Mitte Mai erscheint mein neues Buch »Das Ende von Social Media«. Doch auch ansonsten scheint die Branche der digitalen Kommunikation schwer in Bewegung zu sein. Beispielsweise wirft schon heute das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz seine Schatten voraus – mit Relevanz für Text und Usability quer durch alle Plattformen. Über dies und einige weitere Themen berichten meine Gedankenspiele-Lesetipps.
Gute Inspirationen wünsche ich wieder allen!
In eigener Sache
Neues Buch: „Das Ende von Social Media“ Wie einige schon wissen: Ich habe mal wieder ein Buch geschrieben. »Das Ende von Social Media« erscheint Mitte Mai. Es ist keine Abrechnung, sondern ein Aufruf zu einem neuen, stärker integrierten Denken und insbesondere Handeln – gerichtet an Individuen sowie an Unternehmen. Darum lautet auch der Untertitel: »warum wir die digitalen Netzwerke neu denken müssen«. Erste Infos habe ich schon mal hier auf meiner Webseite bereitgestellt. Mehr dazu im kommenden Newsletter.
Zahlen, Studien, Gesetze
DSA: 6,2 Mio. nutzen LinkedIn monatlich Die Suche nach aktuellen Nutzerzahlen ist nicht immer einfach – gerade auch bei LinkedIn. Gut, dass es DSA Transparency Report gibt. Danach loggen sich aktuell 6,2 Millionen Deutsche monatlich bei LinkedIn ein.
Studie: LinkedIn = Knotenpunkt für PR und Marketing Wie nutzen Unternehmen ihre Social-Media-Auftritte? Das PR-Journal berichtet über eine aktuelle Studie von Metricool. Darin zeigt sich, wie sich LinkedIn immer stärker zum erfolgreichen Knotenpunkt für PR und Marketing entwickelt, gerade wenn auf Karussell-Posts, auf Qualität statt Quantität, auf Interaktion und kurze Videos gesetzt wird.
Gesetze: BFSG = Barrierefreier Social Content für jeden Channel Ab 2025 tritt das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSG) in Kraft. Spätestens dann müssen die Inhalte auf die Bedürfnisse aller Menschen abgestimmt sein bzw. für diese zugänglich sein. Was bei der Kreation von inklusivem und barrierefreiem Social-Media-Content zu berücksichtigen ist, beschreiben diese Vorschläge.
Soziale Medien & Co.
TikTok-SEO: Tipps zur Verbesserung der Sichtbarkeit In der Welt der digitalen Kommunikation verschmelzen die Disziplinen immer stärker – wie Social Media und SEO. Neben YouTube, Instagram und LinkedIn betrifft dies auch TikTok. Dieser Blogpost liefert die Basix für TikTok SEO samt wichtiger Rankingfaktoren, um eine höhere Sichtbarkeit zu erreichen.
TikTok: Die Gründe hinter der Longform-Offensive Auf TikTok können seit kurzem Videos mit einer Länge von bis zu 30 Minuten publiziert werden. Warum dieser Schwenk hin zu Long-Formaten? Will TikTok damit v.a. YouTube Konkurrenz machen? Oder gar Netflix? Oder neue Ad-Möglichkeiten anbieten? Mehrere Experten schätzen die Situation ein.
LinkedIn: Thought Leader Ads Thought Leader Ads auf LinkedIn bedeuten seit 2023 eine große Wende, insbesondere in Zeiten von Social CEO und Corporate Influencer Programmen. Seitdem ist es möglich, persönliche Storys und fachliche Beiträge von einzelnen Personen zu bewerben. Der Beitrag taucht tief in diese Chancen ein – von der Konzeption bis zur Erfolgsmessung.
Werbung bei Google & Co.
Meta-Ads: Learnings aus 20 Mio. Euro Ad Spend »Gute Messages und Creatives sind größtenteils verantwortlich für den Kampagnenerfolg« bei Instagram und bei Facebook. So lautet ein Fazit in diesem Nerds-Gastbeitrag. Vor allem sollte man bei der Ad-Gestaltung dem Algorithmus vertrauen. Gute Hinweise also für die nächste Ad-Strategie in den Meta-Netzwerken.
Google-Ads: Keyword-Recherche in 6 Schritten Nicht nur für SEO, sondern auch für Google Ads bildet die Keyword-Recherche die Basis für erfolgreiche Kampagnen. Dazu sind Keywords mit einer hohen Kaufintention zu identifizieren. Auf die richtige Vorgehensweise und die Rolle des Google Ads Transparency Center geht dieser Post ein.
