Mein neues Fachbuch: „Die digitale Kommunikationsstrategie“

Mein neues Fachbuch: „Die digitale Kommunikationsstrategie“

Vor wenigen Tagen ist mein neues Fachbuch „Die digitale Kommunikationsstrategie“ im Schäffer-Poeschel Verlag erschienen. Es soll Unternehmen und Institutionen als Step-by-Step-Leitfaden dienen, um ihre Kommunikation in digitalen Zeiten besser verorten, integrieren und steuern zu können – immer angedockt an die Unternehmensziele. So zumindest meine Hoffnung.

Denn wie funktioniert integrierte Kommunikation in digitalen Zeiten? Wie entwickelt man eine Social Media Strategie? Gibt es weitere digitale Instrumente, die sinnvoll einzubeziehen sind? Wie geht man am besten vor? Wie machen das andere, woran man sich orientieren könnte?

Fachbuch Kommunikationsstrategie im digitalen Zeitalter

Dominik Ruisinger: Die digitale Kommunikationsstrategie

Mit Fragen wie diesen werde ich regelmäßig belagert – ob bei Beratungen, in Coachings oder während Seminaren. Selbstverständlich gibt es interessante Leitfäden zur Konzeptionslehre, Bücher über die Kommunikation in digitalen Zeiten und eine Menge Papier- und Blog-Werke zum Themenkomplex Social Media. Viele dieser Lektüren habe ich auch ins Buch integriert. Nur: Was empfehle ich Teilnehmern und Kunden, wenn sie konkret nach einem Strategiebuch fragen? Wenn sie eine eigene Strategie im digitalen Zeitalter entwickeln wollen? Oder die bisherige in Frage stellen und überarbeiten beabsichtigen? Genau solche Fragen habe ich mir gerade in den vergangenen zwei Jahren öfters gestellt. Irgendwann Anfang 2016 habe ich dann damit begonnen, solche Fragezeichen in schriftlicher Form abzuarbeiten. Das Ergebnis heute: Ein Buch über Strategien, Konzepte und die digitale Kommunikation. Als ein weiterer Leitfaden – nach meinen Büchern wie „Online Relations“ und „Public Relations“.


Tipp: Für einen ersten Blick ins Buch oder ins detaillierte Inhaltsverzeichnis: Bitte hier entlang


Ein Leitfaden, der an die Hand nimmt
Nein, mir ging es nicht darum, die Welt der Strategie neu zu finden oder gar zu revolutionieren. Das ist meiner Meinung nach gar nicht notwendig. So dockt eine digitale Kommunikationsstrategie an vieles bereits Vorhandenes an, das teils „nur“ einer kräftigen Denk-Revision unterzogen werden muss. Schließlich haben sich die Voraussetzungen für eine erfolgreiche Kommunikation keineswegs grundlegend verändert. Auch die häufig vollzogene Gegenüberstellung von „klassischer“, herkömmlicher Kommunikation und „moderner“, digitaler Kommunikation bringt uns nicht weiter. Vielmehr gilt es, die Kommunikation den veränderten Chancen und Risiken im digitalen Zeitalter anzupassen und mit den bisherigen Aktivitäten in einen harmonischen Einklang zu bringen.

Darum habe ich mich in diesem Buch auch von den bereits vorhandenen vielfältigen Beiträgen – ob in Buchform, als PDF-Leitfaden oder als Blog-Post – inspirieren lassen, sie aufgenommen und eingebunden. Zusammen mit meinen eigenen Gedanken ist auf diesem Wege ein Leitfaden für Unternehmen und Institutionen entstanden, eine strategische Vorgehensweise, die Organisationen konkret an die Hand nimmt, damit sie Schritt für Schritt ihren eigenen Weg in die neue digitale Kommunikationswelt gestalten und mit ihren bisherigen Aktivitäten verknüpfen können.

