Der Köder, der Fisch und der Ang­ler. War­um Per­so­nas in jede Kom­mu­ni­ka­ti­ons­stra­te­gie gehören.

Der Köder, der Fisch und der Ang­ler. War­um Per­so­nas in jede Kom­mu­ni­ka­ti­ons­stra­te­gie gehören.

Bereits im Rah­men mei­ner klei­nen Serie „Digi­ta­les Wis­sen“ zu mei­nem Buch „Die digi­ta­le Kom­mu­ni­ka­ti­ons­stra­te­gie“ hat­te ich mich in einem Bei­trag mit dem The­ma Per­so­na beschäf­tigt. Jetzt hat­te ich die Chan­ce, einen wei­te­ren Fach­bei­trag im E‑Mail-Mar­ke­ting Forum zu einem mei­ner Lieb­lings­the­men zu schrei­ben, den ich heu­te auch hier im Blog publiziere.

„Eine Per­so­na ist ein Modell aus dem Bereich der Mensch-Com­pu­ter-Inter­ak­ti­on. Sie stellt einen Pro­to­typ für eine Grup­pe von Nut­zern dar, mit kon­kret aus­ge­präg­ten Eigen­schaf­ten und einem kon­kre­ten Nut­zungs­ver­hal­ten.“ So lau­tet die Begriffs­er­klä­rung bei Wiki­pe­dia. Nach­dem Per­so­nas über Jahr­zehn­te hin­weg kaum ver­wen­det wur­den, nimmt aktu­ell ihre Bedeu­tung deut­lich zu. Kom­mu­ni­ka­ti­ons­exper­ten erken­nen in ihnen ein wir­kungs­vol­les Instru­ment, um die eige­ne Ziel­grup­pe bes­ser ken­nen zu ler­nen und deren Cus­to­mer Jour­ney genau­er abzuleiten.

Von Ziel­grup­pen zu Zielpersonen

Eine Per­so­na ist das kon­kre­te Pro­fil eines idea­len Nut­zers, die stell­ver­tre­tend für eine Ziel­grup­pe steht. Sie ist ein Papp­ka­me­rad, eine Pro­jek­ti­ons­flä­che, die aus rea­len Eigen­schaf­ten der Ziel­grup­pen defi­niert wird und anony­me Ziel­grup­pen greif­ba­rer macht. Sie stellt aus­führ­lich eine fik­ti­ve Per­son mit ihren Eigen­schaf­ten, Ver­hal­tens­wei­sen, Lebens­wel­ten und Bedürf­nis­sen dar, die an einem Unter­neh­men oder sei­nen Pro­duk­ten inter­es­siert ist. Dies kön­nen ein­zel­ne Kun­den­grup­pen, Mit­ar­bei­ter wie Medi­en­ver­tre­ter sein. Als kon­kret for­mu­lier­te Blau­pau­se gibt sie die­sen ein mensch­li­ches Gesicht.

Die Ent­wick­lung von Per­so­nas steht stets am Anfang eines Pro­jek­tes. Schließ­lich bil­det sie die Vor­aus­set­zung für pas­sen­de Inhal­te und eine künf­ti­ge Inter­ak­ti­on. Per­so­nas sol­len zudem für grö­ße­re Ziel­grup­pen ste­hen, wobei für den Anfang drei bis vier Per­so­nas zu emp­feh­len sind. Schließ­lich gibt es nie­mals nur eine Ziel­grup­pe oder eine Käu­fer­grup­pe oder Mul­ti­pli­ka­to­ren-Grup­pe. Gleich­zei­tig soll­ten sich Unter­neh­men auf die Erwar­tun­gen der zen­tra­len Nut­zer­grup­pen fokus­sie­ren und sich nicht in zu vie­len Per­so­nas verlieren.