E-Mail-Marketing & -Newsletter
KI: Möglicher Gamechanger für das E-Mail-Marketing Welche Rolle spielt KI beim E-Mail-Marketing? Wie können beide zusammenspielen? Dieser Artikel stellt Aspekte vor, die von den Vorteilen der KI profitieren. Dazu zählen Personalisierung und Segmentierung, Automatisierung, Optimierung von Betreffzeilen, effizienteres Texten, automatisierte A/B-Tests, Analyse des Verhaltens etc.
Tools: Hilfreiche Newsletter-Lösungen im Überblick Wer auf der Suche nach einem neuen Newsletter-Tool bzw. E-Mail-Marketing-Tool ist, für diejenigen hat t3n eine gute Übersicht geschaffen. Darin werden deutsche wie internationale Lösungen kurz beschrieben. Hilfreich!
In den letzten Wochen habe ich viel mit dem Thema AI, ChatGPT und mit diversen Chatbots herumgespielt. Schließlich ist dies nicht nur eines der aktuellen Trends unserer Zeit, sondern mit Sicherheit auch eines der Kernthemen der nächsten Jahre. Und dies gerade für Personen wie mich, die sich tagtäglich mit der Entwicklung, den Strategien, den Kanälen und den Texten der Kanäle in der digitalen Kommunikation beschäftigen. Doch wie gut ist die AI im Bereich Online-Texten? Ein ausführlicher Praxistest.
Vor gut einem Jahr habe ich ein Buch über das Online-Texten geschrieben und publiziert. In diesem habe ich mich ausführlich mit unserem Leseverhalten, mit Aufbau und Strukturierung von Texten, mit der Rolle von SEO u. v. a. m. beschäftigt – hinsichtlich von Texten für Webseiten, Blogs, Newsletter und Social-Media-Kanäle. In diesem Zusammenhang hatte mein lieber Kollege und Freund Andreas Schöning einen Gastbeitrag zum »Automatisierten Texten« geschrieben – und dabei die damals bei uns schon vorhandenen Tools vorgestellt und praktisch angewendet.
ChatGPT – Ergebnisse aus Sicht eines Online-Texters
Dies war der Anfang einer Entwicklung. Doch spätestens seit ChatGPT by Microsoft, Bard by Alphabet oder Ernie by Baidu hat das Thema gerade in den letzten 3 Monaten extrem an Fahrt aufgenommen. Natürlich wird dies die Arbeit jeder Texterin und jedes Texters verändern. Seitdem wird viel über die Chancen und Vorteile sowie die Risiken und Einschränkungen diskutiert.
Nur: Wie gut sind die Tools denn wirklich in der Praxis, wenn man das Ergebnis mit den zentralen Regeln des Online-Textens spiegelt? Und wen könnte man dazu am besten fragen? Natürlich ChatGPT selbst. Also habe ich ihm die folgende Frage und Aufgabe gestellt:
Frage an ChatGPT zum Online-Texten
Sehen wir uns das Ergebnis aus Sicht einer Profi-Texterin oder eines Profi-Texters genauer an und bewerten es nach Schulnoten: Also Titel, Teaser, Fließtext.
1) Der Titel: Schulnote befriedigend
Der Titel von ChatGPT zum Online-Texten
Formelles: Der Titel ist klar und verständlich formuliert und bringt das Thema auf den Punkt. Das ist okay. Technisch wählt ChatGPT eine Kombination aus Spitzmarke »Gute Online-Texte schreiben« und Listicle (»Tipps für eine erfolgreiche Online-Präsenz«). Erwartet wird bei diesem Titel ein Listicle-Artikel, der sich schnell überfliegen lässt. Noch besser wäre es gewesen, der Leserin sofort die Zahl der Tipps anzuzeigen – à la: »Diese 7 Tipps werden dir helfen«. Zudem stolpert die Leserin über die Dopplung »Online-Texte« + »Online-Präsenz«. Diese ist nicht notwendig und führt mit dem Begriff »Online-Präsenz« sogar etwas in die Irre.
