Wie sollten Inhalte beschaffen sein, damit sie innerhalb einer Content-Strategie wahrgenommen werden? Und welche Aspekte sollten besonders beachtet werden? Diese Fragen sind vielfach Themen meiner Seminare und Trainings. Vor diesem Hintergrund habe ich 7 wesentliche Erfolgsfaktoren aus meinem neuen Buch „Die digitale Kommunikationsstrategie“ kompakt aufgegriffen, gekürzt und angepasst – als Anregung für die eigene Arbeit. Wenn etwas fehlt, gerne ergänzen.
1. Relevanz
Im heutigem Content-Überangebot, der von vielen als Content-Shock empfunden wird, haben nur Inhalte eine Chance, wahrgenommen zu werden, wenn sie wirklich relevant sind. Mit diesem Zauberwort ist stets Relevanz aus Sicht der Stakeholder gemeint, nicht aus Sicht der Organisation. Schließlich muss Content für Stakeholder einen Mehrwert haben, ein aktuelles Bedürfnis befriedigen, sie zum richtigen Zeitpunkt erreichen und zwar genau dort, wo sie sich gerade aufhalten. Dieser muss ihnen helfen können, ein Problem zu lösen, dringende Fragen zu beantworten, neues Fachwissen oder ergänzende Informationen zu erhalten oder ein Servicebedürfnis zu befriedigen.
Nur wenn sie das Gefühl haben, dass ihr Bedürfnis vom Unternehmen erkannt wird und sie ernst genommen werden, lassen sie sich überzeugen und binden – mittel- wie langfristig. Relevanz wird damit zum zentralen und wichtigsten Content-Qualitätsfaktor und zur Kernvoraussetzung für Interaktion und Reichweite. Fehlt dieser dagegen, werden selbst stark gepushte Beiträge keine Sichtbarkeit erhalten, auf kein Interesse stoßen, keine Chance auf eine virale Verbreitung haben.
2. Expertenwissen
Organisationen sollten sich über dieses Themensetting als Experten zeigen und zum kompetenten Sprachrohr eines Themas werden – ob über eine themenspezifische Microsite, ein glaubwürdiges Fachblog, einen regelmäßigen Podcast oder repräsentative Online-Studien und Analysen zum Kerngebiet. Auf Basis eines ausführlichen Content-Audits lassen sich Themen identifizieren, welche die Organisation glaubwürdig besetzen kann und die weit über die pure Vermittlung der Kernbotschaften und der zentralen Unternehmensaussagen hinausgehen. Sie kann Wissen zu ihren fachlichen Kernthemen vermitteln, spezielle Serviceangebote bieten oder Dialogsituationen kreieren – also eine wirkliche Themenstrategie entwickeln.
Solch ein Themensetting kann ihr verhelfen, in der Fülle der Informationen eine Sichtbarkeit zu erreichen. Denn wer Themen setzt und Positionen darlegt, bestimmt den Diskurs und schafft Präsenz; wer sich als Opinion Leader etabliert, gewinnt an Deutungskompetenz im Meinungsmarkt und verschafft sich kommunikative Wettbewerbsvorteile.
3. Geschichten
Storytelling kehrt dabei das Innerste der Organisation nach außen und inszeniert es in Form von authentischen, glaubwürdigen, emotionalen Geschichten, um Informationen bei Bezugsgruppen besser verständlich zu machen und langfristig haften zu lassen. Jedes Unternehmen verfügt über zahlreiche Geschichten. Nur müsste es an jedem Berührungspunkt mit ihren Zielgruppen eine emotionale Geschichte erzählen, erklärt Coca-Cola die Strategie des „User Empowerment“ in zwei hervorragenden Videos.
Gleichzeitig kann ein Storytelling in digitalen Zeiten nur dann gelingen, wenn es zur Interaktion motiviert. Schließlich will das Unternehmen mit seinen Geschichten nicht nur emotionalisieren, sondern vielmehr Awareness erreichen, zu einer Aktion verführen – ob Website-Klick, Newsletter-Abonnement, Online-Bewerbung, Whitepaper- und App-Download, Produktkauf oder zumindest relevanten Traffic. Folglich geht es auch im Storytelling um anschlussfähige Geschichten, die Leser anregen, bei ihnen konkrete Aktionen auslösen sollen, sie zum Handeln auffordern. Sie sollen auch zum Teil der Geschichte werden, indem sie sie „weitererzählen, ändern, uminterpretieren und so zu ihrer eigenen machen. Das ist der Weg vom Storytelling zum Storydoing“, schreibt Hilkka Zebothsen, Chefredakteurin des Magazins pressesprecher.
4. Weitererzähl-Potenzial
Gerade im digitalen Bereich kommt es nicht nur darauf an, kreative Geschichten zu entwickeln, auf kleinere wie größere Zielgruppen zuzuschneiden und diese zu kommunizieren. Auch ist nicht allein eine aufregende und authentische Story mit spannender Dramaturgie und Resonanzpotenzial direkt eine Erfolgsgeschichte. Vielmehr muss sie ein Weitererzähl-Potenzial in sich bergen.
Vor allem sollte sie sich in einer Art und Weise weitererzählen lassen, dass man das glaubwürdige Engagement der Organisation zu spüren bekommt. Erst dann werden die Botschaften der Geschichte intensiv wahrgenommen und von den klassischen Medien wie innerhalb von Netzwerken und Online-Plattformen weiter verbreitet. Dies gelingt insbesondere dann, wenn sich User aktivieren, in die Prozesse mit einbeziehen lassen und damit zu authentischen Beteiligten der Kommunikation, zu Influencern und Multiplikatoren werden.