Schrit­te zur Persona

Bei der Ent­wick­lung von Per­so­nas – ob für den B2C- oder den B2B-Bereich – soll­ten Unter­neh­men klar struk­tu­riert Infor­ma­tio­nen, Daten und Fak­ten zu den Schlüs­sel­be­rei­chen sam­meln. Für den Ein­stieg hel­fen die fol­gen­den als Orientierung:
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  • Demo­gra­fie: Geschlecht, Alter, Fami­li­en­stand, Ein­kom­men, Aus­bil­dung, Qua­li­fi­ka­ti­on, Berufserfahrung
  • Tages­ab­lauf: Kern­the­men, Arbeits­auf­ga­ben, tech­no­lo­gi­sche Aus­stat­tung, Wei­ter­bil­dung, Kon­sum­ver­hal­ten, per­sön­li­che Zie­le, Wer­te, Bedürfnisse
  • Medi­en­ver­hal­ten: Medi­en­kom­pe­tenz, ‑nut­zung, ‑ver­hal­ten, Infor­ma­ti­ons­quel­len, Such­ver­hal­ten, digi­ta­le und mobi­le Affi­ni­tät, bevor­zug­te Kanä­le, Hal­tung im Netz
  • Beruf­li­che Stel­lung: Grö­ße, Art, Bran­che des Unter­neh­mens, Posi­ti­on und Funk­ti­on, Ver­ant­wor­tungs­be­reich, Etat-Hoheit
  • Her­aus­for­de­rung: Hil­fe im Job, Lösun­gen bei Pro­ble­men, Suche nach Con­tent, Unter­stüt­zung per Best Cases, White­pa­pers, Stu­di­en, Fort­bil­dung per Web­i­nar, Semi­nar, Coa­ching etc.

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Per­so­nas tra­gen Gesicht und Namen

Auf Basis der Infor­ma­tio­nen lässt sich kon­kre­ti­sie­ren, wie das Unter­neh­men die Per­so­na unter­stüt­zen könn­te: Was könn­te es kon­kret leis­ten? Was könn­te sie dadurch bes­ser? Aber auch: Wel­che Grün­de könn­ten gegen das eige­ne Unter­neh­men spre­chen? Mit die­sen Schrit­ten erhält die Per­so­na all­mäh­lich ein Gesicht, um sie spä­ter mit dem pas­sen­den Con­tent zu errei­chen, aber vor allem bin­den und akti­vie­ren zu kön­nen. Schließ­lich soll sie die gebo­te­nen Inhal­te nicht nur lesen, hören und sehen; die­se sol­len bei der Per­so­na vor allem eine unmit­tel­ba­re Akti­on aus­lö­sen – ob ein per­sön­li­cher Aus­tausch, ein indi­vi­du­el­ler Kom­men­tar, ein Kauf, ein Abon­ne­ment, die Beauf­tra­gung einer Beratung.

Per­so­nas müs­sen wie mensch­li­che Abbil­der der Ziel­grup­pen wir­ken. Dazu benö­ti­gen sie ein pas­sen­des Por­trait-Bild und einen kon­kre­ten Namen. Erst Name und Bild machen aus einer bis­her erfun­de­nen Per­so­na eine mensch­li­che Per­son. Auf einen Blick lässt sich erken­nen, ob es sich eher um den jugend­lich wir­ken­den Typen mit Leder­ja­cke und Snea­k­ers han­delt oder um den Anzug tra­gen­den Geschäfts­mann. Bei­de könn­ten Mit­te 30 sein und wür­den trotz­dem ein unter­schied­li­ches Bild der anvi­sier­ten Ziel­grup­pe trans­por­tie­ren. In der Fol­ge wird intern künf­tig nie­mand mehr von der „Per­so­na 1“ spre­chen, son­dern von „Clau­dia“ oder „Nick“ oder „Tom Drin­ker“, wie in dem bei­gefüg­ten Bild, das mit dem Tool per​so​n​app​.io erstellt wur­de. Zum Schluss soll­te das Bild in der Kom­mu­ni­ka­ti­ons­ab­tei­lung gut sicht­bar auf­ge­hängt sein. Mit ihr vor Augen fällt es deut­lich leich­ter, sei­nen Con­tent an der von ihr ver­tre­te­nen Ziel­grup­pe auszurichten.