SEO: ChatGPT hat die Keywords »Online-Texte« und »Tipps« integriert. Diese Begriffe sind okay, aber nicht unique. Schließlich gibt es zahlreiche weitere Texte mit diesen Keywords, mit denen der Text konkurrieren wird. Zudem ist der Titel – durch die Dopplung – mit 71 Zeichen und 638 Pixel zu lang – und wird damit von den meisten Systemen abgeschnitten.
Fazit: Zusammengefasst hätte ein Online-Texter zwar nicht unique, aber dafür einfacher getitelt:
»Die 7 wichtigsten Tipps für bessere Online-Texte«.
2) Der Teaser: Schulnote ausreichend
Teaser geschrieben von ChatGPT zur Frage zum Online-Texten
Formelles: Wir leben in einer Zeit der kurzen Zeitfenster. Die meisten von uns sind Skimmer oder Scanner, die Beiträge querlesen oder überfliegen. Jeder überflüssige Satz und jede offensichtliche Wiederholung ist erschwerend. Teaser müssen daher Titel ergänzen und nicht wiederholen. Vor allem müssen sie Leserinnen und Leser direkt in den Text hineinziehen. Die Wiederholung des Titels im Teaser in unserem Beispiel ist dagegen ermüdend.
Stattdessen sollten wir bei Teasern nach dem Reiz-Kernthese-Rampe-Schemata vorgehen, wie die Vorgehensweise beim Spiegel heißt. Einfach gesagt:
Der 1. Satz muss reizen und hineinziehen,
der 2. kann erklären und News aufzeigen,
der 3. soll Neugierde und Lust erzeugen, um den Klick (CTA) zu provozieren.
Zumindest der letzte Satz kündigt ganz gut an, was die Leserin weiter erwarten kann, auch wenn der Satz mit »hier erfahren Sie« sehr passiv und mit einem schwachen Verb formuliert wurde.
SEO: ChatGPT wiederholt im 1. Satz sofort die Begriffe aus dem Titel, um diesen – auch gegenüber Suchmaschinen – eine besondere Bedeutung zu geben. Diese Vorgehensweise hat vieles von ihrer früheren Relevanz verloren, insbesondere dann, wenn der Teaser nur den Titel in denselben Begriffen wiederholt. Zudem ist der Teaser mit 375 Zeichen und 946 Pixel von der Länge gerade noch passend, auch wenn er von Systemen abgeschnitten werden könnte.
„Ob Webseite, Blog, Magazin oder Social-Media-Kanal: Online-Texte sind entscheidend für den Erfolg im Netz. In diesem Beitrag liefern wir Ihnen 7 Schreibtipps, damit Ihre Textbeiträge besser ankommen: zu Zielgruppen, Strukturen, Sprache, Visualisierung und Sichtbarkeit.“
3) Der Fließtext: Schulnote befriedigend
Fließtext von ChatGPT zum Thema Onllne-Texten
Formelles: Wer Leserinnen dazu gebracht hat, sich nach dem Titel und dem Teaser mit dem Fließtext zu beschäftigen, hat schon einiges erreicht. Jetzt kommt es darauf an, ihre Neugierde sofort mit weiteren Mehrwerten zu binden.
Einstieg: ChatGPT steigt jedoch mit einem Allerweltssatz ein »Ein guter Online-Text ist für das World Wide Web unerlässlich.« Spätestens jetzt ist die Leserin eingeschlafen und auf jeden Fall weg. Auch der weitere Inhalt des ersten Absatzes bringt immer noch keinen Mehrwert, auf den die Leserin aber sehnsüchtig lauert. Verschenkte Lebenszeit, wird sie sich denken.
Format: Ab dem 2. Absatz kommen wir zu den Inhalten. Ab hier hapert es am Format. Im Titel war von Tipps gesprochen worden – dies verbinden die meisten Menschen mit einer Aufzählung. ChatGPT schreibt aber einen nur leicht gegliederten Fließtext. Im Vergleich zu einem Listicle lässt sich dieser Text nur schwer querlesen. Dies wird dadurch verstärkt, dass der Texte weder Zwischentitel beinhaltet, noch nach dem Prinzip der umgekehrten Pyramide aufgebaut ist. Dieses besagt, dass die wichtigsten Argumente möglichst weit oben stehen sollten.