Praxis, Tipps, Experten
Auf den gut 300 Seiten ging es mir weniger um Social Media, um einzelne digitale Medien oder ausgewählte Plattformen. Dafür gibt es genügend Lesenswertes. Vielmehr war es das Ziel – wie in meinen Coachings und Trainings – konkret zu helfen, anzuregen, Gedanken zu öffnen, Bestehendes in Frage zu stellen, aber auch mittels Case Studies und vielfältiger Gastbeiträge erfolgreiche Ansätze und Lösungen aufzuzeigen. So ist das Buch als praktischer Leitfaden mit How-to-Do-Charakter angelegt, das Interessierte bei der Erarbeitung ihrer Strategie an die Hand nimmt.

Dies ist bereits im Inhaltsverzeichnis ersichtlich (hier downloaden): Während ich in Teil 1 einige der Voraussetzungen, Hindernisse und Trends konkret benenne, und einen Blick auf den digitalen Wandel, auf die digitale Gesellschaft, auf die Paradigmenwechsel gerade in Zeiten des Social Web und insbesondere auf strategisch notwendige Change-Prozesse werfe, zeige ich in Teil 2 Stufe für Stufe die zentralen Schritte bei der Entwicklung einer Strategie auf.

Schritt für Schritt, Kapitel für Kapitel wird beschrieben, wie eine integrierte Kommunikationsstrategien im digitalen Zeitalter anzugehen ist. Dazu werden die Voraussetzungen und Erfolgsfaktoren benannt, die existierenden Widerstände und möglichen Hindernisse verständlich gemacht und an Beispielen unterschiedlicher Branchen und Größenordnungen aufgezeigt. Und dies auch mittels spannender Gastbeiträge von viel beschäftigten Menschen, die trotzdem die Zeit dafür gefunden haben.

Ob final mein strategischer Leitfaden als Wegweiser durch die Praxis hilft, und den Weg hin zu einer Kommunikationsstrategie in digitalen Zeiten erleichtert, das müssen wiederum die Leser und Umsetzer beurteilen. Ich werde es auf jeden Fall beobachten.


Rezensionsexemplar für Blogger und Journalisten
Wer mein neues Fachbuch gerne rezensieren möchte, der wendet sich bitte direkt an Carsten Beck von Prospero PR, der im Auftrag des Schäffer-Poeschel Verlages sich um die Buch-PR kümmert – oder auch direkt an mich.


Mein Dank an großartige Menschen
Last but not least möchte ich einigen Weggefährten meinen großen Dank ausdrücken: Den 9 Gast-Autoren, meinen 3 Fachkorrektoren, den Verlagspartnern und den unzähligen Blog-, Buch- Autoren und Kommentatoren sowie meinen Studierenden und Workshop-Teilnehmern, die mir beim Lesen, in Trainings und in Seminaren immer wieder neue Anregungen für dieses Buch verpasst haben. Ohne all sie wäre das vorliegende Buch niemals entstanden. Daher: Danke!

Und jetzt: Viel Spaß beim Lesen!

Zukunft Social Media? Eine Vision.

Zukunft Social Media? Eine Vision.

Wie entwickelt sich die Social Media Welt weiter? In Workshops, Trainings und Coachings werde ich des Öfteren nach einer Vision, nach Trends und Tendenzen, nach einer Prognose gefragt. Auch wenn Visionen immer einem leicht vergänglichen Blick in die Glaskugel gleichen, könnte diese wie folgt aussehen – zumindest aus dem Blickwinkel des Jahresbeginns 2015.

Kommunikationsmanagement Loseblattsammlung

Kommunikationsmanagement Loseblattsammlung

Hinweis: Dieser – wirklich etwas längere – Beitrag erschien bereits im März 2015 in: Kommunikationsmanagement (Loseblatt), herausg. von Bentele/Piwinger/Schönborn, Beitrag Nr. 5.80, Köln 2015.