Erfolgs­fak­to­ren bei der Persona-Entwicklung

Um rea­le Per­so­nas ent­wi­ckeln zu kön­nen, sind viel­fäl­ti­ge Infor­ma­tio­nen not­wen­dig. Das Ent­schei­den­de: Eigen­schaf­ten dür­fen nicht auf Basis per­sön­li­cher Annah­men fest­ge­legt sein; sie müs­sen auf Daten, Fak­ten und Wer­ten beru­hen: Auf Markt­for­schungs- und Markt­da­ten, auf Stu­di­en­ergeb­nis­sen und Kun­den­da­ten, auf Web‑, Medien‑, Netz­werk­ana­ly­sen, auf sorg­fäl­ti­gem Moni­to­ring, eige­nen Kun­den­in­ter­views oder inter­nen Befra­gun­gen. Erst mit die­sen Insights wer­den Per­so­nas zu einem rea­li­täts­na­hen Abbild. Über­setzt bedeu­tet dies: Per­so­nas kön­nen final nur so gut sein wie die eige­ne Ana­ly­se und die hin­zu­ge­zo­ge­nen Quellen.

Die Per­so­na-Ent­wick­lung ist ein kom­ple­xer Pro­zess. Er kann wir­kungs­voll ver­lau­fen, wenn er sorg­fäl­tig durch­ge­führt wird, wozu auch die abschlie­ßen­den 5 Tipps zählen:

  1. Erfin­den Sie kei­ne Daten. Per­so­nas basie­ren stets auf Fak­ten nicht auf Annahmen.
  2. Sam­meln Sie nicht zu vie­le Daten, son­dern fokus­sie­ren Sie sich auf das Wesentliche.
  3. Inte­grie­ren Sie vie­le Per­so­nen und Res­sorts in den Entwicklungsprozess.
  4. Machen Sie Per­so­nas allen Res­sorts zugänglich.
  5. Hal­ten Sie Per­so­nas stets aktu­ell, ist die Ent­wick­lung doch nie­mals abgeschlossen.

LESE-TIPP: In mei­nem Buch „Die digi­ta­le Kom­mu­ni­ka­ti­ons­stra­te­gie“ beschrei­be ich den Persona–Prozess extrem aus­führ­lich anhand vie­ler Bei­spie­le und Tools.

Mei­ne Gedan­ken­spie­le: 10 Lese­tipps aus dem April

Stra­te­gie | Digi­ta­les Wis­sen: 7 Erfolgs­fak­to­ren einer Social Busi­ness Strategie
Den Abschluss mei­ner 15-teil­i­gen Serie zur “Digi­ta­len Kom­mu­ni­ka­ti­ons­stra­te­gie” bil­det „The 7 Suc­cess Fac­tors of Social Busi­ness Stra­tegy“. Das Buch von Char­le­ne Li und Bri­an Solis lie­fert bis heu­te eine span­nen­de Road­map und einen her­vor­ra­gen­den Ori­en­tie­rungs­leit­fa­den gera­de für die Ent­wick­lung einer digi­ta­len Kommunikationsstrategie.

Stra­te­gie | Das 5. P im Marketing-Mix
Aus den ehe­mals eta­blier­ten 4P des Mar­ke­ting-Mixes sind mitt­ler­wei­le 5P gewor­den. Die­ser Bei­trag beschreibt, war­um “Peo­p­le” als 5. P gera­de im Dienst­leis­tungs­be­reich so wich­tig ist.

Medi­en­ar­beit | Kom­mu­ni­ka­ti­ons­zen­tra­le „News­room“: Was Sie wis­sen müssen
Gute Über­sicht: Was macht einen News­room aus? Und wel­che Her­aus­for­de­run­gen an Unter­neh­men sind damit ver­bun­den, bis ein News­room instal­liert wer­den kann?

Medi­en­ar­beit | Sei­ten­wechs­ler ver­än­dern die PR
Die klas­si­sche Unter­neh­mens­kom­mu­ni­ka­ti­on lief einst über den Gate­kee­per Jour­na­list, dann über Blog­ger und Influen­cer; und jetzt wer­den immer stär­ker Unter­neh­men selbst zu Medi­en. Dies ver­deut­licht Gun­nar Sohn in sei­nem Bei­trag am Bei­spiel Daimler.