Inhalt (veraltet): Inhaltlich ist der Text in Ordnung. So werden hilfreiche Tipps bei der Redaktion eines Online-Textes aufgezählt – zumindest bis zu der Stelle, in der der Text abgebrochen wird. Jedoch scheint der etwas brave Text aus einer vergangenen Zeit zu stammen. So fehlt doch einiges, was heutzutage modernes Online-Texten ausmacht:
Was ist mit der Fettung der zentralen Begriffe, um das Leserinnen-Auge besser zu leiten?
Was ist mit dem Verlinken verwandter interner wie externer Texte und Dokumente, wenn sie einen wirklichen Mehrwert zum Text beisteuern?
Was ist mit dem Setzen von Hashtags, um beispielsweise die interne Navigation zu erleichtern?
Was ist mit der Integration nicht nur von Bildern, Grafiken oder Tabellen, sondern auch von Videos und Social-Media-Postings wie Tweets etc.?
Was ist mit den Sharing-Optionen, um den Beitrag in die Social-Media-Welt zu teilen? Ganz nach dem KISS-Prinzip: „Keep it significant and shareable“?
Dies sind sicherlich nur einige Aspekte. Andere Kriterien wie das F-Pattern können hier nicht angewandt werden, da ChatGPT bei der Textausgabe natürlich auf Gestaltungselemente verzichtet.
Fazit: Chatbots liefern die Pflicht, Menschen die Kür
Bin ich als Texter oder Texterin heute überflüssig? Stand heute keineswegs. Benötige ich mein Wissen heute noch, was ich im Rahmen meiner journalistischen und PR-Wege errungen habe? Auf jeden Fall.
Artificial Intelligence Tools jeglicher Art sind wirkliche fantastische Hilfsinstrumente – mit Betonung auf Hilfe. Sie helfen mir nicht nur, Bilder (wie das Titelbild via DALL-E) oder Videos (z.B. mein Parfüm-Video via QuickVid.ai) über die Plattform OpenAi oder andere zu erstellen. Als Texter helfen sie mir gerade auch dann, wenn ich mal wieder vor einem leeren Blatt Papier verharre und den ersten Kreativ-Tritt in den Allerwertesten benötige.
Video über Parfüms von Dominik Ruisinger via QuickVid
Final gesagt: Solche Hilfsinstrumente liefern einen Rahmen, der sich dann optimieren lässt. Dies habe ich an meinem Beispiel mit den Regeln des modernen Online-Textens geschildert, die ich in meinem aktuellen Buch »Praxis Online-Texten« ausführlich beschreibe. Also: Chatbots liefern die Pflicht, Menschen die Kür. Und das wird sicherlich noch eine Weile so bleiben.
In den letzten Wochen gab es eine Konstante in der Öffentlichkeit: die Kritik an Elon Musk nach der Übernahme von Twitter. Wie rücksichtslos er mit Mitarbeitenden umgeht. Was für ein Gebaren er pflegt. Was für Ideen er hat, negiert, verwirft. Und was für eine Unsicherheit er Twitter beschert. Alles richtig. Doch in diesen Diskussionen steckt eine Doppelmoral. Nicht, dass ich Musk verteidigen will. Aber vielen Menschen möchte ich gerne zurufen: „Das ist doch alles schon lange bekannt, damned!“ Ein Gedankenspiel als Anstoß für ein besseres Jahr 2023.
Vor genau einem Jahr wählte das Time-Magazin Elon Musk zur „Person of the Year.“ Ein Jahr später zählt er zu den meistgehassten Personen des Internets. Oder zumindest der Social-Media-Blasen – speziell bei uns. Denn Massen-Entlassungen, Team-Rausschmisse, Zorn-Ausbrüche, Zickzack-Kurse, Dauer-Widersprüche pflastern seinen Weg, seitdem er mehr oder weniger erzwungen Twitter übernommen hat. Ja, genau diese Plattform, die in Deutschland mit 4 Prozent Daily Usern ein Stiefmütterchen-Dasein fristet und in deren Blase sich vor allem Medien, Kommunikationsleute, News-Junkies und etwas Politik und Wissenschaft tummeln. Wie kam es zu diesem Absturz?
Wirklich neu? Nein.