Vor knapp drei Jahren habe ich einen längeren Beitrag über „Das Ende von Social Media wird kommen“ geschrieben, in dem ich mich vor allem mit dem Ende der Begrifflichkeit auseinander gesetzt habe: „Es ist nur eine Frage der Zeit, bis sich dieser Begriff selbst erübrigt hat„, schrieb ich damals. Und um etwaigen Missverständnissen vorzubeugen: „Ich meine damit nicht die Social Media Aktivitäten oder Plattformen an sich, sondern den Begriff in seiner Einzelstellung und Bedeutung als Gattung – ganz unabhängig davon, ob man diesen Begriff noch hören kann oder nicht.“

Im Oktober 2014 hat der Social Media Experte Daniel Fürg in einem Blog-Beitrag mit dem bewusst provokanten Titel „Warum es bald keine Social Media Manager mehr geben wird“ in dieselbe Kerbe geschlagen und meinen Abgesang auf den Begriff auf das Arbeitsfeld ausgeweitet: „Social Media Manager in ihrem heutigen Verständnis werden wir in wenigen Jahren in keinem Unternehmen mehr finden.“ Schließlich könne Social Media nicht mehr für sich alleine stehen – auch nicht personell, so seine Erklärung. Als Konsequenz setzt er künftig auf einen „Digital Media Manager“, der für alle Kommunikations- und Marketingaktivitäten in allen digitalen Kanälen innerhalb einer Organisation gesamtverantwortlich ist. Also eine im Vergleich zu heute erwachsen gewordene Beraterfunktion, die mit mehr Verantwortung, einer erweiterten Erwartungshaltung und einem gewachsenen Aufgabenfeld ausgestattet und verbunden ist: „Der Digital Media Manager muss (…) eine interdisziplinäre Einheit sein, eine Schnittstelle, die digitale Kompetenzen in beiden Bereichen (er bezieht sich hier auf Kommunikation und Marketing) vorweisen und diese zusammenführen kann.

Notwendige Reifeprozesse einer Branche
Im Umkehrschluss heißt dies: Wenn dem Social Media Manager in seiner künftigen Bezeichnung als Digital Media Manager nicht mehr Verantwortung innerhalb einer Organisation eingeräumt wird und er nicht in sämtliche Kommunikationsprozesse einer Digitalstrategie von Anfang an als Partner eingebunden ist, wird er seine mit der neuen Bezeichnung verbundenen Aufgaben kaum ausfüllen können. Ansonsten wird er die „Facebook-Tussi“ oder der „Twitter-Heiner“ bleiben, mit einer Achtung innerhalb einer Organisation, die an das frühere Schimpfwort „PR-Fuzzi“ für den meist auf Medienarbeit abgestempelten und nur gering geschätzten PR-Mitarbeiter innerhalb der Kommunikations- und Marketingabteilung erinnert.

Wenn man berücksichtigt, wie lange die Public Relations-Branche benötigt hat, um sich das wachsende Ansehen, den Respekt und die relative Akzeptanz als Partner innerhalb des Kommunikations- und Marketing-Instrumentenkoffers zu erarbeiten, ist der Weg zum Digital Media Manager – unabhängig von dessen künftiger konkreter Bezeichnung – noch weit und mit vielen Steinen und hohen Hürden besetzt. Doch welch hohe Relevanz diese Entwicklung haben sollte, verdeutlicht ein kurzer Blick in die Vergangenheit.

Als es noch Telefonistinnen gab …
Drehen wir die Zeit ein paar Jahrzehnte zurück, so tauchen aus der Vergangenheit plötzlich Berufe auf, an die uns heutzutage höchstens ältere Filme erinnern. Einer dieser Berufe war der einer Telefonistin – mit Betonung auf die ‚in‘-Endung. Männer übten diesen Beruf schließlich kaum aus. Diese hatten die immer wieder sich wiederholende Aufgabe, Menschen, die per Telefon in Dialog treten wollten, miteinander zu verbinden. Und dies möglichst schnell, fehler- und reibungslos. In den 90er Jahren des vergangenen Jahrhunderts bekamen gelernte Sekretärinnen die neue Aufgabe hinzu, sich in die Kommunikation per E-Mail einzuarbeiten bzw. diese für ihre meist etwas älteren und nicht immer besonders online affinen Chefs zu übernehmen. Eine Jobaufgabe, die sicherlich ihren Höhepunkt längst überschritten hat und eher im Aussterben inbegriffen ist.