IK | Unter­neh­men ver­säu­men es, Mit­ar­bei­ter zu Social Media-Bot­schaf­tern zu machen
Inter­es­san­te Stu­die unter 1.000 Mit­ar­bei­tern: Vie­le Unter­neh­men haben kei­ne kla­re Stra­te­gie für den Ein­satz von Social Media durch ihre Mitarbeiter.

Tumb­lr | Der heim­li­che Star unter den Social Networks
Ob heim­li­cher Star oder nicht: Auf jeden Fall zählt Tumb­lr bei uns wei­ter­hin zu den ver­nach­läs­sig­ten Netz­wer­ken. War­um man dies ändert soll­te, zeigt die­ser Beitrag.

Insta­gram | Insi­de the Insta­gram Algorithm
Wie funk­tio­niert der Insta­gram Algo­rith­mus? Wie die­ser Vor­trag samt Ana­ly­se zeigt, ist Insta­gram “focu­sed on enga­ge­ment, and using any enga­ge­ment as an indi­ca­tor”. Auf­schluss­reich zu lesen.

Chat­bots | Wie Chat­bots gera­de den E‑Commerce verändern
Wel­che Rol­le spie­len Chat­bots im Han­del? Eine ganz Men­ge — gera­de mit Blick auf den Han­del der Zukunft -, wenn man sich die Bei­spie­le mal ansieht, die Olaf Kol­brück in sei­nem Bei­trag zusam­men­ge­stellt hat.

Künst­li­che Intel­li­genz | Vom Bot zum Bankberater
Vom Chat­bot zur Künst­li­chen Intel­li­genz: Sind Ban­ken auf dem Weg zur auto­ma­ti­schen Kun­den­be­treu­ung? Guter Bei­trag zu den nächs­ten Schritt samt eini­ger aktu­el­ler Beispiele.

Kri­se | The 10 Pla­gues of Social Media
Über­aus wahr und gut und kom­pakt zusam­men­ge­fasst: Aus­ge­hend vom United Air­lines Fail(s): Wel­che Social Media Feh­ler wer­den immer wie­der begangen?

Mei­ne Gedan­ken­spie­le: 10 Lese-Tipps aus dem Januar

Digi­ta­les Wis­sen (4): Der Begriff „lang­fris­tig“ in digi­ta­len Zeiten

Digi­ta­les Wis­sen (4): Der Begriff „lang­fris­tig“ in digi­ta­len Zeiten

Stra­te­gien wer­den tra­di­tio­nell mit dem Begriff „lang­fris­tig“ ver­bun­den, sind sie doch stets auf die lan­ge Sicht hin aus­ge­rich­tet. Der Begriff der „Lang­fris­tig­keit“ ist jedoch in digi­ta­len Zei­ten immer schwie­ri­ger zu defi­nie­ren. Konn­ten bis­lang noch Stra­te­gien auf meh­re­re Jah­re ange­legt wer­den, so hat sich dies im digi­ta­len Zeit­al­ter deut­lich ver­än­dert. Stra­te­gen müs­sen sich bewusst sein, dass der Begriff „Lang­fris­tig­keit“ heu­te meist eher mit einem Zeit­raum von einem Jahr als von meh­re­ren Jah­ren ver­bun­den ist – gera­de ange­sichts der viel­fäl­ti­gen Ent­wick­lun­gen in der Kom­mu­ni­ka­ti­ons- und Medienlandschaft. 

Wenn man bedenkt, was alles inner­halb des ver­gan­ge­nen Jahr­zehn­tes in der Kom­mu­ni­ka­ti­on gesche­hen ist: Das Auf­kom­men des Social Web, die stär­ke­re Dia­log­ori­en­tie­rung, das ver­stärk­te Inter­es­se an der eige­nen öffent­li­chen Selbst­dar­stel­lung, die ver­än­der­te Kom­mu­ni­ka­ti­ons­kul­tur, die all­mäh­li­che Unter­gra­bung einer strik­ten One-Voice-Poli­cy, die ver­stärk­te visu­el­le Kom­mu­ni­ka­ti­on, der Trend hin zum Pull-Ansatz und zu einer Many-to-Many-Kom­mu­ni­ka­ti­on, der all­mäh­li­che Bedeu­tungs­ver­lust der klas­si­schen Medi­en, das Ende der Rol­le von Jour­na­lis­ten als ein­zi­ge Gate­kee­per – die­se und vie­le wei­te­re Ent­wick­lun­gen machen deut­lich, wie stark die Kom­mu­ni­ka­ti­ons­bran­che in einem Umbruch inbe­grif­fen sind.

