End­less sto­ry: Die Agen­tu­ren und ihr Nachwuchs

04.01.2019

Als lang­jäh­ri­ger Trai­ner habe ich das Glück, pro Jahr auch mit rund 350 Volos, Junio­rin­nen und und Junio­ren aus der PR- und Kom­mu­ni­ka­ti­ons­bran­che meh­re­re Tage zu ver­brin­gen. Mir per­sön­lich bringt das immer viel Neu­es und Anre­gen­des, ver­än­der­te Denk­wei­sen und inspi­rie­ren­de Momen­te, die mich in mei­ner Rol­le als Coach und Con­sul­tant wei­ter­brin­gen. Doch mein Rück­blick 2018 ist auch von eini­gen befremd­li­chen Momen­ten geprägt, die ins­be­son­de­re die Agen­tur­land­schaft betreffen. 

Begin­nen wir mit einer ganz ein­fa­chen Fra­ge: Wie soll man als Trai­ner reagie­ren, wenn man in Work­shops von Volos mit sol­chen Aus­sa­gen kon­fron­tiert und gleich­zei­tig um Rat gefragt wird:

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  • Wir haben am Wochen­en­de Anru­fe von unse­rem Chef erhal­ten, dass wir in unse­ren XING- und Lin­ke­dIn-Pro­fi­len sofort das Wort Volon­tär löschen sol­len und durch Bera­ter erset­zen müs­sen, auch wenn wir es doch noch gar nicht sind.
  • Wir dür­fen den Kun­den gegen­über auf kei­nen Fall sagen, dass wir noch Volon­tä­re sind.
  • Wir wer­den Kun­den gegen­über als Bera­ter abge­rech­net und nicht als Volos. Schließ­lich wis­sen dies die Kun­den nicht.
  •  „Wir müs­sen uns bei Feh­lern stets dem Kun­den recht­fer­ti­gen, obwohl wir doch als Volos noch in einem Lern­pro­zess sind und daher auch Feh­ler machen.
  • Dass es bei Wett­be­wer­ben und Kon­zep­ten abends auch mal spä­ter wer­den kann, ist voll­kom­men okay. Aber wir sind oft am Wochen­en­de die Ein­zi­gen in der Agen­tur, die arbei­ten müs­sen, da wir ja nur Volon­tä­re sei­en.

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Ja, die­se Aus­sa­gen gab es. Lei­der. Alle. Gleich mehr­fach. Von Volos aus Mini-Agen­tu­ren, mit­tel­gro­ßen Agen­tu­ren, GPRA-Agen­tu­ren. Offen in Kur­sen aus­ge­spro­chen oder im 1‑zu-1-Gespräch anver­traut. Und dabei dreh­te sich mir jedes Mal der Magen um. Sind dies alles Einzel(zu)fälle? Ich hof­fe und wün­sche es mir. 

Bären­dienst gegen­über Men­schen und Branche

Aber darf es über­haupt sol­che Fra­gen geben? Natür­lich nicht. Wer als Agen­tur sol­che Fra­gen ver­ur­sacht, der hat sei­ne Ver­ant­wor­tung gegen­über dem Nach­wuchs nicht ver­stan­den. Und nicht nur das: Aktu­ell gibt es vie­le Ideen und Pro­jek­te, um Agen­tu­ren und Nach­wuchs noch näher zu brin­gen: Die #30u30-Initia­ti­ve von Nico Kun­kel, die ich mit mei­nem Blog-Bei­trag 2012 unbe­wusst mit­in­iti­iert habe; Bran­chen­kam­pa­gnen wie komm​-in​-die​-agen​tur​.de; intel­li­gen­te Speed-Dating-For­ma­te von Hoch­schul­in­itia­ti­ven wie The Pitch der Public Rela­ti­ons Stu­die­ren­den Han­no­ver (PRSH.) und vie­le ande­re (Dis­clai­mer: Ich bin PRSH.-Kuratoriumsmitglied). Genau die­sen Initia­ti­ven wird mit sol­chen Aktio­nen – ob Ein­zel­fall oder Wie­der­ho­lungs­tä­ter – der frucht­ba­re Boden ent­zo­gen, ja, der Gar­aus gemacht. 

