trägt daher völlig berechtigt den Titel „Copy Cats“.

Die große Herausforderung für Unternehmen in diesem Kontext heißt „Community Building“. Letztendlich kommt es nicht darauf an, ob sie auf allen Kanälen gleich aktiv sind; oder welcher Kanal gerade besonders stark angesagt ist. Entscheidend ist, ob es ihnen gelingt, in den Kanälen eine eigene Community aufzubauen, die ihre Beiträge wiederum als Multiplikatoren in ihre eigenen Kanäle weiterträgt – und dies natürlich stets abgestimmt mit der Kommunikationsstrategie. Ohne Community werden die eigenen Inhalte wirkungslos verpuffen – unabhängig davon, ob wir jetzt von Instagram, Snapchat, Pinterest oder beispielsweise YouTube sprechen. Dass die Vernetzung und der Aufbau einer Community auf Instagram im Vergleich zu Snapchat gerade durch die Eingliederung ins Facebook-Universum deutlich einfacher ist, hat mit Sicherheit den Trend hin zu Instagram befeuert. Hier darf man wirklich gespannt sein, wie das Wettrennen der Social Media-Plattform-Anbieter weitergeht. Es bleibt auf jeden Fall spannend.

Das Internet ist weltweit erreichbar. Welche Chancen haben lokale und regional tätige Firmen, ihr(e) Produkt(e) dort zu vermarkten?

Weltweite Erreichbarkeit auf der einen Seite und lokale bzw. regionale Unternehmen auf der anderen Seite – das ist für mich keineswegs ein Widerspruch. Nehmen wir ein ganz einfaches Beispiel: Wenn Sie nach einem neuen Restaurant in Ihrer eigenen Stadt suchen, dann orientieren Sie sich wahrscheinlich an Bewertungen auf Foursquare, Yelp, Tripadvisor oder direkt auf Google. Das sind alles weltweite Anbieter. Wenn ein Restaurant dort nicht präsent ist, werden Sie es nicht finden und nicht in Betracht ziehen. Es existiert in Ihrem Kopf de facto nicht. Das Beispiel ließe sich problemlos auf viele andere Produkte übertragen. Das soll zeigen, wie stark heute lokal, regional, international miteinander vernetzt ist und warum es gerade für lokale und regionale Anbieter entscheidend darauf ankommt, dort präsent und sichtbar zu sein. Ansonsten werden sie von neuen Kunden nicht mehr gefunden werden und bei vielen bestehenden in Vergessenheit geraten.

Ein wenig weiter gedacht reicht es nicht, seine Aktivitäten heutzutage nur auf Social Media zu beschränken. Sie haben ein Buch über die „Digitale Kommunikationsstrategie“ geschrieben. Was kann man sich unter diesem Begriff vorstellen?

Fachbuch Kommunikationsstrategie im digitalen Zeitalter

Dominik Ruisinger: Die digitale Kommunikationsstrategie

Der Hype um Social Media hat dazu geführt, dass Unternehmen Social Media–Kanäle teils als Heilsbringer gesehen haben: Für alle Fragen. Für alle Herausforderungen in Kommunikation, Marketing und Vertrieb. Zur Lösung aller Probleme. Nur: So funktioniert Kommunikation heute nicht! Wir müssen viel stärker die kommunikative Herausforderung in den Vordergrund stellen und dann – wie oben schon erwähnt – strategisch die dafür passenden Instrumente und die adäquate Vorgehensweise auswählen.

Mit dem Begriff „Digitale Kommunikationsstrategie“ habe ich daher ganz bewusst dem Begriff „Social Media Strategie“ einen erweiterten Begriff übergestülpt. Dieser beinhaltet neben den Social Media–Werkzeugen auch etablierte wie neu aufgekommene Instrumente wie E-Mail-Marketing, Online-Pressearbeit, Webseite, Messenger-Dienste, Bots oder Apps, die passend zur eingeschlagenen Kommunikationsstrategie und zur ganzheitlichen Unternehmensstrategie einzusetzen sind. Ich will damit auch verdeutlichen, dass im Rahmen einer Digitalen Kommunikationsstrategie es meist nicht ausreicht, sich allein auf Social Media zu fokussieren, beispielsweise wenn man bedenkt, dass bei weitem nicht alle Menschen in Deutschland über Social Media-Instrumente zu erreichen sind. Den Begriff „Digitale Kommunikationsstrategie“ sollten Sie daher als ein Appell wahrnehmen, sich nicht gleich auf Social Media zu stürzen, sondern strategisch-analytisch an die kommunikative Herausforderung heranwagen sollten und sich nicht von einem bereits im Kopf vorhandenen Werkzeug den Blick auf das Wesentliche verschleiern sollten.

Schon der Umfang so einer „Digitalen Strategie“ lässt erkennen, dass sich diese Herausforderung nicht mal eben nebenbei von einem Mitarbeiter bewerkstelligen lässt. Müssen KMU jetzt zwingend neue Jobs schaffen, um erfolgreich zu sein?

Die Kommunikation hat sich in den letzten Jahren extrem gewandelt. Und dieser Wandel ist weit davon entfernt, ein Ende gefunden zu haben. Ganz im Gegenteil. Doch ob man jetzt neue Jobs schaffen muss, kann ich generell nicht sagen. Ich gehe aber davon aus. Was ich aber mit Sicherheit sagen kann, ist, dass die Jobs und Jobprofile sich sehr stark verändern werden. Unternehmen müssen also massiv Geld und Zeit in die Fortbildung ihrer Mitarbeiter, in erweiterte Ressourcen finanzieller und zeitlicher Art, in den Ausbau ihrer technischen Infrastrukturen stecken. Genau davor schrecken gerade viele KMU noch zurück. Sie müssen sich immer wieder bewusst werden: Die Digitalisierung samt digitaler Kommunikation ist da. Und sie geht auch nicht mehr weg. In Verantwortung für ihre eigenen Organisation müssen sie jetzt die durchaus weitreichende Entscheidung treffen, ob sie den Weg heute mitgehen wollen – rechtzeitig, strategisch, an der Spitze mit Blick auf die Zukunft – oder ob sie später irgendwann die große Aufholjagd einleiten müssen. Ob diese dann noch für die erste Liga reicht, daran habe ich bei vielen meine Zweifel. Diese Entscheidung zu treffen – und dies rechtzeitig -, dies ist eigentlich die größte Herausforderung, vor der KMU in den nächsten Jahren, nein, besser Wochen und Monaten, stehen.

Vielen Dank für das Interview!