Ver­än­der­tes Nut­zer­ver­hal­ten und tech­no­lo­gi­sche Ent­wick­lun­gen „pushen“ sich gegen­sei­tig zu einer fort­lau­fen­den Ver­än­de­rung. Zudem ist davon aus­zu­ge­hen, dass die­se Ent­wick­lung noch lan­ge nicht am Ende ist, son­dern sich in hoher Geschwin­dig­keit wei­ter fort­be­we­gen wird. Das bele­gen allein Trends wie Eph­emeral Media, auto­ma­ti­sier­te Chat­bots oder die Ver­la­ge­rung der öffent­li­chen Kom­mu­ni­ka­ti­on in pri­va­te Messenger-Kanäle.

Kom­mu­ni­ka­ti­ons­stra­te­gien als fle­xi­bles Fundament

Genau sol­chen Ver­än­de­run­gen muss sich eine digi­ta­le Kom­mu­ni­ka­ti­ons­stra­te­gie anpas­sen. Auf der einen Sei­te geht es nicht dar­um, neu­en Ent­wick­lun­gen immer sofort hin­ter­her zu ren­nen und sich anhand die­ser kom­plett neu zu posi­tio­nie­ren. Ange­sichts der Ver­gäng­lich­keit von Trends wür­de das enor­me Anstren­gun­gen ver­lan­gen und vie­le Res­sour­cen ver­schlin­gen. Auf der ande­ren Sei­te muss die gewähl­te Stra­te­gie den kla­ren Blick nach vor­ne rich­ten, um zen­tra­le Ent­wick­lun­gen früh­zei­tig zu erfas­sen und sie zu inte­grie­ren. Schließ­lich bil­det sie das Fun­da­ment, auf dem die gesam­ten Kom­mu­ni­ka­ti­ons­ak­ti­vi­tä­ten basieren.

Solch ein hohes Maß an not­wen­di­ger Fle­xi­bi­li­tät belegt, dass Stra­te­gien heu­te weit weni­ger ein­mal ent­wi­ckelt und für die kom­men­den Jah­re unver­än­der­bar fixiert blei­ben. Viel­mehr bil­den sie eine an den Unter­neh­mens- und Kom­mu­ni­ka­ti­ons­zie­len aus­ge­rich­te­te fle­xi­ble Basis, die in regel­mä­ßi­gen Abstän­den und deut­lich häu­fi­ger als in der Ver­gan­gen­heit über­prüft und den Gege­ben­hei­ten neu ange­passt wer­den muss.

 

 

Bis­he­ri­ge Bei­trä­ge in der Serie „Digi­ta­les Wissen“

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Fachbuch "Die digitale Kommunikationsstrategie" im digitalen Zeitalter. Von Dominik Ruisinger.

Hin­weis: Die­ser „Aus­flug“ ent­stammt mei­nem neu­en Buch: “Die digi­ta­le Kom­mu­ni­ka­ti­ons­stra­te­gie. Pra­xis-Leit­fa­den für Unter­neh­men. Mit Case Stu­dys und Exper­ten­bei­trä­gen. Für eine Kom­mu­ni­ka­ti­on in digi­ta­len Zei­ten.” Wei­te­re Infos zum Buch, Hin­ter­grün­de zur Ent­ste­hung des Leit­fa­dens, Vor­stel­lung der Gast­au­toren und ver­wen­de­te Stu­di­en, Bestel­lung von Rezen­si­ons-exem­pla­ren sowie ein Link zur Buch­be­stel­lung fin­den sich hier.

