Stichwort Wissenswertes: Der Hype Cycle

28.08.2020

Waren früher technologische Veränderungsprozesse oft generationsübergreifende Vorgänge, so hat sich die Entwicklung digitaler Technologien deutlich beschleunigt. Von dem Experiment und der Betaversion zum marktreifen Massenprodukt ist es in heutigen agilen Zeiten oft nur eine Sache von wenigen Jahren oder gar Monaten. Dabei durchlaufen viele Technologien bei ihrer Implementierungsphase verschiedene Phasen in der öffentlichen Wahrnehmung. In diesem Kontext lohnt sich ein Blick auf den sogenannten Hype Cycle, auf den ich im meiner Serie „Stichwort Wissenswertes“ aus meinem Buch „Die digitale Kommunikationsstrategie“ heute blicke.

Der Hype Cycle und die digitale Affinitätsanalyse

Der Begriff »Hype Cycle« wurde im Jahre 1999 durch Jackie Fenn vom Marktforschungsunternehmen Gartner Inc. geprägt. Er zeichnet den zeitlichen Verlauf nach, welche Phasen der öffentlichen Aufmerksamkeit eine neue Technologie nach ihrer Einführung durchläuft. Während auf einer y-Achse Daten bezüglich Aufmerksamkeit und Erwartungen an eine neue Technologie aufgetragen sind, verläuft auf der x-Achse der Faktor Zeit seit erstmaliger Bekanntgabe der neuen Technologie. Insgesamt sind 5 Phasen zu beobachten, deren zeitlicher Verlauf sich wie folgt charakterisieren lässt:

Gartner Hype Cycle

Quelle: Hype Cycle nach Gartner Inc., Jeremy Kemp für English Wikipedia45; von Idotter, CC BY-SA 3.0

Gartner: Vom Auslöser zur Erleuchtung

Die 1. Phase definiert Gartner als »Technologischen Auslöser«. Sie bezeichnet den Moment, in dem eine neue Technologie öffentlich sichtbar wird und nach dem Durchbruch schnell auf hohes Interesse stößt. Stufenweise nimmt ihre Verbreitung zu. Dies führt zu einer intensiveren Nutzung. Daraus resultieren oftmals übertriebene und unrealistische Einschätzungen. Nicht erfüllte Erwartungen an die neue Technologie führen dazu, dass die Kurve vom »Gipfel der überzogenen Erwartungen« in das »Tal der Enttäuschungen« hinabstürzt. Solch eine Kurve verdeutlicht: So schnell die Technologie öffentliche Sichtbarkeit erhalten hat, so rasch hat sie wieder an Aufmerksamkeit verloren. Als Konsequenz nehmen die Berichterstattung in den Medien und die Nutzung der Technologie wieder ab.

Am Tiefpunkt ist der Moment gekommen, dass sich die Unternehmen, die Institutionen und die einzelnen Nutzer stärker mit der neuen Technologie auseinandersetzen. Sie versuchen die wirklichen Möglichkeiten der Neuerung zu erkennen. Das Wissen, verbunden mit jetzt deutlich realistischeren Erwartungen bezüglich der Vorteile wie der Grenzen der Technologie, führt auf einen »Pfad der Erleuchtung«. Wird die positive Einschätzung der Vorteile und Chancen von anderen geteilt, kann die Entwicklung auf ein »Plateau der Produktivität« gelangen. In diesem Moment kann nicht mehr von einem Hype gesprochen werden. Die Technologie ist stattdessen etabliert. Dabei hängt die finale Höhe des Plateaus davon ab, ob sie sich auf dem Massenmarkt behaupten oder nur von Nischenmärkten übernommen wird.

Einschätzung von neuen Tools und Technologien

Der Zyklus von Gartner hilft insbesondere Unternehmens- und Technologieberatern, die Einführung einer neuen Technologie einschätzen zu können. Gleichzeitig lässt sich der Zyklus gut auf die digitale Kommunikation übertragen. Ohne sich von Hypes anstecken zu lassen, lassen sich die wirklichen Potenziale digitaler Technologien für das eigene Umfeld erkennen. Gerade Kommunikationsexperten dient er als hilfreiche Vorlage, um die Einführung neuer Technologien, Tools oder Trends zu bewerten. Schließlich müssen sie in ihrer Funktion als Berater in der Lage sein, frühzeitig die Chancen neuer Plattformen, Dienste und Anwendungen zu beurteilen sowie ggf. das kommunikative Risikopotenzial zu identifizieren.

Letztlich sollten Kommunikationsmanager die Aufgabe einer Themenanalyse und -bewertung – so die Kommunikationsprofessoren Thomas Pleil und Ansgar Zerfaß in ihrem „Handbuch Online-PR“ – »als Teil des Issues Managements sehen, das in diesem Fall der kontinuierlichen Anpassung und Verbesserung der Online-Kommunikation selbst dient«.

Bisher erschienen in der Serie „Stichwort Wissenswertes“:

Die digitale Kommunikationsstrategie von Dominik Ruisinger

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