Ich bin ein bekennender Bahn-Liebhaber. Nicht nur in Deutschland. Weil ich das Gefühl einfach liebe, so durch die Landschaft hindurch zu gleiten, ohne etwas tun zu müssen. Und weil ich kaum einen Ort kenne, an dem ich so entspannt arbeiten kann. Es wäre doch alles so schön, wenn da nicht die vielen Zugausfällen, Verspätungen, Umleitungen, Störungen und anderen Hindernissen wären – und dies bei im internationalen Vergleich viel zu teuren Tickets. Doch ist das wirklich so? Sind diese Klagen Gefühl oder Realität?
Genau dies wollte ich im vergangenen Jahr 2024 wissen. Darum habe ich – wie schon im 1. Corona-Jahr 2020 – ganzjährig ein #Bahntagebuch2024 geschrieben. Ein Jahr lang, 12 Monate lang habe ich dazu all meine Fahrten detailliert in diesem Beitrag dokumentiert, also jeweilige Abfahrten, Ankünfte, Zugnummern, Verspätungen, Begründungen.
Jetzt, Anfang 2025, ist es folglich Zeit, Bilanz zu ziehen.
70 Bahn-Fahrten im Jahre 2024
Insgesamt bin ich im vergangenen Jahr 70-mal mit der Deutschen Bahn gefahren. Angesichts dieser Zahl ist mein Überblick nicht unbedingt repräsentativ. Trotzdem liefert er Einblicke und Erklärungen für die vielfältigen Verzögerungen im Bahnablauf.
Von meinen 70 Fahrten (siehe Abbildung) waren genau 27 Fahrten pünktlich. Sie hatten damit maximal 3 Minuten Verspätung. 21 Fahrten waren bis zu 20 Minuten verspätet und 22 Fahrten hatten mehr als 20 Minuten und bis zu 2 Stunden Verspätung. Damit waren im Jahre 2024 über 61 Prozent meiner Züge unpünktlich.
Abbildung: Meine Zug-Statistik 2024
Ganz anders sieht es aus, wenn ich aus meinen 70 Fahren die regionalen Verbindungen herauspicke. Von den 31 Regionalzügen, die ich im Verlauf meiner Reisen nahm, waren 20 pünktlich, 7 hatten eine Verspätung von 20 Minuten und nur 4 waren noch stärker verspätet. Damit waren bei den Regio-Zügen immerhin knapp 65 Prozent pünktlich. Dies zeigt, dass man sich auf die Regio-Züge eher verlassen kann als auf die Fernzüge, die in der Abfolge sicherlich deutlich komplexer sind.
Geschönte Bahn-Statistiken
Die (Un-) Pünktlichkeit meiner Züge liegt übrigens noch deutlich unter den Werten, die die Deutsche Bahn selbst für den Fernverkehr (62%) und Nahverkehr (90,2%) angibt. Dies verdeutlicht diese Grafik von Statista.
Abbildung: Pünktlichkeit laut Deutsche Bahn; Quelle: statista, 08/2024
Zu berücksichtigen ist hierbei, dass die Deutsche Bahn noch bei einer Verspätung von bis zu 6 Minuten von pünktlich spricht, ich bei meiner Berechnung aber nur bis 3 Minuten. Bei 6 Minuten Verspätung noch pünktlich? Ich nenne dies Beschönigung bzw. Schönfärbung von Statistiken – und dies nicht nur wegen meiner Japan-Erfahrungen.
Probleme bei Technik und Ablaufplanung
Die Gründe für die Verspätungen und Ausfälle in meinen Zügen gab es viele. Ich habe mal versucht, in der folgenden Tabelle die Hauptprobleme der Bahn zu clustern:
Abbildung: Gründe für Verspätungen und Ausfälle
- Reparaturen am Zug: wie technische Störungen, technische Defekte, defekte Türen
- Reparaturen am Gleis: wie Reparaturen an Strecken, an Weichen, an Signalen, auch eingeschränkte Verfügbarkeit durch Bauarbeiten und blockierte bzw. gesperrte Gleise
- Probleme im Ablauf: wie v.a. Verspätung wegen vorausfahrenden Zügen, verspätete Anschlusszüge, Warten auf Anschlussreisende
- Probleme im Personalbereich: wie verspätetes Personal oder Personalausfall
- Nicht von der DB verschuldet: Herausforderungen wie Notarzteinsätze oder Idioten im Gleisbett
- Sonstige Probleme: wie Ersatzfahrten, Wetter etc.
Dabei wird deutlich, dass sich die Gründe vor allem auf technische Probleme im Zug, an den Gleisen und auf die Ablaufplanung verteilen.
Die 5 »Highlights« im Jahre 2024
Abgesehen von den üblichen Verspätungen, ständigen Umleitungen, verpassten Anschlüssen, geplatzten Reservierungen hießen meine 5 High- und Low-lights:
- 1 Zug war schon 20 Minuten zu früh in Berlin. Unglaublich!
- 1 Zug wurde komplett fehlgeleitet. Da musste sogar das Personal lachen.
- 1 Zug fiel ohne Kommentar einfach aus. Grrrrr.
- 1 Zug endete außerplanmäßig weit vor meinem Ziel. Und jetzt, liebe Leut‘?
- 1 Ausfall kostete mich eine Zusatznacht. Danke dafür!
Fazit: 7 Learnings und Empfehlungen für 2025
Was lässt sich aus meinem #Bahntagebuch2024 für die eigene Fahrt im Jahre 2025 lernen? Meine Empfehlungen lauten:
- Vermeide Umstiege.
Fahre lieber deutlich länger, aber ohne Umstiege auch deutlich sicherer. - Verlasse dich auf Regio-Züge.
Denn diese sind deutlich häufiger pünktlich und damit verlässlicher. - Fahre am Samstag.
Dieser Tag erwies sich als Top-Tag: weniger Gäste, weniger Verspätung, weniger Probleme. - Setze nicht auf gutes WLAN im Zug.
Denn auch im Jahre 2025 wird es weiterhin blinde Flecken geben. Und dies sind keine Fleckchen. - Misstraue den Ankündigungen in der App.
Nicht selten ploppte der Hinweis auf die Verspätung erst wenige Minuten vor der Abfahrt auf oder aber reduzierte sich eine angebliche 30-Minuten-Verspätung plötzlich auf 15 Minuten. - Buche auch über externe Portale.
Gerade bei längeren Reisen können ausländische Bahn-Anbieter wie ÖBB, WESTbahn, SBB etc. den Geldbeutel schonen helfen. - Und ganz wichtig: Rege dich nicht auf.
Denn es bringt nix. Unterhalte dich lieber mit dem freundlichen Zugpersonal. Diesen allen gilt mein großer Dank, dass sie in diesen, auch sprachlich rauen Tagen ihren Job so gut machen.
Fazit: Link-Tipp:
Wer übrigens im Nachhinein selbst mal die Pünktlichkeit seines Zuges testen will, dem oder der ist die folgende Webseite zu empfehlen: https://bahn.expert. Einfach Zugnummer und Fahrtdatum eingegeben, schon lässt sich alles Weitere schnell und zuverlässig recherchieren.