Bei all den – berechtigten – Vorwürfen der letzten Wochen hatte ich oft das Gefühl, all dies schon mal gehört bzw. gelesen zu haben. Und richtig:
„Er ist weniger ein CEO auf der Jagd nach Reichtum als ein General, der seine Truppen zum Sieg kommandiert.“
Buch von Ashlee Vance über Elon Musk aus dem Jahre 2015
Dieses Zitat stammt nicht von heute. Sondern aus der Biografie „Elon Musk“ des südafrikanischen Journalisten Ashlee Vance. Aus dem Mai des Jahres 2015 und damit mehr als 7 Jahre alt. Also habe ich mir das Werk zwischen den Jahren nochmals vorgenommen. Übrigens kein Geheimtipp: Ein Spiegel-Bestseller.
General Musk und seine Truppen
Drehen wir dazu die Zeit etwas zurück:
„Seit mittlerweile zwei Jahrzehnten ist Musk als Unternehmer tätig und in dieser Zeit hat er eine Spur von Menschen hinter sich gelassen, die ihn entweder bewundern oder verachten.“
Vance beschreibt Musk als Visionär, der unserer Zeit oft voraus war und ist. Zurecht. Wer sich die Liste der Zukunftsprojekte durchliest, an denen er beteiligt ist, trifft ganz aktuell auf die Non-Profit-Initiative OpenAI. Damit hat Elon Musk zusammen mit Microsoft genau diesen Chatbot finanziert, mit dem wir gerade alle spielen und Texte – aber nicht diesen hier! – schreiben lassen.
Dies ist nur eines seiner Zukunftsprojekte. Wie sagte seine Ex-Frau Justine über ihn doch so kennzeichnend:
„Er tut, was er will, und dabei ist er gnadenlos. Es ist Elons Welt und der Rest von uns lebt auch darin.“
Ihr Zitat macht deutlich: Elon Musk ist ein Egoist, ein Besessener, ein Machtmensch, ein rücksichtsloser Wirtschaftsboss, aber auch ein Vordenker, ein Macher, ein Hard Worker, ein Mann ohne Kompromisse, ein leidenschaftlicher Verrückter, ja, ein von sich selbst Gehetzter. Ein Feldherr, der in seinen Mitarbeitenden übrigens seine hauseigenen Truppen sieht, zumindest für die Zeit, für die er sie benötigt.
Fast alles schon bekannt
Nein, ich bin kein Freund von Elon. Aber – und dies sollten wir uns bewusst sein – all dies wissen wir schon seit bald 10 Jahren. Zumindest jene, die Buch oder eine der zahlreichen Kritiken gelesen haben. Nehmen wir uns einige Kritikpunkte vor:
Musk fehlt jegliche Empathie. Ob der Mangel an Loyalität und menschlicher Bindung auf sein angebliches Asperger-Syndrom zurückzuführen ist, ist offen. „Er weiß nur, was zum Teufel er erledigt haben möchte. Wer sich an diesen Kommunikationsstil nicht gewöhnen konnte, dem erging es nicht gut.“
Musk agiert rücksichtslos bezogen auf Mitarbeitende. Er feuert hochrangige Führungskräfte – selbst lang gediente – Vertrauenspersonen, wenn sie nicht mehr seinen Vorstellungen entsprechen oder deren Leistungen er unterdurchschnittlich findet. „Ich würde sagen, dass die Leute sehr viel Zeit für ihre Familien haben werden, wenn wir pleite sind.“ (Elon Musk)
Musk kontaktiert Mitarbeitende auch gerne am Wochenende und erwartet dann von ihnen, dass sie sofort in der Firma erschienen – selbst wenn sie beispielsweise gerade bei der Geburt ihres Kindes dabei sein wollen. „Sie müssen klären, wo Ihre Prioritäten liegen. Wir verändern die Welt und die Geschichte und entweder sind Sie dabei oder nicht.“ (Elon Musk)
Musk forderte von seinen Mitarbeitenden immer Höchstleistungen. Nur die besten und über ihre Grenzen hinausgehenden können einen Arbeitsplatz haben.
Musk drohte ebenfalls bereits an, Tesla und SpaceX aus finanziellen Gründen zu schließen, wenn nicht bestimmte Erfolge erreicht werden. Tesla sollte – so die Idee damals – an Google verkauft werden. (Btw: Auch Twitter sollte in den Krisenzeiten der Vergangenheit mal an Google gehen.)
Musk „wechselt seine PR-Mitarbeiter notorisch schnell aus“ bzw. verbrauchte „mit fast schon komischer Effizienz“ PR-Personal. Auch bei Tesla strich der Kontrollfreak ab und an die Pressestelle und verfasste selbst „kämpferische Texte“, um kritische Behauptungen zu widerlegen.