Warum dieser kurze Rückblick: Kaum eine Organisation wird heute noch über eine Telefon-Abteilung verfügen; oder einen Bereich, der für den gesamten E-Mail-Verkehr einer Organisation zuständig ist. Alles andere würden wir als abstrus und als „gestrig“ bezeichnen, verbunden mit einem Lächeln über die Absurdität einer solchen Einrichtung. Längst hat jeder Mitarbeiter es erlernt, parallel zu seinem früheren Briefverkehr und der telefonischen Kommunikation sich ebenso per E-Mail mit seinen Kollegen, Partnern, Medien, aber auch mit privaten Kontakten auszutauschen. Und dies teils hoch professionell. Das Interessante daran: Genau so werden die künftigen Menschen über unsere heutigen Social Media Abteilungen lächeln, über deren Absurdität, über deren Überflüssigkeit, über deren Gestrigkeit. Und dies nicht erst in der fernen Zukunft, sondern schon recht bald; das heißt, in einigen wenigen Jahren.

Bye bye Social Media Abteilung
Schon in diesem Jahr 2015 werden wir verstärkt beobachten können, wie Organisationen noch stärker als bisher die Social Media Kommunikation ins Haus holen. Immer mehr werden Social Media als festen Bestandteil ihrer integrierten Gesamtkommunikation begreifen. Nicht dass es keine Organisationen gäbe, die diesen Schritt bereits vollzogen hätten oder am vollziehen sind. Nur handelt es sich bei diesen noch um Ausnahmen, die sich eher in den Präsentationen vieler Berater und Coachs wiederfinden, denn als Vorbild und Muster für die Masse der noch nicht aktiven Unternehmen dienen.

Zur Unterstützung werden sie weniger nach Social Media Experten suchen, die von außen als externe Berater, als Agenturen oder aber direkt von innerhalb der Organisation die Social Media Kanäle befüllen. Vielmehr werden sie mit geballten internen Fortbildungsprogrammen einerseits Mitarbeiter aller Abteilungen im Umgang mit den Sozialen Medien schulen, andererseits die Anforderungen an neue Mitarbeiter schrittweise mit erwünschten bzw. erwarteten Social Media Fertigkeiten ergänzen. Und dies unabhängig ihres künftigen Aufgabenbereichs.

Ein ganzes normales Tool
Bereits im Jahre 2011 hatte die Hälfte der PR-Agenturen und Pressestellen der Aussage zugestimmt, dass Social Media ein „ganz normales PR-Tool“ sei. Es ist nicht davon auszugehen, dass diese Einstellung seitdem zurückgegangen ist. Nur wird sich das Einsatzgebiet nicht auf den Bereich der Public Relations begrenzen. Schrittweise werden nicht nur die PR- und Marketing-Mitarbeiter in ihren Jobs mit den Sozialen Medien umgehen müssen; auch die Kollegen aus den HR-Abteilungen, aus dem Vertrieb, aus der Produktentwicklung, aus dem Kundenservice, aus der Marktforschung etc. werden die Social Media Kommunikation ganz normal in ihre klassischen Kommunikationsabläufe integrieren bzw. sie als festen Bestandteil verstehen. Also genau so wie heute bereits Telefon und E-Mail.

Für diese notwendige Entwicklung sprechen mehrere Gründe: Einerseits ist es authentischer wie gleichsam preiswerter, vorhandene fachliche Experten und Expertisen im Inneren der Organisation im Umgang mit den Sozialen Medien aus- bzw. fortzubilden, als ausgebildete Social Media Manager in die fachlichen Themen einzuarbeiten; andererseits ist dieser Weg deutlich nachhaltiger, weil auf diese Weise Wissen in die Organisation gepumpt und dort auch gehalten wird, das ansonsten mit jedem gegangenen und hinzu gewonnenen Mitarbeiter neu aufgebaut werden müsste.

Vom Creator zum Coach
Dies soll nicht heißen, dass wir keine Social Media Manager oder Social Media Agenturen mehr benötigen; ihre Funktion wird sich vielmehr ändern: Weg vom Aktivisten und Content-Publisher, hin zur Funktion als Coach, als beratender Experte, als konzeptioneller Partner und Ideen-Spiegel. Dies wird weniger auf die Aktivitäten in den derzeit dominierenden Sozialen Netzwerken begrenzt sein – Jochen Mai, Chef des Employer-Branding-Blogs karrierebibel spricht in diesem Kontext zurecht vom „Ende der Hybris“ um Facebook und Co. –, sondern verstärkt auf eigenen, innerhalb der eigenen Kommunikation strategisch verordneten Content-Plattformen und Communities. Nur dann werden sie sich erfolgreich in ihrem Arbeitsfeld positionieren können.

