Stichwort Wissenswertes: Das Cluetrain Manifest

21.08.2020

Häufig werde ich gefragt: Welche Literatur empfiehlst für das Thema digitale Kommunikation oder für das Thema Social Web? Einen Lesetipp, den ich schon immer gegeben habe: Das Cluetrain Manifest – übrigens auch prima online auf deutsch zu lesen. Warum ich das empfehle? Dies erklärt der heutige Beitrag aus der Reihe „Stichwort Wissenswertes“, der natürlich wieder aus meinem neuen Buch stammt „Die digitale Kommunikationsstrategie„.

Das Cluetrain Manifest

Es ist das Jahr 1999: David Weinberger – Redner, Philosoph und Forscher an der Universität Harvard – sitzt mit weiteren Vordenkern der Netzgemeinde wie Doc Searls, Rick Levine und Chris Locke zusammen. Sie diskutieren die künftige Entwicklung der Medien, der Kommunikation und des Marketings. Das Ergebnis ihrer gemeinsamen Überlegungen: 95 Thesen – überschrieben als Cluetrain Manifest – und damit unbewusst auch die Geburt des Social Web.

Märkte sind Gespräche

Hauptlosung und These 1 lautet »Märkte sind Gespräche«: Darin betonen die Initiatoren die Emanzipation des Verbrauchers im Zeitalter des Internets, den Kontrollverlust auf Organisationsseite und dessen Folgen: »Seit etwa 100 Jahren gehen Unternehmen – zurecht – davon aus, ihre Märkte kontrollieren zu können, indem sie nur ausgewählte Informationen veröffentlichen«, beschreibt Weinberger die frühere Situation vor Erfindung des Internets ein paar Jahre später im Handelsblatt. Während man auf diese Weise nur gefiltertes Wissen erhielt, seien im Zeitalter des Internets die Märkte vernetzt. Die Folge: »Auf einmal stellt sich heraus – vielleicht ein wenig überraschend –, dass vernetzte Kunden mehr über Produkte wissen, als die Unternehmen selbst.«

Mit dem Cluetrain Manifest unterstreichen Weinberger & Co., dass das Internet ein Ort ist, an dem Menschen mit ihren eigenen Stimmen sprechen können. Und zwar über alle Themen, die für sie persönlich von Bedeutung sind. Damit forderten sie direkt die Unternehmen und die Institutionen auf, sich den veränderten Bedingungen anzupassen. Sie sollten mit ihren Kunden »echte« Gespräche führen – abseits einer »gesichtslosen« Marketing-Kommunikation. Sie müssten sich dazu, so Weinberger, von ihrer reinen Marketing- und PR-Denkweise verabschieden. Stattdessen müssten sie die Internetnutzer besser verstehen und ihnen intensiver zuhören. Nur so würden sie als Organisation die Chancen in einer veränderten Kommunikationslandschaft nutzen.

Cluetrain Manifest ist Realität

Über 20 Jahre später ist nicht nur die Losung des Cluetrain Manifests längst Realität geworden. Die Verwendung von Begriffe wie echte Gespräche, aktives Zuhören, Dialog, Offenheit und Transparenz verdeutlicht, dass dieses Manifest bis heute kaum an Relevanz verloren haben. Stattdessen stellt es noch immer eine der zentralen Basen für eine Kommunikation im digitalen Zeitalter dar.

P.S: Ende 2014 hatten Weinberger und Sears eine Fortsetzung des Cluetrain Manifests formuliert, das sich vor allem mit der Freiheit des Internets auseinandersetzt und dem unbegrenzten Zugang für alle fordert. Die 121 Thesen des »New Clues« lassen sich hier nachlesen. Eine größere Beachtung haben sie bis heute nicht erreicht.

Bisher erschienen in der Serie „Stichwort Wissenswertes“:

Die digitale Kommunikationsstrategie von Dominik Ruisinger

Die digitale Kommunikationsstrategie. Seit Juli 2020 neu.
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