5. Transparenz
Spätestens seit dem Siegeszug des Social Web müssen Unternehmen transparent, offen und echt agieren. Verdeckte Operationen, geschönte Beiträge, gefälschte Kommentare, falsche Accounts werden in der Regel schnell entlarvt und können das Image eines Unternehmens nachhaltig beschädigen – auch in der Nicht-Online-Welt. Nutzer erwarten hinter Unternehmen stattdessen echte Personen, mit denen sie wirklichen Kontakt aufnehmen und in einen vertrauensvollen Dialog treten können.
Sie wünschen ebenso, dass Unternehmen durch den Dialog aus Fehlern lernen, diese revidieren und ihren Lerneffekt offen und öffentlich kommunizieren. Unternehmen sollten daher Dialoge aufnehmen, ihre Kompetenz und ihr Engagement zeigen, zu Fehlern stehen und transparent und authentisch agieren.
6. Mut
Wenn abgesehen von der Webseite, von der E-Mail, von Facebook, YouTube und Instagram noch immer viele Kommunikationskanäle nicht im hiesigen Breitenpublikum angekommen sind, verdeutlicht dies gleichzeitig die noch vorhandenen Chancen. Wer mit einer klaren Strategie und wertvollem, an Nutzerbedürfnissen orientiertem Content bewusst auf ein Corporate Blog setzt, einen E-Mail-Newsletter mit fachlichem Mehrwert aufbaut, Service-Angebote via WhatsApp und Facebook Messenger anbietet oder die neuen Publikationschancen wie LinkedIn Pulse, Medium oder Facebook Instant Articles nutzt, eröffnet sich die Chance, innerhalb seiner eigenen Branche eine hohe Sichtbarkeit zu erreichen: Als Vorreiter, als Innovator, als Themensetter.
Marken sollten dies als Chance begreifen, mit eigenen Accounts bei den Zielgruppen positiv aufzufallen – stets in Abstimmung mit der eigenen Unternehmens- und digitalen Kommunikationsstrategie. Bei diesem Aspekt kommt es stark auf den Mut der Organisationen an, vorhandene Plattformen – ob zur visuellen Kommunikation, zur mobilen Ansprache oder für Location Based Services – auszuprobieren und mit ihnen zu experimentieren. Solange sie von der Konkurrenz noch nicht stark besetzt sind, können sie sich zu einem Alleinstellungsmerkmal entwickeln, die der Kommunikation der eigenen Marke wiederum zugutekommt.
7. Kontinuität
Vom Start an muss das Unternehmen oder die Institution für adäquaten Content sorgen, Gespräche führen, Nutzer motivieren und vor allem auf sie reagieren – und dies kontinuierlich, in positiven wie in negativen Momenten. Es ist durchaus hilfreich, Schritt für Schritt mit den gewählten Kommunikationskanälen zu starten und sie nach und nach mit Inhalten zu füllen. Schließlich will niemand auf Kanäle treffen, auf denen noch (fast) keine Inhalte zu finden sind. Eine User-Bindung ließe sich auf jeden Fall nicht erreichen. Vielmehr sollte das Unternehmen seine ersten Versuche starten, langsam Content aufbauen, erste Dialoge initiieren, andere Unternehmen beobachten und so langsam als neues Mitglied in den gewählten Kanälen wahrgenommen zu werden. Erst wenn die ersten Kanäle professionell geführt sind und problemlos funktionieren, kann das Unternehmen die nächste digitale Plattform in ihre Innen- oder Außenkommunikation integrieren.
Auch bei diesem Step-by-Step-Eintritt müssen sich Unternehmen als ein einheitliches Gebilde darstellen, deren Kommunikationspräsenzen nicht völlig divergierende Bilder zeichnen. Und dies selbst dann, wenn sich Unternehmen von ihrer bisherigen strikten One-Voice-Policy etwas gelöst haben. Für solch einen einheitlichen Kommunikationsstrang sollten die Kanäle eng miteinander vernetzt sein, wobei jeder Kanal stets einen eigenen Zweck erfüllen und das gewählte Thema für die Zielgruppe individuell erzählen muss.
Bisherige Beiträge in der Serie „Digitales Wissen“
- (1) Der Hype Cycle und die digitale Affinitäts-Analyse
- (2) Das Leitbild oder: Wenn die Unternehmensstrategie fehlt
- (3) Die Blue Ocean Strategie
- (4) Der Begriff „langfristig“ in digitalen Zeiten
- (5) Sinus-Milieus als Orientierungshilfe
- (6) Der Stakeholder-Begriff
- (7) Leitfaden zur Stakeholder-Bestimmung
- (8) Erfolgsfaktoren bei der Persona-Entwicklung
- (9) Was sind Key Performance Indicators?
- (10) Influencer Relations vs. Influencer Marketing
+++++
Hinweis: Dieser stark angepasste „Ausflug“ entstammt meinem neuen Buch: „Die digitale Kommunikationsstrategie. Praxis-Leitfaden für Unternehmen. Mit Case Studys und Expertenbeiträgen. Für eine Kommunikation in digitalen Zeiten.“ Weitere Infos zum Buch, Hintergründe zur Entstehung des Leitfadens, Vorstellung der Gastautoren und verwendete Studien, Bestellung von Rezensions-exemplaren sowie ein Link zur Buchbestellung finden sich hier.
+++++