Natürlich wird dies nicht auf einen Schlag geschehen; es wird sich vielmehr schrittweise vollziehen. Für diese Entwicklung müssen Aktivitäten in Kommunikation und Marketing stärker vernetzt werden, wovon die meisten Unternehmen gerade im deutschen Mittelstand noch weit entfernt sind. Erst werden die Unternehmen an der Reihe sein, die Social Media früh und bewusst in ihre Kommunikation integrieren; dann die Mitläufer, zuletzt die Skeptiker, die erst spät verstehen, das dies zu einer moderner, für die nächste Entwicklung bereiten Organisation gehört.

Der lange Weg zur digitalen Transformation

Altimeter Group: The 6 stages of Social Business Transformation, 2013

Altimeter Group: The 6 stages of Social Business Transformation, 2013

In diesem Kontext lohnt sich ein Blick auf die Umfrage „The Six Stages of Social Business Transformation“, welche die Altimeter Group Anfang 2013 publizierte und deren Ergebnisse auf der Befragung von 700 Kommunikationsstrategen beruhen. In dieser wird verdeutlicht, welche sechs Stufen eine Organisation durchlaufen muss, um wirklich „social“ zu sein: Zu Anfang muss sie herausfinden, wie Kunden und Partner die Sozialen Kanäle nutzen, dann selbst verstärkt Präsenz zeigen, Beziehungen nach innen und nach außen intensivieren – auch durch die Unterstützung des Engagements der eigenen Mitarbeiter, später strategische Geschäftsziele definieren, die Social Activities immer stärker in die einzelnen Unternehmensbereiche integrieren, um in der letzten Stufe „Converged“ den Social Media Gedanken wirklich in alle Unternehmensaspekte und -bereiche integriert zu haben.

Unabhängig von der Zahl dieser Stufen stellt dieser Prozess hohe Herausforderungen an die Weiterentwicklung der Unternehmenskultur. Dass dies nicht einfach werden wird, lässt sich beispielsweise aus der „2014 State of Digital Transformation Survey“ der Altimeter Group gut herauslesen. Darin bezeichneten 63 Prozent der Befragten die Veränderung der Unternehmenskultur („Changing company culture“) als die wichtigste Herausforderung, um den Weg der digitalen Transformation vollziehen zu können.

Der Mitarbeiter als Sprachrohr
Wenn man sich dies genauer durchdenkt, dann wird einem bewusst, dass die Mehrzahl der heutigen Organisationen vor gewaltigen Umwälzungen steht. Und damit ist weniger die Fortbildung der Mitarbeiter gemeint, womit hierzulande bereits einige Unternehmen wie die Deutsche Bahn, die Deutsche Telekom, der Deutsche Sparkassen- und Giroverband, Tchibo oder die Krones AG begonnen haben und die Social Media Abläufe schrittweise in die Arbeitsabläufe der jeweiligen Abteilungen integrieren. Die gravierenden Veränderungen betreffen vor allem die Rolle der Mitarbeiter innerhalb der Organisation.

Die größere Herausforderung scheint aktuell die Änderung der unternehmensinternen Kommunikationsprozesse zu sein“, beschrieb der Unternehmensberater, Wissenschaftler und Netzexperte Professor Peter Kruse den notwendigen Wandel bereits Ende 2013. Dies begründete er damit, dass die neuen Medien „etablierte Machtstrukturen“ angreifen: „Die Vernetzung über Bereiche und sogar über Firmengrenzen hinweg destabilisiert eingespielte hierarchische Führungsmodelle. Die Änderung der Definition von Führung wird eines der großen Themen der nächsten Jahre sein. Genauso wie sich im Umgang mit den Kunden mehr Gleichberechtigung entwickelt hat, wird sich auch das Verhältnis zum Mitarbeiter grundlegend anders gestalten.