Musk hatte schon immer Zweifel am Börsengang seiner Unternehmen, da er auf diese Weise die vollständige Kontrolle verlieren könnte.
Ein Zeichen von Doppelmoral
Nicht, dass ich diese Wesenszüge positiv finde. So wünsche ich mir keinen CEO. Nur: Die Mitarbeitenden hatten schon damals „keinerlei Illusionen über Musks Persönlichkeit, aber höchsten Respekt für seine Vision und Dynamik bei ihrer Umsetzung“. Auch das steht in der erwähnten Biografie.
Warum ich das hier hervorkrame: All diese Aussagen sind damit 7 Jahre alt. Wenn ich mich parallel dazu an meine Twitter- und LinkedIn-Timelines vor 12 bis 24 Monaten erinnere, dann frage ich mich heute:
Was ist mit den Personen, die Musk als neuen Revolutionär, als Gott der Mobilität, als Vordenker, als Messias der Elektromobilität in den Himmel gehoben haben?
Was ist mit den Personen gerade aus Politik, Wirtschaft und Medien, die sich mit ihm als „Rockstar“ unbedingt in der Öffentlichkeit zeigen wollten?
Was ist mit den Personen, die seine revolutionäre Denke lobten und kürzlich erst jubelten, als Musk in Brandenburg ein Tesla-Werk eröffnete?
Was ist mit den Personen, die vor wenigen Jahren stolz auf Twitter verkündet hatten, dass sie die ersten seien, die einen Tesla Model S bestellt hätten?
Was ist mit den Personen, die insbesondere in den Jahren 2020 und 2021 die Tesla-Aktie als Lieblingspapier auserkoren, wie sich dem Ranking der beliebtesten Aktien 2021 entnehmen lässt, bevor die Aktie 2022 abstürzte?
Warum also jetzt?
Wo sind die alle denn geblieben? Sind sie mit ihren Meinungen untergetaucht, weil diese derzeit nicht mehr en vogue sind? Oder haben sie alle umgedacht und loben sich jetzt dafür, Twitter gegen Musk zu verlassen? Nur – und das frage ich mich aktuell: Woher kommt dieser plötzliche Umschwung? Wollten wir damals alle einfach nur die Augen verschließen? Weil wir fasziniert waren von Fortschritt, Innovation, ja Revolution und weil wir deshalb über vieles hinweggesehen haben? Müssten wir uns dann nicht selbst viel tiefer hinterfragen?
„Twitter und Tesla, das sind doch zwei unterschiedliche Dinge.“
Das lese ich häufig. Moment. Ja. Aber immer noch derselbe Kopf, Elon Musk. Nur mit dem Unterschied, dass er Tesla – mehr oder weniger – mitgegründet und Twitter gekauft hat.
Elon Musk = »Hassfigur der Spießer«
Wie gesagt: Sein aktuelles Twitter-Gebaren ist eine 1-zu-1-Kopie seiner früheren Projekte, sein Verhalten nicht nur durch das Buch bekannt. Und dieses lag keineswegs nur in Pusemuckel auf dem Gabentisch neben der Toilette; es stand immerhin als Spiegel-Besteller auf der Shortlist zum Deutschen Wirtschaftsbuchpreis 2015 und wurde extrem häufig verschenkt, rezensiert, beschrieben, verlinkt – im Netz und in den Social-Media-Blasen.
»Hassfigur für deutsche Spießer« betitelte Mirna Funk ihr Porträt über Elon Musk für die Welt. Weil er für alles stehe, was Deutschland nicht begriffen hätte. Etwas platt für mich. Ich hoffe, dass die Autorin damit nicht recht hat. Stattdessen sollte sich besser jeder und jede eingehend ein Bild von dieser Person machen, bevor es in den Love- oder Hate-Kalender gepackt wird. Dazu liefert das Buch einiges an Antworten –für die Elon-Jünger, für die Musk-Moralistinnen und für die Menschen dazwischen.
Wir benötigen mehr Grau. Punkt.