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Die etwas ande­ren Trends 2017

Die etwas ande­ren Trends 2017

Das Ende eines Jah­res ist immer auch der Blick in die Zukunft, was so viel wie das nächs­te Jahr bedeu­tet. Was ist dort zu erwar­ten, gera­de in einer Bran­che, die mit Voll­dampf von der einen Ent­wick­lung zur nächs­ten rauscht und vie­le Markt­teil­neh­mer erstaunt, über­rascht, ungläu­big, begeis­tert bis ent­geis­tert zurück­lässt? Und das inner­halb einer Bla­se, die immer stär­ker den Blick nach drau­ßen ver­wischt und ver­liert und in der vie­le die­se bereits mit der Wirk­lich­keit irr­tüm­li­cher­wei­se ver­wech­seln? Ich habe mal einen etwas ande­ren Blick pro­biert, auch wenn ich eini­gen der Pro­gno­se nicht allei­ne daste­hen werde.

1) Der eiser­ne Blick der Controller

In den ver­gan­ge­nen Mona­ten wur­de viel über Zie­le und über Moni­to­ring dis­ku­tiert. Was mir auf­fiel: Es wur­de vor allem über Social Media Zie­le gespro­chen. Oder gene­rell über Zie­le in der digi­ta­len Kom­mu­ni­ka­ti­on. Nur, wenn ich ein­mal die Hal­tung eines Geschäfts­lei­ters über­neh­me: Was bringt mir eine hohe Inter­ak­ti­ons­ra­te? Ein hoher Ret­weet-Quo­ti­ent? Eine stei­gen­de Klick­ra­te oder Click-Through-Rate? Aus Unter­neh­mens­sicht erst ein­mal nichts. Gar nichts. Denn jede Erhö­hung könn­te auch mit einem Pro­blem, einem Skan­dal, einem Miss­ver­ständ­nis, mit einem kom­mu­ni­ka­ti­ven Beschleu­ni­gungs­grund zu tun haben. Und außer­dem: Wie zah­len solch stei­gen­de Zah­len auf das Unter­neh­mens­er­geb­nis ein?

Genau die Beant­wor­tung die­ser Fra­ge wird eines der Top-Trends des Jah­res 2017. Über­setzt heißt dies: Auch die digi­ta­le Kom­mu­ni­ka­ti­on wird immer stär­ker ins Auge des Con­trol­lings gera­ten, sie wird dis­ku­tiert wer­den, in Fra­ge gestellt wer­den. Sie muss bei der Erfül­lung von über­ge­ord­ne­ten stra­te­gi­scher Zie­len ver­gleich­bar sein, gera­de aus Sicht anzu­stre­ben­der ganz­heit­li­cher Erfolgs­er­geb­nis­se. Die­ser not­wen­di­ge Umden­kungs­pro­zess war übri­gens eines der Haupt­grün­de, war­um ich das Buch über „Die digi­ta­le Kom­mu­ni­ka­ti­ons­stra­te­gie“ geschrie­ben habe, das vor weni­gen Wochen her­aus­ge­kom­men ist.

2) Maschi­nen statt Menschen

Mit dem Zeit­al­ter der Mes­sen­ger hat auch das Zeit­al­ter der Bots begon­nen. Dies ist kaum jemand ver­bor­gen geblie­ben. Dazu genügt es, sich nur ein paar weni­ge Aspek­te vor Augen zu führen:

Messaging Social Networking Apps

Mes­sa­ging Apps vs. Social Net­wor­king Apps

Stich­wort Mes­sen­ger: Wäh­rend die App-Nut­zung gene­rell zurück­ge­gan­gen ist, hat die Nut­zung der Mes­sen­ger-Apps die Nut­zung der Social Net­wor­king-Apps seit Ende 2015 bereits über­trof­fen (sie­he Abb.). Und es gibt kaum ein Grund, der gegen ein Fort­schrei­ten die­ses Trends spricht. Denn sie wer­den viel­fäl­tig ein­ge­setzt: 1‑to‑1 für Bera­tung und Ser­vice, 1‑to-many für Infor­ma­tio­nen per Newsletter.

Stich­wort Bots: Die Face­book Mes­sen­ger Platt­form zählt bereits heu­te welt­weit über 35.000 Bots, damit Unter­neh­men auto­ma­ti­siert mit ihren Ziel­grup­pen „kom­mu­ni­zie­ren“ kön­nen. Ten­denz wei­ter wach­send. Die Ein­satz­be­rei­che der auto­ma­ti­sier­ten Tools sind dabei viel­fäl­tig: Ob zur Infor­ma­ti­on, als Ser­vice oder für den eCom­mer­ce – und natür­lich in jeg­li­cher Mischform.

