Wie lange bleibt man in seinem Job eigentlich glaubwürdig? Also, wie lange sollte man beispielsweise digitales Wissen vermitteln? Als Trainer, als Coach, als Berater? Und wann ist man – ganz salopp formuliert – »zu alt« dafür? Wann ist also die Zeit gekommen, sich zurückzuziehen? Gerade in einem Jobumfeld, das sich ständig ändert?
Solche Gedanken mache ich mir regelmäßig, insbesondere angesichts runder Geburtstage. Wie gerade eben erst.
Und nein, das ist keiner dieser Fishing-for-Compliments-Beiträge, von denen es gerade auf LinkedIn, Instagram & Co. so ungemein viele gibt. Und auch kein #Mimimi-Wehklagen. Warum auch. Vielmehr schwirrt mir diese Frage immer wieder durch den Kopf, weil sie gerade uns Freiberufler und Selbstständige irgendwann alle treffen wird. Wenn wir uns ihr stellen (wollen/können).
In den letzten ein bis zwei Jahren habe ich mich aus einigen Projekten, gerade auch aus Aus- und Fortbildungen bewusst und schrittweise zurückgezogen: aus Jobs, die sicherlich Jüngere als ich mindestens genauso gut bewältigen können; aus Projekten, in denen ich mir nicht mehr sicher war, ob sie zu mir und ich zu ihnen passe. Dieser Rückzug hatte auch etwas mit der Frage nach meiner eigenen Glaubwürdigkeit zu tun – also der Frage: Passt das alles noch so gut zu mir?
Wo liegt der besondere Mehrwert der Älteren?
Das Thema lässt sich natürlich auch ganz anders hinterfragen. Einfach gesagt: Wo liegt der Mehrwert, der Added Value, der USP der Älteren auch in so schnell drehenden Branchen? Sicherlich in der übergreifenden, stärker integrierenden und strategischen Denke, die auf Erfahrungen basiert; die auch den Blick auf ein Gestern und ein Morgen verbinden kann, was ich heute speziell auch in der Finanz- und Stiftungsbranche zu vermitteln suche. Doch wird dies auf die Dauer wirklich wertgeschätzt?
Dazu ist die Branche der digitalen Kommunikation in den letzten Jahren sicherlich nicht gerade entspannter und weniger dynamisch geworden. Wir erleben hier alle live mit, wie rasant und unaufhörlich sich die ganze Kommunikationsbranche weiterdreht. Allein wenn ich betrachte, wie stark Algorithmen und KI in den täglichen Ablauf eingedrungen und auch mein Herzensthema des Onlinetextes verändert, verwandelt, umgestülpt haben. Viel habe ich darüber in meinem letzten Buch über »Das Ende von Social Media« geschrieben.
Lebenslanges Lernen als Voraussetzung
Seitdem sind die Entwicklungen weiter gezogen und haben sich teilweise weiter beschleunigt. So ist es sicherlich nicht visionär, wenn ich heute sage, dass die Kommunikation in rund 10 Jahren eine sehr andere sein wird. Unabhängig davon, ob ich dies jetzt für gut oder schlecht empfinde.
Dieses Weiterdrehen erfordert, dass wir uns alle ständig und intensiv mit neuen Themen auseinandersetzen müssen. Gerade als Wissensvermittler, als der ich mich selbst gerne bezeichne. Früher hat man dies als eine Investition in „Lebenslanges Lernen“ bezeichnet. Heute muss es Alltag sein.
Doch wie lange können wir Alten noch glaubwürdig gerade für die vielen neuen und teils wirklich spannenden Themen stehen?
DVD statt VHS = Wissen?
Ich habe bis heute noch das Bild eines ungemein sympathischen Dozenten in meiner PR-Ausbildung vor Augen. Er hatte die Aufgabe, uns den Einsatz von Video in der PR zu vermitteln und zeigte uns VHS-Kassetten – ja, ich weiß, sehr lange her -, während wir schon im DVD-Fieber waren. Er war super nett. Aber er hatte seinen Höhepunkt als Trainer und Wissensvermittler bereits überschritten. Hat ihm dies jemand gesagt?
Will man so „enden“? Nicht wirklich. Aber wer sagt einem dann, dass es so weit ist? Oder ist es das eigene Gefühl, das „Stopp“ ruft? Ich weiß es (noch) nicht.