Mei­ne lie­be Deut­sche Bahn,

ich mag dich wirk­lich. Und das ist auch genau so und ernst gemeint. Denn du gibst dir Mühe, viel Mühe. An vie­len Stel­len. Und hast auch mir in der Ver­gan­gen­heit oft gehol­fen. Gera­de wenn du selbst Feh­ler gemacht hast. Nur: Nach rund zwei Wochen Japan hät­te ich doch eini­ge ganz kon­kre­te, kon­struk­ti­ve Vor­schlä­ge, wie du dei­nen Freund, also mich, und all dei­ne ande­ren Freun­de, die guten Bekann­ten, aber auch dei­ne Geg­ner — die du immer unter dem Begriff “Kun­den” sub­su­mierst – *(Klei­ner Tipp: Hast du schon mal das Clue­train Mani­fest gele­sen? Ist lehr­rei­cher als vie­le noch so gut gemein­te Cor­po­ra­te Lan­guage Lehr­fil­me) – noch zufrie­de­ner stel­len könn­test. Um mich auf künf­ti­ge Ver­än­de­run­gen bei dir bes­ser ein­stel­len zu kön­nen, wäre es ganz super, wenn du mit­tei­len könn­test, ob, bis wann und wenn nicht war­um du wel­che Vor­schlä­ge anneh­men und umset­zen wirst. Du willst unse­re Freund­schaft doch pfle­gen, oder?

1. Freund­lich­keit. 
Der Kun­de ist in Japan nicht König. Er ist Gott. Und das wird gezeigt – durch eine extrem hohe Per­so­nal­prä­senz und das höchs­te Maß an Freund­lich­keit. Kaum ver­weilt man eine Sekun­de unent­schlos­sen am Bahn­hof, hat man schon einen Hel­fer an sei­ner Sei­te, selbst wenn sich des­sen Eng­lisch-Kennt­nis­se teils auf ein freund­li­ches Lächeln beschrän­ken. Gera­de die­se Prä­senz ver­bun­den mit einem höchs­ten Maß an Hilfs­be­reit­schaft wür­de ich mir von dir erwün­schen, wenn ich das nächs­te Mal etwas ver­lo­ren auf dem Bahn­gleis her­um­ste­he – bei einer dei­ner berühmt-berüch­tig­ten Wagen­än­de­run­gen oder einer Ver­spä­tung, bei­des übri­gens völ­lig undenk­bar hier in Japan.

2. Pünkt­lich­keit. 

Übersichtlicher Wagenanzeiger in Tokyo, Japan

Über­sicht­li­cher Wagen­an­zei­ger in Tokyo, Japan

Ich hat­te schon im Vor­feld eini­ges über die Pünkt­lich­keit von Japans Ver­kehrs­mit­teln – ob Bahn oder Sub­way – gehört. Das Vor­ort-Ergeb­nis hat die­sen Ein­druck wei­ter ver­stärkt. In den knapp zwei Wochen mei­nes Auf­ent­hal­tes habe ich kei­nen ein­zi­gen Zug mit Ver­spä­tung erlebt. So ist es nicht über­ra­schend, dass es den bekann­ten Spruch “Wir möch­ten uns für die Ver­spä­tung und die damit ver­bun­de­nen Unan­nehm­lich­kei­ten ent­schul­di­gen” hier nicht zum Wort­schatz zählt.

War­um mir das so wich­tig ist? Bei mei­ner letz­ten geschäft­li­chen Rei­se kurz vor mei­ner Japan-Rei­se kos­te­te mich eine dei­ner Wei­chen­um­stel­lun­gen mal wie­der ein Mee­ting samt Din­ner. Was ler­nen wir also dar­aus: Pünkt­lich­keit = Ver­läss­lich­keit = zufrie­de­ne Kun­den = stär­ke­re Mul­ti­pli­ka­to­ren = mehr Kun­den = höhe­re Umsät­ze. Das rech­net sich also doch, oder? Vor allem lie­fert dies einen deut­lich höhe­ren und dazu rele­van­ten ROI im Ver­gleich bei­spiels­wei­se zu all dei­nen Social Media Akti­vi­tä­ten — auch wenn sol­che Ver­glei­che natür­lich hinken.

3. Orga­ni­sa­ti­on.

Japanischer Bahnhof mit einfacher Orientierung beim Einstieg

Japa­ni­scher Bahn­hof mit ein­fa­cher Ori­en­tie­rung beim Einstieg

Eine ver­än­der­te Wagen-Rei­hen­fol­ge ist für vie­le eurer Kun­den ein gro­ßes Ärger­nis. Auch für mich. Sorgt sie auf Bahn­stei­gen stets für Unru­he, Cha­os, Ori­en­tie­rungs­lo­sig­keit – und das gleich zum Start der Rei­se. Ger­ne übri­gens in Kom­bi­na­ti­on mit aus­ge­fal­le­nen Sitzplatzreservierungen.

Wer will denn so auf Rei­sen gehen?!