Sascha Lobo schreibt auf Mastodon: „Ich hoffe, dass ich mich irre. Aber ich glaube nicht, dass Mastodon Twitters Platz einnimmt.“ Ich auch nicht, wie ich in meinen 15 Thesen für das Jahr 2023 ausgeführt habe. Aber wird Twitter überleben? Wahrscheinlich. Aber in einer anderen Form, als wir es aktuell kennen. Nur wie es später konkret ausschaut, das wissen wir alle noch nicht:
ob mit 280 oder 4.000 Zeichen,
mit oder ohne blauen Haken,
mit oder ohne Pressestelle,
mit oder ohne politische Werbung, Shadow-Banning oder Community Notes,
mit oder ohne Links zu anderen Social-Media-Plattformen,
mit Elon oder einem anderen CEO an der Twitter-Spitze.
Darum meine finale Empfehlung: „Keep calm and don’t overact.“ Denn fliehen können wir immer noch.
Vor längerer Zeit habe ich ein längeres Plädoyer für „mehr Grau in der Sprache“ gehalten. Auch das hier ist ein Beispiel, warum wir es so dringend benötigen. Also etwas Herunterkommen von den radikalen Positionen; etwas mehr Offenheit und Dialog wagen; etwas weniger schwarz, weniger weiß, sondern mehr grau – auch als Beitrag für ein friedvolleres neues Jahr, nicht nur in den sozialen Medien.
Während ich mein neues Buch „Praxis Online-Texten“ geschrieben habe, habe ich mehrere hundert Tools ausprobiert. Denn zu einem Leitfaden, der viel Wert auf die praktische Umsetzung legt, gehören diese einfach dazu. Und gerade für Online-Texterinnen und -Texter gibt es eine ganze Menge an hilfreichen Werkzeugen – neben auch vielem unnützen Zeug. Wenn man jetzt aus weit mehr als 150 Tools, die letztendlich den Weg ins Buch gefunden haben, seine Lieblings-Tools auswählen soll, dann fällt zumindest mir dies extrem schwer. Denn natürlich kommt es immer darauf an, für welchen Zweck ein Tool benötigt wird: Will man die Lesbarkeit überprüfen? Sucht man kreative Begriffe und Ideen? Oder passende Keywords für eine SEO-Strategie?
Im Folgenden stelle ich 21 Tools in 7 Kategorien vor. Plus noch ein Zusatz-Tool, ganz am Ende. Dabei handelt es sich um kostenlose Tools, die ich selbst regelmäßig im Einsatz habe und die einfach zu bedienen sind.Ach ja: Wenn ein wirklich wichtiges Tool fehlt: Einfach in die Kommentare packen. Also Tool ab!
Ach ja: Rechtschreibung und Grammatik zählen wohl zu den aussterbenden Spezies. Dieser Eindruck drängt sich auf, wer sich durch Blog‑, Webseiten‑, Social Media oder Messenger-Texte bewegt. Für Abhilfe sorgt dieses wunderbare PlugIn LanguageTool, das Texte überall im (Social) Web auf Korrektheit und Schreibstil prüft und Korrekturen vorschlägt.
Am 16. September erscheint erschien mein neues Werk: „Praxis Online-Texten“ ist ein wirklicher Praxis-Leitfaden für das Schreiben für Webseiten, Blogs, E-Mail-Newsletter und Social Media Posts. In diesem Blog-Beitrag publiziere ich die Einleitung zum Buch. Auf diese Weise will ich etwas hinter die Beweggründe für dieses Buch blicken lassen und hoffentlich Lust auf meinen neuen Leitfaden machen. => Tipp: Das Buch lässt sich übrigens bereits hier vorbestellen.
Webseiten, Microsites, Landingpages, Online-Magazine, Blogs, E-Mail-Newsletter, Social Media Posts: Alle benötigen Text – mal in leitender, mal in begleitender Funktion. Aber immer darauf ausgerichtet, Besucher, Leserinnen, Abonnenten, Social Media Nutzer möglichst direkt auf den Kern des Inhalts zu lenken. Zeit ist schließlich ein Faktor, der vielen fehlt. Online lesen sie langsamer, scannen häufiger, verstehen schwieriger, sind weniger aufmerksam und schneller abgelenkt. Texte müssen ihnen hier Orientierung bieten. Texte brauchen aber auch selbst Orientierung. Denn nur dann kann sich das Auge auf die relevanten Begriffe, Themen, Inhalte fokussieren.
Doch wie müssen Texte im Web dazu aufgebaut werden, dass sie sofort wahrgenommen werden? Wie müssen Texte formuliert sein, dass sie die Leserinnen begeistern? Wie können Texte Impulse setzen, dass Interessenten vom Text aus direkt auf einen verlinkten Beitrag springen?