Mit dieser Prognose zum veränderten Mitarbeiterverhältnis ist der Netzkultur-Guru bei weitem nicht alleine. Auch Uwe Knaus, Manager Corporate Blogging und Social Media Strategy bei der Daimler AG, weiß um die veränderte Relevanz des Mitarbeiters. Anlässlich der Branchenveranstaltung Social Media Night Stuttgart im März 2014 beschrieb er per Tweet seinen eigenen Relevanzverlust wie folgt: „Der normale Mitarbeiter ist glaubwürdiger als der, der als Pressechef dafür bezahlt wird.

Der Geschäftsführer als Chief Engagement Officer

Edelman Trustbarometer 2015

Edelman Trustbarometer 2015

Ein deutlich erhöhtes Vertrauen in Mitarbeiter im Vergleich zur Unternehmensführung verdeutlichen ebenfalls Studien wie der Edelman Trustmonitor. Zur 14. Ausgabe dieser jährlichen Untersuchung zu Vertrauen in und Glaubwürdigkeit von Regierungen, Nicht-Regierungs-Organisationen, Wirtschaft und Medien waren im Jahre 2014 33.000 Menschen in 27 Ländern befragt worden. Ein zentrales Ergebnis: „A person like yourself“, „technical expert in the company“ und dem „regular employee“ werden deutlich mehr Vertrauen geschenkt als dem „CEO“ oder dem „Board of Directors“. Der CEO müsste daher in Zukunft, so die Studie, die Funktion eines „Chief Engagement Officer“ übernehmen. Ein Chef, der die Mitarbeiter zu einem verstärkten Engagement motiviert, zu Sprachrohren der eigenen Organisation zu werden?

Diese durchaus treffende Aufforderung wirkt heute noch ziemlich visionär. Denn solange Organisationen ihren Mitarbeitern noch die Nutzung der Sozialen Medien untersagen, Webseiten, Blogs oder Foren selbst für die Mitarbeiter der Kommunikationsabteilung noch frei geschaltet werden müssen oder es in Unternehmen spezielle Internet-PCs gibt, auf die Mitarbeiter für die Online-Kommunikation bei Bedarf zugreifen müssen, sind wir von dieser Entwicklung einige Jahre entfernt. Doch mit Blick auf die Zukunft: Welche Schritte müssten schon heute eingeleitet werden?

Die neuen Unternehmenssprecher
Organisationen sollten ihren Mitarbeitern mehr Glauben, Rechte und Vertrauen schenken, auch im Namen der Organisation zu kommunizieren – und dies öffentlich. Bisher rein auf Unternehmenssprecher oder autorisierte Social Media Teams gemünzte Verantwortlichkeiten und Aufgabenfelder werden auf diese Weise nach und nach auf die „normalen“ Mitarbeiter übertragen. Denen wird nicht nur erlaubt, sie werden vielmehr sogar dazu ermuntert, sich im Internet, im Social Web, in den Sozialen Netzwerken, in Foren und Blogs, auf Bewertungsplattformen zu ihrem Unternehmen, ihren Produkten, ihrem Job qualitativ zu äußern. Dies erfolgt gerade vor dem Hintergrund, dass den Aussagen der „normalen“ Mitarbeiter eine deutlich höhere Glaubwürdigkeit geschenkt wird. Und nicht rein aus PR-Zielen.

Stichwort Employer Branding: Wer heute nach einem neuen Job sucht, recherchiert im Social Web verstärkt nach Meinungen und Einschätzungen. Doch welche Aussagen und Informationen strahlen Glaubwürdigkeit aus? Die aufgehübschten Materialien des Unternehmensmarketings? Die verbreiteten Pressemitteilungen? Die wohlklingenden Aussagen des Geschäftsführers? Oder doch die Aussagen eines einfachen Mitarbeiters? Meist vor allem letztere. Dafür muss dieser jedoch befähigt sein, um im Sinne der Organisation aktiv werden zu können.