Ihr Zeit­al­ter wird in 2017 erst wirk­lich begin­nen, mit allen posi­ti­ven Chan­cen wie nega­ti­ven Aus­wir­kun­gen. Und die Fra­ge: “Ist das jetzt ein Mensch oder eine Maschi­ne” wer­den wir immer sel­te­ner beant­wor­ten vermögen.

3) Rück­zug ins Private

Wäh­rend “pri­va­te” 1‑to-1-Tools ihren Sie­ges­zug bei den Usern fei­ern – egal ob sie jetzt Whats­App, Face­book Mes­sen­ger, WeChat oder Snap­chat hei­ßen –, ist die Bereit­schaft der Nut­zer, sich öffent­lich in den Netz­wer­ken zu äußern, spür­bar zurück­ge­gan­gen. Dies ist eine hoch inter­es­san­te Ent­wick­lung: Nutz­ten die Men­schen ursprüng­lich das Inter­net, um sich dar­zu­stel­len, schritt­wei­se an Ein­fluss zu gewin­nen und ihre Macht aus­zu­üben, wie Pro­fes­sor Peter Kru­se einst so beein­dru­ckend wie ein­fach inner­halb von 3 Minu­ten erklär­te, zie­hen sie heu­te wie­der in eine pri­va­te Öffent­lich­keit zurück. Das bedeu­tet nicht, dass die Men­schen Face­book und Co. ganz den Rücken zuge­kehrt haben – allein die knapp 30 Mio. Face­book-Mit­glie­der in Deutsch­land spre­chen dage­gen. Viel­mehr hat sich die Nut­zung ver­än­dert: Vom akti­ven Pos­ten und Mit­tei­len, zum pas­si­ven Lesen und Beobachten.

Die­ser beschrie­be­ne Rück­zug ins Pri­va­te wird durch die immer stär­ke­re Ver­brei­tung der Mes­sen­ger Diens­te wei­ter an Kraft gewin­nen, wobei der Gewin­ner gera­de in Deutsch­land ganz klar die Face­book-Pro­dukt­fa­mi­ly sein wird.

4) One Tool fits all

Eng mit den ers­ten bei­den Punk­ten ist die Fra­ge nach der künf­ti­gen Hei­mat der User, vom tech­ni­schen Blick aus. Ein Blick nach Asi­en auf den all­mäch­ti­gen WeChat Mes­sen­ger erleich­tert die Beant­wor­tung der Fra­ge, war­um benö­ti­gen wir eigent­lich noch so vie­le Apps? Genügt hier nicht ein Tool, über da sich zumin­dest die gro­ße Mehr­heit aller Akti­vi­tä­ten abwi­ckeln lässt? Ja, es scheint zu genügen.

Und wer sich vor Augen führt, wie stark Face­book gera­de die Ent­wick­lun­gen bei WeChat als digi­ta­len Alles­kön­ner mit Argus­au­gen ver­folgt, der weiß, wie das Duell in Deutsch­land hei­ßen wird: Face­book und sei­ne Fami­ly gegen den Rest der Welt. Und zumin­dest für 2017 heißt auch hier der ein­deu­ti­ge Gewin­ner: Facebook.

5) Digi­ta­ler Split

Wech­seln wir auf eine ande­re Ebe­ne. Die hohe Dyna­mik in der digi­ta­len Bran­che wird immer stär­ker zu einer Über­for­de­rung vie­ler Men­schen füh­ren. Schon vor vie­len Jah­ren warn­te der dama­li­ge SPD- Kanz­ler­kan­di­dat Peer Stein­brück von einer digi­ta­len Spal­tung der deut­schen Gesell­schaft. Es dro­he „eine Spal­tung in eine digi­ta­le Eli­te und ein digi­ta­les Analpha­be­ten­tum, das hoff­nungs­los abge­hängt wer­de“, so Stein­brück auf der CeBIT 2013.