„Praxis Online-Texten“ ist ein praxisorientierter und mit Tools, Tipps und Beispielen vollgestopfter Leitfaden für Texter, Redakteurinnen, Autorinnen, Kommunikationsexperten und Medienleute, Content-Spezialisten und Social Media Schreiberlinge. Vor allem ist ein Buch für Menschen, die Freude haben, sich mit dem geschriebenen Wort zu beschäftigen und die ihre Texte für das Web weiter und professionell optimieren wollen.
Ein Praxis-Leitfaden zum Online-Texten
Mein neuer Leitfaden soll ihnen zu verstehen helfen, wie Online-Texte funktionieren, wie Online-Texte gelesen werden, worin sich Online-Texte von Print-Texten unterscheiden und wie Online-Texte aufgebaut sind: vom Titel, über den Teaser bis zum Fließtext. Auch wäre es kein Buch zum Online-Texten, wenn es sich nicht ausführlich mit dem Thema SEO beschäftigen würde. Denn Schreiben für Nutzerinnen aber auch im Sinn von Suchmaschinen gehören heute fast schon zusammen.
Aber stopp: Bitte nicht Online-Texten mit Texten für Suchmaschinen verwechseln. Dies wäre bei weitem zu kurz gedacht. Vereinfacht lässt sich eher sagen: Wenn die Texte den Lesern gefallen, dann werden sie auch Google & Co. zu schätzen wissen. Das werden Sie daran merken, dass viele Tipps aus den „Grundlagen des Online-Textens“ in Kapitel 2 auch beim „SEO-Texten“ in Kapitel 3 wieder auftauchen; und sich beide kombiniert unter den „Bausteinen eines Online-Textes“ in Kapitel 4 wiederfinden, wenn es um die finale Gestaltung eines Beitrages für Online-Medien geht.
Text im Social Media Zeitalter
Texten für Webseiten oder für Online-Magazine ist nicht alles. Online-Texten betrifft weit mehr: Was macht etwa das Schreiben für Blogs aus? Wie müssen Texte für E-Mail-Newsletter formuliert sein? Und wie können Texte im Social Media Bereich ihre Wirkung entfalten? Also bei Facebook, Twitter, LinkedIn oder gar Instagram? Benötigen diese – neben Bildern, Videos und Grafiken – nicht auch eindrucksvolle, leicht lesbare und erklärende Texte? Die unseren Leseweg beeinflussen und unser Verhalten erleichtern? Selbstverständlich.
Ein letzter Aspekt: In den vergangenen Jahren ist das Thema automatisiertes Texten verstärkt aufgeploppt. Schon heute arbeiten viele Redaktionen mit Automatisierungs-Software, um Finanz-, Polizei-, Sport- oder Wetterberichte mehr oder weniger selbstständig schreiben zu lassen. Ist das die Zukunft? Zu dieser Frage habe ich meinen guten Freund und geschätzten Kollegen Andreas Schöning eingeladen. In seinem Gastbeitrag zeigt er an Beispielen auf, was Textgeneratoren schon heute alles können – und was nicht.
Vom Journalismus lernen
Noch etwas wird Ihnen im Buch auffallen, das in der kompakten Toolbox-Serie des Schäffer-Poeschel Verlages erscheint: Viele der Regeln und Prinzipien zum Online-Texten stammen ursprünglich aus dem Journalismus. Auf der einen Seite stellen sich heute immer mehr Unternehmen und Institutionen als Medien auf – Stichwort Content-Marketing, Stichwort Storytelling, Stichwort Newsroom. So lassen sich ur-journalistische Regeln prima auf die Redaktion von Web-Artikeln und sonstigen Online-Medien im Rahmen einer Unternehmenskommunikation übertragen.
Darum lasse ich ins Buch auch Beispiele aus dem Online-Journalismus einfließen, von denen Online-Texterinnen und -Texter für Unternehmen und Institutionen wiederum lernen können. Andererseits ist dieser Mix meiner eigenen Herkunft geschuldet: als gelernter Journalist, geprüfter PR-Berater aber heute aktiver, lernender wie lehrender Online-Texter.
Fazit: Text hat Zukunft
Am Ende werden Sie eines verstehen: Auch wenn das Internet ein stark visuell geprägter Raum ist, sind die Texte ein zentraler Baustein. Und das werden sie weiterhin bleiben.