Denn: Wir leben nicht nur in einem digi­ta­len Zeit­al­ter. Wir leben vor allem in einer guten alten Zeit, in der auch in Work­shops dar­über offen gespro­chen wird. Und danach heißt es nicht nur für alle Zuhö­ren­den – Tref­fer, Agen­tur aus dem Blick­feld ver­senkt — , son­dern auch schnell, dass vie­le Agen­tu­ren so sei­en. Auch wenn ich aus mei­ner über zwei Jahr­zehn­te alten Erfah­rung zu wis­sen den­ke, dass es in der Mehr­heit nicht so aus­sieht: Plötz­lich wird allen die­ses schäd­li­che Sie­gel über­ge­zo­gen, sodass — so eine wei­te­re Beob­ach­tung 2018 — Agen­tu­ren für immer weni­ger Teil­neh­me­rin­nen und Teil­neh­mer als Arbeit­ge­ber in Fra­ge kommen.

Auf der Suche nach der Agentur-Lust 

Was ist also zu tun, um dem Nach­wuchs Lust auf die Agen­tur zu machen? Im von mir sehr geschätz­ten Pod­cast “Tal­king Digi­tal” sprach im Dezem­ber Saschar Klein mit Phil­ipp Jes­sen von Sto­ry­ma­schi­ne. Und auch wenn dies kei­ne klas­si­sche (PR-)Agentur ist, so sprach er doch etwas Bedeut­sa­mes aus: Wir schaf­fen ein Umfeld, in dem die Leu­te ger­ne sind, sich wohl­füh­len und sich dort mit ande­ren ver­net­zen. Also ein­fach gesagt: Wohl­fühl- und Netz­wer­k­at­mo­sphä­re statt Krea­tiv-Räu­men im Untergeschoss. 

Natür­lich ist mir bewusst, dass sich vie­le Agen­tu­ren dazu aus­führ­lich Gedan­ken machen und die­se umset­zen. Nur schei­nen vie­le ande­re – so mei­ne Beob­ach­tung – noch kräf­tig ler­nen zu müs­sen. Und die lei­di­ge 2018 viel dis­ku­tier­te Gehalts­fra­ge hilft allein nicht wirk­lich wei­ter; schließ­lich geht es vor allem um die inter­ne Kul­tur. Wie also vor­ge­hen? Viel­leicht kön­nen ja sol­che Fra­gen zu die­sem not­wen­di­gen Lern­pro­zess beitragen:

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  • Was kann ich kon­kret tun, damit sich der Nach­wuchs bei uns wirk­lich wohl­fühlt und uns nicht nur als eine (zu) kur­ze Trep­pen­stu­fe auf der Kar­rie­re­lei­ter sieht?
  • Wel­che Fort­bil­dun­gen haben und pro­mo­ten wir kon­ti­nu­ier­lich, schließ­lich befin­det sich der Nach­wuchs in einer Bildungsphase?
  • Wel­che Ver­net­zungs­mög­lich­kei­ten bei­spiels­wei­se über inter­ne wie ins­be­son­de­re exter­ne Bran­chen-Events bie­ten wir aktiv an, damit sich unse­re Volos mit ande­ren aus­tau­schen kön­nen (und damit auch neue für uns als Aus­bil­der und Team begeis­tern können)?
  • Wie stark und inten­siv neh­men wir unse­re Volos denn selbst an die Hand, schließ­lich heißt Aus­bil­dung auch „aus Feh­lern lernen“?
  • Wie akzep­tiert sind unse­re Volos wirk­lich bei uns – gera­de auch was ihre Berei­che und ihre Inte­gra­ti­on in Ent­schei­dungs­pro­zes­se betrifft? 

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Mein fina­ler Tipp, lie­be Agen­tu­ren: Sprecht viel mit euren Volos, euren Junio­rin­nen und Junio­ren. Und bit­te ein­fach nur zuhö­ren! So lernt ihr vie­les. Oder holt euch Anre­gun­gen über die erwähn­te Initia­ti­ve #30u30, die ganz nah an die­sen Men­schen und ihren Denk­wei­sen ist. Denn eines wis­sen wir doch alle: Die Recrui­ting-Zei­ten beim „War of Talents“ wer­den künf­tig noch deut­lich rau­er werden.

So it‘s time for a chan­ge. Now.

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