Bei­des in Japan prak­tisch aus­ge­schlos­sen. Bereits auf dem Bahn­gleis ist auf dem Boden in Zah­len und Sym­bo­len genau ange­ge­ben, wo sich der ver­ehr­te Gast anstel­len soll – und genau dort wird der Zug auch halten.

Übri­gens: Je nach Zug­art mit unter­schied­li­chen Sym­bo­len auf dem Boden oder mit Extra-Berei­chen nur für Frauen.

Bahnhof in Japan: Eintritt hier nur für Frauen.

Frau­en­freund­li­cher Bahn­hof in Japan: Ein­tritt hier nur für Frauen.

Die Ori­en­tie­rung kann wirk­lich so ein­fach sein. Fän­dest du doch selbst super, oder? Die Wagen müss­ten dazu nur in ihrer ursprüng­li­chen Zahl und Rei­hen­fol­ge belas­sen wer­den. Das kann doch nicht so schwer sein, oder lie­ge ich da etwa falsch?

4. Sau­ber­keit.
Apro­pos War­ten. Wäh­rend ich drau­ßen am Bahn­gleis mit allen ande­ren wie auf einer Schnur auf­ge­reiht und ohne Ellen­bo­gen-Ein­satz dar­auf war­te, in mei­nen Wagen 4 ein­ge­las­sen zu wer­den, wird im Zug selbst noch her­um­ge­wu­selt. War­um? Die Putz­ko­lon­ne ist im Ein­satz. Jeder star­ten­de Zug muss blitz­blank sau­ber sein. Schließ­lich sol­len wir Pas­sa­gie­re uns doch wohl füh­len. Dazu zählt bei­spiels­wei­se auch, dass alle Japa­ner ihren – falls vor­han­de­nen – mit­ge­brach­ten Müll ent­we­der in die Müll­ei­mer in den Zwi­schen­ab­tei­len wer­fen oder ihn wie­der mit­neh­men. Ver­dreck­te Sitz­plät­ze, über­quel­len­de Müll­ei­mer, über­füll­te Net­ze — nein, nie­mals. Aber ich weiß, das ist nicht nur dein Ding. Das ist eher eine Fra­ge an die Kin­der­stu­be vie­ler Mit­rei­sen­den .… Wäre das nicht mal eine Kam­pa­gne wert, die auch dir selbst einen Mehr­wert bie­ten würde?

5. Bequem­lich­keit.

Beinfreiheit im Shinkansen auf dem Weg von Tokyo nach Kyoto

Japa­ni­sche Bahn: Bein­frei­heit im Shink­an­sen auf dem Weg von Tokyo nach Kyoto

Du bist mir schon viel lie­ber als die Flug­li­ni­en. In deren Ölsar­di­nen-Dosen ist es immer so furcht­bar eng. Dein Sar­di­nen-Käfig ist im direk­ten Ver­gleich schon etwas beque­mer, nur: Saßt du mal auf einem Sitz in einem japa­ni­schen Zug? Wie ich in einem Shin­ka­sen von Tokyo nach Kyo­to? Hast du dich rich­tig aus­ge­streckt? Und es selbst bei dei­ner enor­men Kör­per­grö­ße nicht geschafft, mit den Knien an den Vor­der­sitz anzu­sto­ßen? Ist das nicht ein tol­les Gefühl?

Die­se Bein­frei­heit könn­ten wir alle in dei­nem ICE oder sogar einem älte­ren IC genie­ßen. Du müss­tet dich nur bei der nächs­ten Wagen­be­stuh­lung ein­fach an den Fens­tern ori­en­tie­ren – und ein paar Pro­zen­te Pro­fit gegen ein hohes Maß an Glück ein­tau­schen. Dies hät­te den schö­nen Neben­ef­fekt, dass jeder Gast zum Fens­ter raus­schau­en kann und nicht an die Sei­ten­wand bli­cken muss. Denn das ist doch auch blöd, fin­dest du nicht auch, lie­be Bahn?

Mein lie­ber Freund, es ist auch in Japan nicht alles Gold. Der Kaf­fee schmeckt genau­so übel wie bei euch. Aber Japan ist ja auch Tee­land. Beim Kaf­fee soll­test du dich bes­ser an der Schwei­zer SBB mit Ori­gi­nal Lavaz­za-Kaf­fee (okay, es gibt lecke­re Mar­ken) oder an der ita­lie­ni­schen Tre­ni­ta­lia ori­en­tie­ren. Die machen die Fahrt zum Kaf­fee-Genuss … Aber das ist eine ande­re Geschich­te. Und auch WLAN ist in den japa­ni­schen Bah­nen erst in der nagel­neu­en Ver­si­on vor­ge­se­hen, die gera­de lang­sam aus­ge­rollt wird. Ach kur­ze Fra­ge: Wann ist es denn bei dir soweit?

Du liest schon: Es ist wirk­lich nicht schwer, mich als dein Freund und die vie­len ande­ren glück­lich zu stim­men. Du musst es nur wol­len. Und wenn du mir zumin­dest die­se klei­ne Wunsch­lis­te erfül­len wür­det, dann wäre ich glück­lich. Und das willst du doch auch, oder?

Dein Freund Dominik

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