Die­se Spal­tung, die­ser digi­ta­le Gap ist heu­te bereits da, wie zen­tra­le Stu­di­en wie der D21-Digi­tal-Index jedes Jahr von neu­em ver­deut­li­chen. Man­geln­de Digi­tal­kom­pe­tenz quer durch die Bevöl­ke­rung war auch die Kern­aus­sa­ge der im Novem­ber publi­zier­ten Aus­ga­be 2016. Danach lie­ge der Digi­ta­li­sie­rungs­grad der Deut­schen “wei­ter­hin bei 51 von 100 best­mög­li­chen Punk­ten und ent­spricht damit einem gera­de so Schritt-hal­ten-Kön­nen mit den wach­sen­den Anfor­de­run­gen durch die Digitalisierung”.

Die­se Spal­tung in digi­tal “rea­dy” und digi­tal “lost” wird sich wei­ter ver­tie­fen, auch da vie­le Bran­chen sowie die Insti­tu­tio­nen die Fol­gen und Chan­cen ver­schla­fen und Chan­ge-Pro­zess mit Blick auf die Mög­lich­keit eines Schei­terns ver­mei­den, wie bei­spiels­wei­se der Inves­tor Frank The­len zu Recht anmahnt: „Du musst dein best­lau­fen­des Pro­dukt oder dein gewinn­brin­gends­tes Busi­ness­mo­dell jeder­zeit hin­ter­fra­gen und not­falls kil­len kön­nen. Die Bereit­schaft dazu sehe ich in Deutsch­land nicht. Und das ist unser Problem.“

6) Digi­ta­ler Burnout

Die All­macht der Digi­ta­li­sie­rung inklu­si­ve ihrer kom­mu­ni­ka­ti­ven Instru­men­te führt schon heu­te zu einer Über­for­de­rung – und zu wirk­li­chen Opfern. Begrif­fe wie „Infor­ma­ti­on Over­load“, „Con­tent Shock“ oder „Slow Media“ sind hier nur der Anfang. Gera­de unter Men­schen, die dem Pro­zess nicht mehr fol­gen kön­nen oder wol­len, lässt sich vom Prin­zip des „Digi­ta­len Burn­outs“ spre­chen. Weil sie dem Tem­po nicht mehr fol­gen kön­nen, weil sie auf die enor­men Ver­än­de­rungs­pro­zes­se nicht vor­be­rei­tet sind, weil sie aus einer gewohn­ten Umge­bung her­aus­ge­ris­sen wer­den, die ihnen eine – trü­ge­ri­sche – Sicher­heit ver­mit­telt hat­te, weil von ihnen Din­ge und Chan­ges gefor­dert und erwar­tet wer­den, weil sie eine inne­re Ruhe gegen neue Hori­zon­te ein­tau­schen müs­sen, was vie­le als unge­mein span­nend, ande­re als erschre­ckend und ver­stö­rend wahr­neh­men. Über die­se über­for­der­te und sich gleich­zei­tig selbst über­for­dern­de Gesell­schaft habe ich kürz­lich erst geschrie­ben.

Nur: Wo ist hier die Lösung in einer hoch ver­netz­ten und jeden Tag noch stär­ker digi­ta­li­sier­ten Welt? In einer Welt, in der nie­mand den Ste­cker zie­hen wird und kann, um vie­len wie­der etwas mehr inne­re Ruhe zu gön­nen, bevor die nächs­te Ver­än­de­rungs­wel­le kommt? Nein, die­se Über­for­de­rung wird auch 2017 wei­ter­ge­hen – und unse­re Gesell­schaft noch stär­ker spal­ten: In Men­schen, die die digi­ta­le Chan­ge-Pro­zes­se in Unter­neh­men und in der Kom­mu­ni­ka­ti­on als Chan­ce erken­nen, ver­ste­hen und auch aus­hal­ten kön­nen; sowie in Men­schen, die immer stär­ker den Ver­än­de­run­gen unter­lie­gen, die aber in unse­rer Gesell­schaft teils auch not­wen­dig sind.

Ist das jetzt ein Schrei nach dem neu­en Off­line? Nein, nicht ganz und nicht unbe­dingt. Aber das ist eine ande­re Geschich­te, die ich noch erzäh­len wer­de. Aber nicht als Trend. Und nicht heute.