Auswirkungen auf alle Organisationsbereiche
Dieser viel diskutierte Machtverlust der Organisationen, diese immer notwendigere Öffnung und Loslösung von der klassischen One-Voice-Policy wird die eigentliche Herausforderung wie auch die Voraussetzung für ein künftig digital aufgestelltes und erfolgreich agierendes Unternehmen bilden. Jan Biller, Community Manager beim Social Media Vorzeige-Unternehmen Swisscom weiß um diese Anforderung: „Ich denke, wir müssen das ganze Unternehmen „Social“ machen und mehr Mitarbeitenden ermöglichen, die Kanäle und Web 2.0 Prinzipien zu nutzen. Das reicht von Service bis Open Innovation. Ich denke die Ära der Spezialisten im Unternehmen neigt sich dem Ende zu, denn über kurz oder lang sollte ein Großteil der Mitarbeitenden auf diesen Kanälen (natürlich gut geschult und mit klarem Ziel) aktiv sein können.

Kontinuierliche Schulungen, Weiterbildungen und Communication Guidelines sollten dabei helfen, Ängste und Unsicherheiten abzubauen und Vertrauen in die eigenen Äußerungen und die eigene Kommunikationskompetenz zu gewinnen. Zudem müssen Mitarbeiter wissen, für welche Social Media Kanäle sie verantwortlich sind, die sie dann in ihre tägliche Kommunikation einbeziehen. Wenn beispielsweise ein Mitarbeiter aus der Produktentwicklung weiß, dass sein Thema im Social Web besonders über die eigene Community sowie das Corporate Blog weitergeführt wird, während in der PR-Abteilung die Kanäle Twitter und Google+ als Kanäle für Influencer Relations definiert sind, so wird dies beiden Abteilungen die Orientierung erleichtern und die Bereitschaft erhöhen, diese Kanäle immer stärker in ihr eigenes Denken und Handeln einzubeziehen.

Der Weg zur Digitalstrategie
Gehen wir zum Schluss nochmals zum Gedanken des Digital Media Managers zurück: Wenn der Einsatz von Social Media künftig automatisch zum festen Bestandteil jeder modernen Kommunikation zählt und sich die Social Media Kommunikation neben dem persönlichen Kontakt, neben Telefon und E-Mail als weiteres Dialogmedium etabliert hat, benötigt es dann noch Social Media als eigene Disziplin? Keineswegs. Organisationen müssen verstärkt Social Media als Bestandteil ihrer integrierten Kommunikation verstehen. Dass gerade die enge Verbindung von Business Strategie und Kommunikation zu den wichtigsten Aufgaben im Kommunikationsmanagement zählt, hatten ebenfalls die Ergebnisse des European Communication Monitors 2014 unterstrichen. Danach bezeichneten knapp 50 Prozent der befragten 2.777 europäischen PR-Profis diese Vernetzung als wichtigste Herausforderung für Organisationen bis ins Jahre 2017.

Auf Basis ihrer Unternehmensstrategie haben sie künftig die Aufgabe, eine klare Kommunikationsstrategie zu entwickeln, welche die verschiedenen Kommunikationsdisziplinen und –kanäle integriert. Sie werden zusätzlich ihre Online-Aktivitäten – unabhängig davon, ob „social“ oder „nicht social“ – in einer Digitalstrategie bündeln, die wiederum mit allen weiteren Kommunikations- und Marketingmaßnahmen vernetzt sein muss. Nur auf diese Weise werden sie es schaffen, künftig kommunikativ einheitlich nach innen und außen aufzutreten und Vertrauen für die Organisation, ihre Marken, ihre Aktivitäten und ihre Mitarbeiter zu schaffen.

Dieses hier aufgezeigte Szenario inklusive der einzuleitenden Schritte sollte Organisationen keineswegs Angst machen. Im Gegenteil: Entwicklung integrativer Strategien, Vernetzung der Kommunikationsplattformen und Dialogkanäle, Aufbau und Weiterentwicklung passender Content-Prozesse und die intensive Mitnahme der Mitarbeiter mit wachsendem Organisationsmehrwert: Gerade für Kommunikationsexperten hat es wohl kaum eine spannendere Zeit gegeben als heute. Und daran wird sich in den nächsten Jahren auch nichts ändern.